Arbeitsrecht: Arbeitnehmer müssen keine Personalvermittlungsprovision erstatten!

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Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass arbeitsvertragliche Regelungen, die den Arbeitnehmer zum Ausgleich einer Provision verpflichten, die der Arbeitgeber an einen Personalvermittler zur Besetzung der jeweiligen Stelle zahlen muss, unwirksam sind.


In vielen Industrien ist es mittlerweile üblich, dass bei der Mitarbeitersuche Personaldienstleister eingesetzt werden. Diese rekrutiert im Auftrag von Arbeitgebern neue Mitarbeitende, um ihre offenen Stellen zu besetzen, und erhält dafür als Personalvermittlung bei Abschluss eines Arbeitsvertrags eine Vermittlungsprovision. Das Bundesarbeitsgericht musste jetzt darüber urteilen, ob diese Personalvermittlungsprovision durch den vermittelten Arbeitnehmer erstattet werden muss (Urteil vom 20. Juni 2023, Az.: 1 AZR 265/22 zur Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 12. Mai 2022, Az.: 4 Sa 3/22).


Im streitgegenständlichen Fall schlossen Ende März 2021 laut Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts einen Arbeitsvertrag, auf dessen Grundlage der Kläger ab dem 1. Mai 2021 bei der Beklagten tätig wurde. Der Vertrag kam durch Vermittlung eines Personaldienstleisters zustande. Die Beklagte zahlte an diesen eine Vermittlungsprovision in Höhe von 4.461,60 Euro. Weitere 2.230,80 Euro sollten nach Ablauf der – im Arbeitsvertrag vereinbarten – sechsmonatigen Probezeit fällig sein. Nach § 13 des Arbeitsvertrags war der Kläger verpflichtet, der Beklagten die gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn das Arbeitsverhältnis nicht über den 30. Juni 2022 hinaus fortbestehen und unter anderem aus vom Kläger „zu vertretenden Gründen“ von ihm selbst beendet werden würde. Nachdem der Kläger sein Arbeitsverhältnis fristgerecht zum 30. Juni 2021 gekündigt hatte, behielt die Beklagte von der für den Monat Juni 2021 abgerechneten Vergütung des Klägers einen Teilbetrag in Höhe von 809,21 Euro netto ein, schreibt das Bundesarbeitsgericht.


„In dem Revisionsverfahren hatte der Kläger nochmals geltend gemacht, die Regelung in § 13 seines Arbeitsvertrags sei unwirksam, weil sie ihn unangemessen benachteilige, während die Beklagte durch die Widerklage die Erstattung restlicher Vermittlungsprovision in Höhe von 3.652,39 Euro erhalten wollte. Schon die Vorinstanzen haben dem Kläger Recht gegeben, und auch das Bundesarbeitsgericht hat das Ansinnen der Beklagten im Revisionsverfahren abgelehnt. Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer verpflichtet ist, dem Arbeitgeber eine von ihm für das Zustandekommen des Arbeitsvertrags an einen Dritten gezahlte Vermittlungsprovision zu erstatten, wenn der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis vor Ablauf einer bestimmten Frist beendet, ist unwirksam“, sagt der Mönchengladbacher Arbeitsrechtsexperte Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (https://www.hartung-rechtsanwaelte.de/anwalt-arbeitsrecht/). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich neben der Beratung von Betroffenen des Abgasskandals auf die Durchsetzung von Ansprüchen von geschädigten Verbrauchern gegen Online-Casinos und die Vertretung von Betroffenen bei Kündigungsschutzklagen und anderen arbeitsrechtlichen Streitigkeiten spezialisiert.


Dabei bezieht sich das Bundesarbeitsgericht auf die Regelungen aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wo es wörtlich heißt: „Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.“ Durch die arbeitsvertragliche Bestimmung wäre der Kläger in seinem garantierten Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes beeinträchtigt, ohne dass dies durch begründete Interessen der Beklagten gerechtfertigt wäre. „Der Arbeitgeber hat grundsätzlich das unternehmerische Risiko dafür zu tragen, dass sich von ihm getätigte finanzielle Aufwendungen für die Personalbeschaffung nicht „lohnen“, weil der Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis in rechtlich zulässiger Weise beendet“, schreibt das Gericht.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

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