Arbeitskraftverlust bei ME/CFS, Post-COVID und Post-Vac

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Versicherte mit ME/CFS, Post-COVID und Post-Vac sowie anderen Fatigue-Erkrankungen stehen oft vor Herausforderungen, wenn es um die Beantragung von Renten bei privaten und gesetzlichen Versicherern geht. Die Komplexität dieser Erkrankungen, insbesondere ME/CFS, welche durch langanhaltende Fatigue und Belastungsintoleranz gekennzeichnet ist, erfordert spezialisierte Rechtsberatung. ME/CFS, oft infektinduziert und nicht selten lebenslang andauernd, wird im Wesentlichen durch die sog. Kanadischen (Diagnose-)Kriterien nebst Ausschlussdiagnostik diagnostiziert. Eine effektive Therapie gibt es bisher leider nicht, lediglich symptomlindernde Behandlungen sind verfügbar. Betroffene erleben oft Vorurteile und Unverständnis seitens Sachverständiger und Versicherer, die die Ernsthaftigkeit und Schwere ihrer Beschwerden in Frage stellen. Trotz dieser Herausforderungen zeichnet sich ein besser werdendes Verständnis unter Medizinern ab, unterstützt durch Fachliteratur und Studien. Anwälte müssen bei der Gutachterauswahl hartnäckig sein und Falschgutachten entgegentreten, um den Versicherten zu ihrem Recht zu verhelfen.

Arbeitskraftverlust bei ME/CFS, Post-COVID und Post-Vac 

Versicherte sind auf prozesserfahrene Anwaltsspezialisten vor allem für Renten bei ME/CFS, Post bzw. Long Covid oder anderen Fatigue-Erkrankungen angewiesen. Gerade bei Anmeldung der privaten BU-Rente, einer Verletztenrente bei der Unfallkasse/Berufsgenossenschaft nach Ende des sog. Verletztengeldes oder bei  einem Leistungsantrag bei der DRV wegen Erwerbsminderung kann vieles schief laufen und daher ist es wichtig, von Anfang an zielgerichtet und möglichst perfekt vorbereitet zu agieren. Gerade in Bezug auf ME/CFS sollte eine prozess- und regulierungserfahrene Kanzlei mit belastbarer forensischer Expertise in diesem Bereich der Fatigue-Erkrankungen beauftragt werden. Die pandemiebedingten Folgen von Post-COVID/Post Vac stellen sowohl die gesetzlichen als auch die privaten Versicherer vor Mammutaufgaben, die für diese nur schwer bewältigbar erscheinen. Auf der Strecke bleiben daher oft die erkrankten Versicherten, denen die dringend benötigten Renten über Monate oder sogar Jahre verwehrt bleiben.     

Begriffe wie Müdigkeit, Erschöpfung - was bedeutet das medizinisch wirklich?   

Bei ME/CFS handelt es sich um eine zumeist infektinduzierte, in der Regel lebenslang persistierende neuroimmunologische Erkrankung mit mindestens 6 Monate anhaltender Fatigue und dem definierenden Kernmerkmal der Belastungsintoleranz, die als „post-exertional malaise“ (PEM) bezeichnet wird, welche - und hierauf kommt es entscheidend an - entweder unmittelbar nach einer überlastenden Aktivität auftritt oder erst mit einer Zeitverzögerung von 12 oder weit mehr Stunden danach. Sie kann mehrere Tage bis hin zu mehreren Wochen anhalten und zu einer dauerhaften Zustandsverschlechterung führen. In der deutschen Fachsprache spricht man auch von Belastungsintoleranz. Betroffene bezeichnen eine starke PEM auch als „Crash“. Das bedeutet, dass schon nach (auch leichter) Alltagsanstrengung eine Verschlechterung der Beschwerden auftritt, die meist erst nach mehreren Stunden oder am Folgetag einsetzt, jedoch mindestens 14h nach Belastung noch spürbar ist und oft mehrere Tage (bis Wochen oder länger) anhält. Des Weiteren bestehen bei ME/CFS Schmerzen, Störungen von Schlaf, Denk- und Merkfähigkeit sowie Fehlregulationen von Kreislauf, Hormon- und Immunsystem. Als eigenständige klinische Entität ist ME/CFS von der chronischen Fatigue abzugrenzen, die als Symptom bei ganz unterschiedlichen Erkrankungen auftritt. Die Diagnose ME/CFS wird anhand etablierter internationaler Diagnosekriterien klinisch gestellt und erfordert zum Ausschluss anderer Diagnosen eine sorgfältige Stufendiagnostik. Eine kausale Therapie für ME/CFS ist nicht etabliert, im Vordergrund steht die Linderung der Beschwerden, die Behandlung der oft begleiteten orthostatischen Intoleranz sowie die Unterstützung beim vorausschauenden Energiemanagement („pacing“).

unhaltbare Vorwürfe der Gegner: wie "Schmetterlingsforscherei" und "Modediagnose" 

In den Fokus rückte diese Fatigue-Erkrankung in den letzten vier Jahren durch die Pandemie. Insgesamt bildet sich unter den behandelnden Medizinern an der Basis und bei Gutachtern/ Sachverständigen in verschiedensten Rentenverfahren allmählich ein besseres Verständnis heraus. Allerdings wird den betroffenen Versicherten seitens der Sachverständigen/Gutachter von Versicherern, Behörden und teilweise immer noch auch vor Gericht viel zugemutet, denn man nimmt ihre Erkrankung und die damit verbunden Leistungseinschränkungen/Beschwerden in vielen Fällen nicht ernst. So stilisieren viele Mediziner die Erkrankung zu einem "Glaubenskrieg".  

Die Verweigerungshaltung und Psychiatrisierung dieser somatischen Erkrankung kann durchbrochen werden. Steter Tropfen höhlt den Stein! Die Versicherten benötigen Argumentationshilfen und Beharrlichkeit. Hierfür spricht zum einen die 

  • auf der Website des großen gesetzlichen Krankenversicherers TK einsehbare Darstellung zu dieser Erkrankung, 

zum anderen sind Sachverständige/Gutachterpersonen verwiesen auf die Befassung mit Fachliteratur in den auch für medizinische Laien verständlichen Ausführungen beispielsweise in  

  • Grabowski und Scheibenbogen in Harrisons Innere Medizin, 19. Aufl., deutsche Ausgabe; Abschnitt 4, Teil 17, 
  • Fachbeitrag des Autorenduos Dr. med. Herbert Renz-Polster und Prof. Dr. med. Carmen Scheibenbogen vom Charité Fatigue Centrum der Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum Berlin in der Zeitschrift „Innere Medizin“ 13./14.06.2022, 
  • aktuelle Studie der Universität Oxford, erklärt im Ärzteblatt v. 4.9.2023 , auf den Leitfaden zur Diagnose und Behandlung des ME/CFS für den Arzt in der Praxis und Interview mit Prof. Dr. Scheibenbogen in der "Ärztenachrichtendienst" vom 27. 08.2020 (datiert auf den 31.08.2020) 
  • „Myalgische Enzephalomyelitis/chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS): „Wenn nichts mehr geht“ Deutsches Ärzteblatt, Dr. Anne-Kristin Schulze, Jg. 119, Heft 46, 18.11.2022.  
  • AWMF-S3-Leitlinie „Müdigkeit“/DEGAM-Leitlinie Nr.2 (Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e.V.) AWMF-Register-Nr. 053-002, Stand 11/2022  

Anwälte sollten hier stringent handeln und auf eine sachgerechte Gutachterauswahl drängen, zumindest auf Falschgutachten hinweisen und entsprechend argumentieren.   

 


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