Audi-Abgasskandal: Verbraucherfreundliches Urteil zu Audi Q7 mit EA897

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Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Dieselskandal betroffen. Die Audi AG kann sich beispielsweise beim Vorliegen des Thermofensters als unzulässiger Abschalteinrichtung nicht damit herausreden, die Funktion sei für den Motorschutz erforderlich, hat auch das Landgericht Berlin geurteilt.

Die Audi AG kommt im Abgasskandal nicht aus den Nachrichten. Jetzt hat es den Autobauer vor dem Landgericht Berlin (Urteil vom 23.04.2021, Az.: 3 O 550/20) für die Manipulationen am einem Audi Q7 mit dem Dreiliter-Dieselmotor EA897 und der Abgasnorm Euro 6 erwischt. Die Audi AG muss an den geschädigten Verbraucher 45.543 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 22. Dezember 2020 zahlen und zwei Drittel der Kosten des Rechtsstreits tragen. Der Kläger hatte das Fahrzeug am 24. Mai 2017 mit einem Stand von 47.550 Kilometern für 66.000 Euro erworben und bis zur Urteilsverkündung fast 80.000 Kilometer genutzt. Der Audi Q7 ist von einer Rückrufaktion des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) betroffen. Ein von der Audi AG entwickeltes Software-Update wurde nach Freigabe durch das KBA aufgespielt.

„Die Verurteilung wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB resultiert vor allem aus dem Vorliegen des sogenannten Thermofensters, das bekanntlich als unzulässige Abschalteinrichtung angesehen wird. Damit ist das Fahrzeug laut Gericht sachmangelhaft, weil es wegen der Gefahr von Betriebsbeschränkungen oder -untersagungen nicht zur gewöhnlichen Verwendung eignet“, erklärt der Mönchengladbacher Rechtsanwalt Dr. Gerrit W. Hartung von der Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (www.hartung-rechtsanwaelte.de). Die Kanzlei befasst sich ausschließlich mit Anleger- und Verbraucherschutzthemen und hat sich auf die Beratung von Betroffenen des Abgasskandals spezialisiert. Dr. Gerrit W. Hartung gilt als „Dieselanwalt“ der ersten Stunde.

Beim Thermofenster handelt sich um ein Abgasrückführungssystem, durch das der Ausstoß von Stickoxiden reduziert wird. Bei Temperaturen außerhalb eines bestimmten Bereiches wird die Abgasrückführung reduziert. Die Audi AG hingegen behauptet immer wieder, dass das Thermofenster zum Motorschutz erforderlich sei. Diese Argumente ziehen vor den Gerichten nicht mehr. „Die Audi AG wird regelmäßig für ihre Rolle im Diesel-Abgasskandal zu Schadenersatz verurteilt. Das Thermofenster spielt dabei eine entscheidende Rolle, ebenso die unzulässige Abschalteinrichtung in Form einer schnellen Motoraufwärmfunktion. Diese erkennt, ob sich das Fahrzeug im Prüfbetrieb befindet oder im Straßenbetrieb und dem entsprechend unterschiedlich hohe Schadstoffe ausstößt“, sagt Dr. Hartung.

Ebenfalls findet sich oftmals die Strategie A im Motorsteuergerät als Abschalteinrichtung in den EA897-Fahrzeugen. Bei der Strategie A handelt es sich um die sogenannte Aufheizstrategie. Diese springt im Wesentlichen nur beim Durchlaufen des Prüfstandsverfahrens des Neuen Europäischen Fahrzyklus NEFZ an, wird aber im realen Verkehr hingegen nicht aktiviert. Dadurch wird das Stickoxidemissionsverhalten des Fahrzeugs auf dem Prüfstand gegenüber dem Emissionsverhalten im normalen Fahrbetrieb verbessert.

Die Baureihe EA897 umfasst Sechszylinder-Dieselmotoren mit drei Litern Hubraum und wird seit dem Jahr 2010 in verschiedenen Fahrzeugen des Volkswagen-Konzerns eingesetzt, wobei er von der Volkswagen-Tochter Audi AG hergestellt und an die Porsche AG zugeliefert wird. Damit sind vor allem Dieselfahrzeuge der Oberklasse betroffen. Dazu zählen beispielsweise die höherklassigen Modelle Porsche Cayenne II, Panamera II und Macan sowie Audi A4, A5, A6, A7, A8, Q5 und Q7 und VW Amarok, Touareg II und Phaeton.

Kurz gesagt: „Dreiliter-Dieselmotoren vom Typ EA897 sind flächendeckend vom Dieselskandal betroffen, und zwar sowohl in der Abgasnorm Euro 5 als auch in der neueren Norm Euro 6. Damit ist das landgerichtliche Urteil ein weiteres Beispiel dafür, wie erfolgreich eine Betrugshaftungsklage geschädigter Verbraucher gegen Autohersteller sein kann“, betont Dieselexperte Dr. Gerrit W. Hartung.

Foto(s): Dr. Hartung Rechtsanwaltsgesellschaft mbH


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