Arglistiges Verschweigen beim Kauf eines Hauses oder einer Eigentumswohnung – ein Update Teil 3

  • 6 Minuten Lesezeit

In Teil 1 und Teil 2 dieses Beitrags wurde dargestellt, wie mit dem Haftungsausschluss beim Immobilienkauf umzugehen ist. Dieser 3. Teil beschäftigt sind insbesondere mit der Arglist, die Voraussetzung einer Inanspruchnahme ist.

Arglist

Kern einer Haftung bei Gewährleistungsausschluss ist das Vorliegen von Arglist. Während ein Mangel oft vorliegt, scheitern die meisten Ansprüche daran, dass dem Verkäufer nicht nachzuweisen ist, dass er Mängel arglistig verschwiegen hat.

Was aber bedeutet Arglist? Ist dieses Gleichzusetzen mit einem Betrug i.S.d. § 263 StGB? Gerade dieses spielt für viele Parteien eine große Rolle, wenn man mit einem Betrüger gleichgesetzt würde.

Arglist ist in objektiver und subjektiver Hinsicht zu unterscheiden:

Die objektive Seite einer arglistigen Täuschung ist gegeben, wenn Kellerräume als Wohnraum angepriesen werden, obwohl die für eine solche Nutzung erforderliche baurechtliche Genehmigung fehlt; nichts anderes gilt, wenn die Wohnraumnutzung zwar nicht genehmigungsbedürftig, aber anzeigepflichtig ist, damit die Baubehörde prüfen kann, ob sie ein Genehmigungsverfahren einleitet.

Behauptet der Verkäufer, den Käufer vor Vertragsschluss über einen offenbarungspflichtigen Umstand aufgeklärt zu haben, muss der Käufer beweisen, dass die Aufklärung nicht erfolgt ist. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer behauptet, einen durch vorheriges aktives Tun bei dem Käufer hervorgerufenen Irrtum durch spätere Aufklärung beseitigt zu haben (Bestätigung von Senat, Urteil vom 22.10.1976 – V ZR 247/75, LM § 123 BGB Nr. 47). BGH, Urteil vom 27.06.2014 – V ZR 55/13.

Daneben ist aber auch die subjektive Seite einer Arglist zu prüfen:

Das OLG Düsseldorf führt dazu aus, dass Arglist nicht heißt, dass eine Gleichsetzung mit Betrug erfolgt.

Es reicht also nicht immer aus, dass ein Mangel vorliegt und der Verkäufer auch Kenntnis davon hatte. Vielmehr muss er arglistig diesen Mangel verschwiegen haben. Da Arglist ein innerer Vorgang ist und der Verkäufer kaum in der Nachbarschaft erzählen wird, dass er den Käufer getäuscht hat, kommt es darauf an, was genau bei Gericht vorgetragen wird.

Voraussetzung ist in jedem Fall das Vorliegen eines Mangels. Dann muss die Kenntnis, oder das Kennenmüssen hinzutreten und der Umstand, dass gegen die Offenbarungspflicht arglistig verstoßen wurde.

Wer gutgläubig falsche Angaben macht, handelt grundsätzlich nicht arglistig, selbst wenn der gute Glaube auf Fahrlässigkeit oder gar auf Leichtfertigkeit beruht.

Nur wer falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage „ins Blaue hinein“ macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet, handelt bedingt vorsätzlich und mithin arglistig (OLG Köln, Beschluss vom 10.05.2012 – 19 U 32/12).

Ein eindeutiger Maßstab, wann der Verkäufer einen Mangel für möglich hält, lässt sich nicht pauschal vorgeben. Dieses wird vom Einzelfall abhängen.

„Entscheidend ist allein, ob der Beklagte die den Fehler begründenden Umstände kannte. Ob er sie zutreffend als Fehler im Sinne des Gesetzes einordnete, ist ohne Belang“ (BGH, Urteil vom 07.03.2003 – V ZR 437/01).

Diese Rechtsprechung kann aber nicht so verstanden werden, dass der Verkäufer technische Regelwerke kennt. Wenn er weiß, dass der Keller des Hauses mit Kalksandsteinen und Bitumenabdichtung errichtet wurde, wird ihm diese Kenntnis nicht vorgeworfen werden können, wenn sich keine Folgeschäden gezeigt haben, die Abdichtung aber eigentlich nicht den Regeln der Technik entspricht.

Besondere Bedeutung hat dabei die Klärung der Frage, ob ein vorhandener Sachmangel behoben wurde.

Die Frage, ob eine vom Verkäufer erklärte Sanierung dann zu einem Haftungsausschluss führt, ist oben in dem Hausbockfall erörtert worden. Als grobe Unterscheidung ist folgendes zu merken:

  • Wenn eine Sanierung durch eine Fachfirma erfolgt und
  • keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Mangel doch nicht beseitigt wurde

spricht vieles dafür, dass ein Verschweigen nicht arglistig war.

Denn der BGH hatte auch schon entschieden, dass es keine Vermutung gibt, dass ein Mangel fortwirkt.

Oftmals wird eine Immobilie verkauft, die entweder Eheleuten gehört hatte, oder noch gehört. Im letzteren Fall kümmert sich meist nur einer um den Verkauf. Es stellt sich daher die Frage, ob beide Eheleute haften, wenn nur der eine etwas arglistig verschwiegen hat und inwieweit auch Kenntnisse des verstorbenen Gatten dem anderen Gatten zuzurechnen sind, wenn dieser die Immobilie verkauft.

Haften alle Verkäufer?

Kurz gesagt haften beide Verkäufer, auch wenn nur einer täuscht.

Im Falle, dass der überlebende Ehegatte verkauft, ist das Wissen des verstorbenen Gatten dagegen dem Verkäufer nicht zuzurechnen.

In den Urteilsgründen wird ausgeführt, dass die Feuchtigkeitserscheinungen zwar sichtbar, aber aufgrund ihrer Lage im Heizungskeller unauffällig waren. Deshalb mussten sie nicht auffallen.

Entscheidung des BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15

In Teil 1 wurde auf diese Entscheidung verwiesen. Noch einmal der Leitsatz: „Der in einem Grundstückskaufvertrag vereinbarte umfassende Haftungsausschluss für Sachmängel erfasst auch die nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstücks oder des aufstehenden Gebäudes“ BGH, Urteil vom 22.04.2016 – V ZR 23/15.

Der Leitsatz könnte suggerieren, ebenso wie ein Teil der Entscheidungsgründe, dass öffentliche Äußerungen praktisch unbeachtlich sind, sofern diese nicht Teil der notariellen Urkunde werden.

Der BGH erklärt dazu auch, dass es zu Erwartungen des Käufers nicht kommen könne, da Grundstückskaufverträge nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB notariell beurkundet werden müssen:

Der in der Verhandlung vor dem Notar zu beurkundende Entwurf des Kaufvertrags bildet damit eine Zäsur. Die Parteien können nicht davon ausgehen, dass im Vorfeld des Vertrags, etwa bei einer Besichtigung, erteilte Informationen über das Grundstück oder das auf ihm stehende Gebäude zum Inhalt der vertraglichen Verpflichtungen werden, wenn die geschuldete Beschaffenheit im Kaufvertrag nicht erwähnt wird (vgl. Senat, Urteil vom 6. November 2015 – V ZR 78/14, BGHZ 207, 349 Rn. 17 f.). Bei Eigenschaften, die der Käufer an sich nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten könnte, gilt nichts anderes. Der Verkäufer haftete zwar für Sachmängel, die auf dem Fehlen solcher Eigenschaften beruhen, weil die Regelung in § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB auch für den Grundstückskaufvertrag gilt (Senat, Urteil vom 16. März 2012 – V ZR 18/11, ZfIR 2012, 463 Rn. 16). Sie gilt aber auch dort nur unter dem Vorbehalt, dass nichts anderes vereinbart ist. Maßgeblich ist deshalb auch insoweit, was in der notariellen Urkunde vereinbart wird. Erst sie ergibt, wofür der Verkäufer letztlich einstehen will. Enthält sie einen uneingeschränkten Haftungsausschluss, bedeutet das deshalb in aller Regel, dass der Verkäufer es gerade nicht bei der Haftung für die Eigenschaften belassen will, die der Käufer nach § 434 Abs. 1 Sätze 2 und 3 BGB erwarten könnte, sondern von der Möglichkeit einer abweichenden Vereinbarung Gebrauch machen und die Haftung für das Fehlen solcher Eigenschaften vollständig ausschließen will.“

Der BGH hatte in diesem Fall dann aber auch erklärt, dass eine Aufklärungspflicht besteht, sofern durch öffentliche Äußerungen falsche Vorstellungen geweckt werden. Ob hier eine Arglist vorlag, konnte vom BGH nicht geklärt werden.

Beweislast 

Der Käufer muss alle anspruchsbegründenden Tatsachen beweisen, also auch die Arglist des Verkäufers, was naturgemäß schwerfällt.

Behauptet der Verkäufer, den Käufer vor Vertragsschluss über einen offenbarungspflichtigen Umstand aufgeklärt zu haben, muss der Käufer beweisen, dass die Aufklärung nicht erfolgt ist. Das gilt auch dann, wenn der Verkäufer behauptet, einen durch vorheriges aktives Tun beim Käufer hervorgerufenen Irrtum durch spätere Aufklärung beseitigt zu haben (Bestätigung von Senat, Urteil vom 22.10.1976 – V ZR 247/75, LM § 123 BGB Nr. 47).

Fazit

Aus den obigen Ausführungen wird deutlich, wie viele Stolpersteine Kaufvertragsparteien erwarten können, weshalb es dringend anzuraten ist, sich fachkundig beraten zu lassen. In technischer Hinsicht kann ein Architekt/Ingenieur bzw. Sachverständiger behilflich sei.

Die weitere Abwicklung über einen Makler wird ebenfalls eine Hilfestellung sein, da dieser mit den alltäglichen Fragen des Immobilienkaufs vertraut ist. Natürlich bietet sich auch anwaltlicher Rat an, insbesondere dann, wenn Sanierungen erfolgt sind, oder Mängel in die notarielle Urkunde aufgenommen werden sollen.

Rechtsanwalt Joachim Germer

Fachanwalt für Bau – und Architektenrecht

Alle Rechte vorbehalten. Der Verfasser übernimmt keine Haftung.



Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Joachim Germer

Beiträge zum Thema