Arbeitsrecht: Sturz von Bierbank – Arbeitsunfall?

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Ist der Sturz von einer Bierbank arbeitsrechtlich ein Arbeitsunfall?

Zu Zeiten des Oktoberfestes ist es üblich, dass sich zu späterer Stunde Feierwütige auf die Bierbänke stellen. Zwischen Schunkeln, Tanzen und Zuprosten kommt es schon mal vor, dass ein Besucher von der Bierbank fällt und sich verletzt. Für die Sanitäter vor Ort dürften derartige Einsätze Routine sein. Weniger alltäglich sind Fälle, in denen eine Lehrkraft ihren Sturz von der Bierbank als Arbeitsunfall anzeigt. Diesen Fall verhandelte das Verwaltungsgericht Stuttgart (Urteil vom 31.01.2014 - 1 K 173/13).

Eine Studienrätin besuchte im Rahmen einer Klassenfahrt mit rund zehn Schülern und deren Klassenleitung das Münchner Frühlingsfest. Dabei stieg sie mit den Schülern sowie ihrer Kollegin im Festzelt auf die Bierbank – wohlgemerkt ohne den Genuss von Alkohol. Sie stürzte jedoch von der Bierbank und zog sich einen Bruch des Lendenwirbels zu. Dies hatte zur Folge, dass sie rund fünf Wochen dienstunfähig war.

Die Lehrerin meldete diesen Unfall als Dienstunfall beim Regierungs-Präsidium. Dieses lehnte allerdings ihren Antrag ab. Das Präsidium meinte, der Besuch des Bierzelts stünde nicht in Zusammenhang mit ihren dienstlichen Aufgaben. Die Studienrätin widersprach, schließlich war der Besuch des Frühlingsfestes ein von der Schulleitung genehmigter Programmpunkt der Klassenfahrt.

Die Behörde zeigte sich hartnäckig und fokussierte die Situation des Stehens auf der Bierbank. Darin wollte das Regierungs-Präsidium definitiv keinen fachlichen und pädagogischen Bezug zur Lehrertätigkeit sehen. Es legte ihr sogar zu Lasten, dass sie durch das Besteigen der Bierbank ein schlechtes Beispiel für die Schüler war.

Die Lehrkraft klagte daraufhin beim Verwaltungsgericht Stuttgart auf Anerkennung eines Dienstunfalls – mit Erfolg. Das Gericht gab der Klägerin aus folgenden Gründen recht:

  • Beim Besuch des Frühlingsfestes handelte es sich um einen festen Programmpunkt der Klassenfahrt. Das umfasst auch den Besuch des Bierzelts. Sie besuchte dieses dienstlich als Aufsichtsperson.
  • Zum pädagogischen Gesamtauftrag gehört neben der Wissensvermittlung auch der Vertrauensaufbau zu den Schülern. Dazu eignet sich der Besuch eines Festzelts.
  • Das Stehen und Tanzen auf Bierbänken ist gerade abends ein übliches, sozialadäquates Verhalten auf Volksfesten. Wäre sie als Einzige sitzen geblieben, hätte sie sich selbst ins Abseits manövriert und sich von den Schülern distanziert. Das wäre weniger mit dem pädagogischen Gesamtauftrag vereinbar gewesen.

Das Verwaltungsgericht Stuttgart fällte damit ein lebensnahes Urteil zugunsten der Klägerin.


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Stichworte: Arbeitsrecht, Verwaltungsrecht, Dienstunfall, Arbeitsunfall, Verwaltungsgericht Stuttgart

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