Auch Guthaben auf 30 Jahre altem Sparbuch muss ausgezahlt werden

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Der Inhalt eines Sparbuchs gilt als vollständig und richtig. Weist das Sparbuch nur eine Einzahlung, aber keine Auszahlung auf, muss die Bank das eingetragene Guthaben auszahlen. Wenn sie der Auffassung ist, das Guthaben sei bereits abgehoben worden, muss sie dies durch geeignete Belege beweisen. Bankinterne Unterlagen genügen hierfür nicht.

Als Rechtsanwalt fragt man sich gelegentlich, warum bestimmte Streitigkeiten überhaupt vor Gericht gebracht werden müssen, wenn die Sachlage doch so eindeutig erscheint. Diese Frage stellte sich uns im folgenden Fall, in dem eine Bank sich weigerte, ein Sparguthaben des Mandanten auszuzahlen:

Sparbuch als Geschenk an Kinder

Der Mandant hatte im Oktober 1983 ein Sparbuch bei der beklagten Bank eingerichtet und 12.000 DM eingezahlt. Das Sparbuch wollte er später einmal seinem Sohn zur Hochzeit schenken.

Als 2013 die Hochzeit nun bevorstand, legte der Mandant das Sparbuch der Bank vor und wünschte Auszahlung des Guthabens sowie der aufgelaufenen Zinsen. Zu seiner nicht geringen Überraschung eröffnete ihm die Bank nun, ein Guthaben sei nicht mehr vorhanden. Wohin die 12.000 DM geraten seien, vermochte sie nicht plausibel zu erklären. Sie behauptete zunächst, der Mandant habe „einen Wertpapierkauf über das Sparbuch abgewickelt”, obwohl so etwas gar nicht möglich wäre. Dann wieder behauptete sie, der Mandant habe das Geld selbst abgehoben.

Beides stimmte nicht. Im Sparbuch waren neben der Einzahlung auch keine weiteren Buchungen vermerkt, insbesondere keine Auszahlung.

Da die Bank sich standhaft weigerte, das Guthaben auszuzahlen, musste der Anspruch vor Gericht geltend gemacht werden – mit Erfolg:

Guthaben auf Sparbuch ist Darlehen an die Bank

Das Sparbuch ist ein Darlehen des Sparbuchinhabers an die Bank. Der Anspruch auf Auszahlung des Guthabens entsteht mit Kündigung des Sparbuchs, hier also im Jahre 2013. Das Guthaben auf dem Sparbuch kann also nicht verjähren, bevor der Kunde nicht die Auszahlung verlangt. Dass eine Einzahlung erfolgt war, ergab sich aus dem Sparbuch.

Inhalt des Sparbuchs gilt als richtig, Bank muss angebliche Fehler beweisen

Die Bank kann sich nun nicht darauf beschränken vorzutragen, das Guthaben sei „weg”. Sie trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für jegliche Verfügungen, die angeblich durch den Kontoinhaber zulasten des Sparbuchs getätigt worden sein sollen. Will die Bank geltend machen, sie habe das Guthaben an den Sparbuchinhaber ausgezahlt, muss sie dies beweisen. So hat etwa das OLG Celle im Jahre 2008 entschieden:

Die Bank hat die Erfüllung ihrer Leistungspflicht aus dem (Darlehens-)Vertrag in Gestalt der Auszahlung an den Kläger zu beweisen. Sie hat den vollen Beweis dafür zu erbringen, dass das ausgewiesene Guthaben nach Auszahlung nicht mehr besteht. Bankinterne Unterlagen genügen im Regelfall zur Erbringung des vollen Beweises gegenüber dem Sparbuch nicht.

OLG Celle, Urteil vom 18. Juni 2008 – 3 U 39/08

Dies hatte die beklagte Bank hier nicht beachtet. Mit ihren 30 Jahre alten PC-Ausdrucken konnte sie weder ein Wertpapiergeschäft noch eine Auszahlung belegen. Daher galt der Inhalt des Sparbuchs als richtig: Danach war lediglich eine Buchung erfolgt, nämlich die Einzahlung im Jahre 1983.

Nach deutlichen Worten des Gerichts erklärte sich die beklagte Bank endlich doch bereit, das Guthaben sowie einen erheblichen Pauschalbetrag für Zinsen an den Kunden auszuzahlen.

Für Fragen rund um Sparbuch, Konto und Darlehen steht Ihnen RA Dr. Henning Kahlert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht in Karlsruhe, gerne zur Verfügung.


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