Arzthaftung – Gespräch mit dem Arzt über einen vermuteten Behandlungsfehler empfehlenswert?

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Es besteht eine gesetzliche Verpflichtung für den Arzt, über erkennbare „Umstände“ zu informieren, „die die Annahme eines Behandlungsfehlers begründen“. Die Verpflichtung besteht „auf Nachfrage oder zur Abwendung gesundheitlicher Gefahren“.

Die „Umstände“ sind lediglich Tatsachen, die der Arzt ohnehin dokumentieren muss. Eine Bewertung wird nicht verlangt. In jedem Fall muss eine Antwort gegeben werden, diese muss aber die konkrete Frage nach einem Behandlungsfehler nicht mit „ja“ oder „nein“ beantworten.

Die Verpflichtung zum Antworten hilft bei der Entscheidung für oder gegen eine Nachbehandlung, sie hilft auch dabei, das Behandlungsgeschehen zu verstehen. Wenn es aber darum geht, konkret auf den Punkt genau zu erfahren, ob nun ein Behandlungsfehler vorliegt oder nicht, dann hilft die Verpflichtung des Arztes zur Antwort nicht wirklich weiter. Lediglich bei ganz eindeutigen Fehlern erfährt man als Patient von dem dafür verantwortlichen Arzt, was geschehen ist, wenn sich der Fehler zwangsläufig aus den geführten Gesprächen ergibt.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arzt bei Behandlungsfehler-Vorwürfen immer mit dem Haftpflichtversicherer zusammenarbeiten muss. Ein Schuldeingeständnis kann zum Verlust des Versicherungsschutzes führen. Deswegen wird Ärzten auch dazu geraten, Fragen nicht ohne vorherige Beratung durch den Haftpflichtversicherer zu beantworten. Dieser Rat ist richtig und nachvollziehbar. Die Befolgung des Rats führt aber zu allgemein gehaltenen Antworten.

Sofern also nicht unbedingt sofort Informationen benötigt werden, um über die Weiterbehandlung zu entscheiden, ist das Einsichtsrecht in die Behandlungsunterlagen, das jedem Patienten zusteht, wesentlich effektiver. Die „vollständige Kopie gegen Erstattung der Kopiekosten“ enthält alle Informationen, die schriftlich festgehalten sind.

Zudem ist es oft sinnvoll, die Behandlung ungeachtet der Vermutung eines Behandlungsfehlers zunächst abzuschließen. Das gelingt besser, wenn der Arzt nicht auf Fehler angesprochen wird.

Anschließend können dann die Unterlagen zum Zweck der anwaltlichen Beratung angefordert werden, noch immer ohne konkrete Vorwürfe. Als anwaltlich vertretener Patient bleibt man dabei im Hintergrund. Es ist schließlich der Anwalt, der die Dokumentation benötigt.

Erst wenn die nachfolgende Begutachtung einen Fehler ergibt, wird der Arzt über die Vorwürfe informiert. Dann erhält er das Gutachten mit einem ausführlichen Anspruchsschreiben, das er seinem Haftpflichtversicherer weitergibt.

Von einem Gespräch mit dem Arzt über mögliche Behandlungsfehler rate ich daher regelmäßig ab, sofern nicht ein Arzt selbst den Patienten darauf anspricht. Es führt nicht wirklich weiter, belastet beide Seiten unnötig und bringt nicht diejenigen Informationen, die benötigt werden. Genaueres Nachfragen über die Behandlung als solche – ohne das Ansprechen eines evtl. Fehlers – kann dagegen durchaus helfen, den Behandlungsablauf besser zu verstehen.

Sollte es sinnvoll oder nötig sein, die Schlichtungsstelle einzuschalten, dann ist das Einverständnis des Arztes erforderlich, der zu einer Teilnahme nicht verpflichtet ist. Hier gilt es, Aufwand zu vermeiden, der entsteht, wenn der Arzt von der Schlichtungsstelle mit dem Antrag konfrontiert wird und eine Teilnahme ablehnt. Geschickter ist es hier, vorab den Arzt zu bitten, mit seinem Haftpflichtversicherer abzustimmen, ob er an dem Schlichtungsverfahren teilnimmt. Eine Mitteilung der Ansatzpunkte für Behandlungsfehler ist dabei erforderlich. Das erspart aber den Aufwand der Antragsstellung für den Fall, dass eine Teilnahme abgelehnt wird. Je mehr hier vorgetragen werden kann, umso eher wird der Haftpflichtversicherer zustimmen. Bei eindeutig feststellbaren Fehlern kann es auch sein, dass der Haftpflichtversicherer sofort zu den Verhandlungen über die Höhe der Schadensersatzleistung übergeht.



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