Arbeitsrecht: Gehaltskürzung nach Widerruf der Prokura kann nicht ohne weiteres vereinbart werden

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Ein Kaufmann (oder kaufmännisches Unternehmen) kann einem Mitarbeiter Prokura erteilen. Prokura ist eine sehr weitreichende Vollmacht, deren Umfang in § 49 Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt ist. Dieser weitreichende Vollmachtumfang ist gem. § 50 HGB nicht beschränkbar.

Aus diesem Grund kann die Prokura gem. § 52 HGB  jederzeit ohne Grund widerrufen werden, allerdings "unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung." (§ 52 Abs. 1 HGB).

Die Erteilung der Prokura ist regelmäßig mit der Übertragung von Leitungsfunktionen verbunden, der Prokurist also mit Führungs- und Leitungsaufgaben betraut. In der Praxis ist die Erteilung der Prokura (und ggf. Übertragung weiterer Aufgaben) oft mit einer Gehaltserhöhung verbunden.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg hatte sich mit der Frage zu befassen, ob gemäß Vereinbarung die Erteilung der Prokura mit einer Zulage verbunden werden kann, wobei die Zulage nach Entzug der Prokura wieder entfallen sollte. Die streitgegenständliche Vereinbarung lautete:

"Die Arbeitnehmerin erhält, so lange ihr zur Erfüllung ihrer Aufgaben Gesamtprokura ..... erteilt ist, eine Funktionszulage in Höhe von EUR 1.000,00 brutto monatlich."

Nachdem die Prokura später entzogen worden war, wurde die Zulage nicht mehr gezahlt. Die Arbeitnehmerin hat die Zulage dennoch eingeklagt und vor dem LAG Hamburg recht bekommen (Urteil vom 23.10.2013, 6 Sa 29/13).

Das LAG weist zunächst darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung bestimmte Zusatzfunktionen mit einer Zulage entlohnt werden können, wobei die Zulage auch entfallen darf, wenn die zusätzliche Funktion nicht mehr ausgeübt wird.

Im vorliegenden Fall sei die streitgegenständliche Vereinbarung vom Arbeitgeber vorformuliert gewesen und daher eine so genannte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB). In AGB sei aber eine Klausel unzulässig, die den anderen Vertragspartner unangemessen benachteilige, insbesondere wenn sie von einer gesetzliche Regelung abweiche. Da in § 52 Abs. 1 HGB bestimmt sei, dass die Prokura jederzeit widerruflich sei, "unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung", verstieße die Klausel gegen eine gesetzliche Regelung und sei unwirksam. Denn der Gesetzgeber habe in § 52 HGB geregelt, dass der Entzug der Prokura die Vergütung nicht beeinträchtigen dürfe.

Aus meiner Sicht überzeugt dies nicht. Der Entzug der Prokura stellt zwar gem. § 52 HGB keinen Grund für eine Verringerung der Vergütung dar. Allerdings war im konkreten Fall die Erteilung der Prokura ausdrücklich mit einer "Funktionszulage" verbunden gewesen, die eben nach Widerruf der Prokura entfallen sollte. Damit konnte der Arbeitgeber zwar jederzeit frei nicht nur über den Widerruf der Prokura entscheiden, sondern auch über den Wegfall der Zulage - aber dies ist in anderen Fällen einer Funktionszulage nicht anders.

Das LAG hat die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) führt das Verfahren unter dem Aktenzeichen 10 AZR 5/14. Die Entscheidung des BAG bleibt abzuwarten.


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