Der Aufhebungsvertrag – Chancen und Risiken

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1. Worum handelt es sich bei einem Aufhebungsvertrag? Wie unterscheidet sich ein Aufhebungsvertrag von einer Kündigung? 

Sowohl mit einer Kündigung als auch mit einem Aufhebungsvertrag kann ein Arbeitsverhältnis beendet werden. Als einseitiges Gestaltungsrecht beendet die Kündigung allerdings bereits durch die Erklärung einer Partei das Arbeitsverhältnis, ohne dass es der Zustimmung durch die andere Vertragspartei bedarf. Der Aufhebungsvertrag erfordert hingegen die einvernehmliche Einigung der Arbeitsvertragsparteien, das Arbeitsverhältnis zu einem bestimmten Termin zu beenden. Somit wird das Arbeitsverhältnis bei einem Aufhebungsvertrag durch die übereinstimmenden Willenserklärungen der Vertragsparteien aufgehoben.

Aufhebungsvertrag und Kündigung haben gemeinsam, dass beide Beendigungsarten der Schriftform unterliegen. Die elektronische Form ist ausgeschlossen. Ein Aufhebungsvertrag oder eine Kündigung müssen folglich handschriftlich unterzeichnet werden; E-Mail, SMS oder Fax sind nicht ausreichend.

2. Inhalt des Aufhebungsvertrages - wichtige Regelungen im Überblick

Wichtig ist zunächst natürlich die Festlegung des Beendigungszeitpunkts. Die Arbeitsvertragsparteien können frei entscheiden, zu welchem Datum das Arbeitsverhältnis enden soll. Die Einhaltung der individuellen Kündigungsfrist ist keine Wirksamkeitsvoraussetzung für den Aufhebungsvertrag. Allerdings kann die Abkürzung der Kündigungsfrist zu einer sog. Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld führen. 

Auch die Gründe für den Abschluss des Aufhebungsvertrages werden i.d.R. benannt. In den überwiegenden Fällen wird der jeweilige Aufhebungsvertrag „aus betrieblichen Gründen“, aber auch „aus personenbedingten Gründen“, geschlossen. Sollten verhaltensbedingte Kündigungsgründe im Aufhebungsvertrag ausdrücklich benannt werden, wird dies voraussichtlich ebenfalls nachteilige Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld haben (hierzu unter Ziffer 3. mehr).  

Von hoher Bedeutung sind zumeist die finanziellen Abwicklungsmodalitäten. Hier spielt vor allem die Zahlung einer Abfindung für viele ArbeitnehmerInnen eine entscheidende Rolle. Auf die Zahlung einer Abfindung gibt es allerdings - entgegen eines weit verbreiteten Irrglaubens - keinen Anspruch. Demgemäß ist die Zahlung einer Abfindung keineswegs ein zwingender Bestandteil eines Aufhebungsvertrages. Dennoch vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien häufig eine sog. Regelabfindung (0,5 Bruttomonatsgehälter * Beschäftigungsjahr), um insbesondere für ArbeitnehmerInnen einen Anreiz zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages zu schaffen. Denn mit Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages verzichten ArbeitnehmerInnen im Grunde auf ihren Kündigungsschutz – hierfür sollte es einen entsprechenden Gegenwert geben. 

Ein heikles Streitthema stellt immer wieder auch der Umgang mit dem Resturlaub dar und sollte daher in einem Aufhebungsvertrag idealerweise verständlich und abschließend geregelt werden. Dabei kann auch vereinbart werden, dass der/die ArbeitnehmerIn – ggf. unter Anrechnung der noch bestehenden Urlaubstage – freizustellen oder bis zum Beendigungsdatum weiter zu beschäftigen ist. Sollte der Urlaub nicht mehr bis zum Beendigungstermin in Natura genommen werden können, ist dieser nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen. 

Im Aufhebungsvertrag kann auch ein vorzeitiges Lossagungsrecht, eine sog. „Turboklausel“ oder „Sprinterklausel“, vereinbart werden. ArbeitnehmerInnen erhalten hierdurch die Möglichkeit, mittels einseitiger Erklärung früher als ursprünglich vereinbart aus dem Arbeitsverhältnis auszuscheiden, z.B. wenn schneller, als geplant, ein neuer Job gefunden wurde. Statt des ausstehenden Gehaltes erhält der/die ArbeitnehmerIn eine (ggf. erhöhte) Abfindung – die sog. „Turbo- oder Sprinterprämie“. 

Eine solche Turboklausel kann vorteilhaft für beide Arbeitsvertragsparteien sein. Neben der zeitlichen Flexibilität kann eine solche Regelung auch finanziell sehr interessant sein, insbesondere weil auf die Abfindung keine Sozialabgaben zu zahlen sind. Daneben ist eine solche Turbo-Regelung mittlerweile auch steuerlich recht attraktiv. Eine zusätzliche Abfindung für das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis mittels Turboklausel ist nach jüngster Entscheidung des Hessischen Finanzgerichts ermäßigt zu besteuern [vgl. FG Hessen, Urt. v. 27.07.2021 – 10 K 1597/20].

Die Arbeitgeberseite hat durch das vorzeitige Ausscheiden zwar regelmäßig eine (weitere) Abfindung zu zahlen. Gespart wird allerdings, je nach Ausgestaltung der Regelung, ein Teil des Gehaltes – in jedem Fall werden aber zumindest die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung gespart.

Im Aufhebungsvertrag besteht ferner die Möglichkeit, das Thema Zeugnis abschließend zu klären und bereits die entsprechenden Einzelheiten wie Note und Wortlaut festzulegen. Dies bietet sich für beide Parteien an, um im Nachgang langwierige und ggf. kostenmehrende Streitigkeiten zu vermeiden.

Auch Regelungen zur Begründung oder Aufhebung von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, zur Rückgabe eines etwaigen Dienstfahrzeugs sowie zur betrieblichen Altersversorgung können Gegenstand eines Aufhebungsvertrages sein. 

Ebenso sollte, je nach Sachverhalt, eine Abgeltungs-, Ausgleichs- und Erledigungsklausel im Aufhebungsvertrag vereinbart werden, um für beiden Seiten abschließende Rechtssicherheit hinsichtlich der gegenseitigen Ansprüche zu schaffen. Hier sollte man sich aber auch im Klaren darüber sein, dass "vergessene Ansprüche" (wie z.B. Schadensersatzansprüche) im Nachhinein nicht mehr geltend gemacht werden können. 

3. Mögliche Chancen und Risiken eines Aufhebungsvertrages

Der Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann für beide Seiten Chancen und Risiken mit sich bringen. 

Für ArbeitnehmerInnen besteht die Chance, mitunter hohe Abfindungen zu verhandeln, die im Rahmen eines gerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens womöglich nicht erzielt worden wären. Dies gilt insbesondere dann, wenn der/die ArbeitgeberIn keinerlei Kündigungsgründe vorhalten kann. Allerdings kann die Zahlung einer Abfindung nicht erzwungen werden, da es hierauf, wie erläutert, keinen (gesetzlichen) Anspruch gibt. Daher fällt die Abfindung in Fallkonstellationen, in denen tatsächlich schwerwiegende Kündigungsgründe vorliegen, häufig doch nicht so hoch aus.  

Die Parteien können frei verhandeln, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis enden soll. Dies kann für beide Vertragspartner von Vorteil sein. In manchen Fallkonstellationen ist ein sofortiges Lossagen von dem bisherigen Arbeitsverhältnis (ohne Einhaltung der Kündigungsfrist) auch für den/die ArbeitnehmerIn sinnvoll; meistens dann, wenn eine besser dotierte Stelle ruft, aber eine lange Kündigungsfrist einzuhalten wäre. Wenn keine Anschlussbeschäftigung wartet, dürfte der Verzicht auf die Einhaltung der Kündigungsfrist aber nicht im Interesse der ArbeitnehmerInnen sein: hier besteht das Risiko einer Sperrzeit beim Bezug von Arbeitslosengeld. Die Bundesagentur für Arbeit kann im Falle der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Zahlung einer Abfindung zudem die Abfindung auf das Arbeitslosengeld anrechnen, also eine Ruhenszeit anordnen. 

Ganz grundsätzlich darf die Agentur für Arbeit eine Sperrfrist von bis zu 12 Wochen verhängen, wenn der/die ArbeitnehmerIn den Aufhebungsvertrag ohne wichtigen Grund abschließt. Solange diese Sperrfrist läuft, wird kein Arbeitslosengeld gezahlt.

Ein wichtiger Grund für die Vereinbarung eines Aufhebungsvertrages liegt nach den Fachlichen Weisungen der Agentur für Arbeit i.d.R. aber vor, wenn

  • dem/der ArbeitnehmerIn eine arbeitgeberseitige Kündigung mit Bestimmtheit drohte,
  • diese drohende Kündigung auf betriebliche o. personenbedingte (nicht aber auf verhaltensbedingte) Gründe gestützt wurde,
  • die Kündigungsfrist eingehalten wurde,
  • der/die ArbeitnehmerIn nicht unkündbar war und
  • der/die ArbeitnehmerIn eine Abfindung von max. 0,5 Bruttomonatsgehältern (aber zumindest eine Abfindung) erhält.

Wichtig ist auch: ArbeitnehmerInnen verzichten mit Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages auf ihren Kündigungsschutz – und damit natürlich auch auf einen etwaigen Sonderkündigungsschutz (bspw. wegen Schwangerschaft, Elternzeit, Schwerbehinderung oder Betriebsratstätigkeit).

Auf Arbeitgeberseite überwiegen die Chancen: Durch Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann die Trennungsentscheidung zügig, unkompliziert und weitestgehend risikofrei umgesetzt werden. Etwaige Beteiligungsrechte des Betriebsrats müssen in diesem Zusammenhang nicht beachtet werden. Ferner muss aus Arbeitgebersicht weder der allgemeine noch der besondere Kündigungsschutz berücksichtigt werden.

4. Kann ein Aufhebungsvertrag "rückgängig" gemacht werden?

Nach Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages gibt es nur unter speziellen Voraussetzungen die Möglichkeit, diesen wieder „rückgängig“ zu machen. 

Ein Rücktritt oder Widerruf ist nur möglich aufgrund einer entsprechend im Aufhebungsvertrag niedergelegten Klausel, was aber äußerst selten vereinbart wird.  

Allerdings kann ein Aufhebungsvertrag unwirksam sein, wenn gegen das Gebot des fairen Verhandelns – einer arbeitsvertraglichen Nebenpflicht – verstoßen wurde. Sollte der/die ArbeitnehmerIn in eine psychische Drucksituation versetzt worden sein, kann dieses Gebot verletzt sein. Dies ist u.U. der Fall, wenn der/die ArbeitnehmerIn zu Hause überrascht und so eine freie Entscheidung über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert wurde. Dann wäre die Situation wiederherzustellen, die ohne den Aufhebungsvertrag gelten würde - was zur Fortführung des Arbeitsverhältnisses führen würde. Jedoch wird ein Aufhebungsvertrag nicht schon deshalb unwirksam sein, wenn der/die ArbeitgeberIn das Thema des Personalgesprächs vorher nicht kommuniziert hat oder dem/der ArbeitnehmerIn eine zu kurze Bedenkzeit für die Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages eingeräumt wurde. Hier kommt es maßgeblich auf die genauen Umstände des Einzelfalles an. 

5. In welchen Fällen lohnt sich eine (gerichtliche) Anfechtung des Aufhebungsvertrags?

Von Relevanz dürfte diesbezüglich die Anfechtung wegen widerrechtlicher Drohung sein: Droht der/die ArbeitgeberIn mit einer außerordentlichen oder ordentlichen Kündigung, sollte der/die ArbeitnehmerIn nicht selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterzeichnen, kann eine solche Anfechtung gerechtfertigt sein. 

Die Drohung ist jedoch nur dann widerrechtlich, wenn es keinerlei nachvollziehbare Kündigungsgründe gab. Würde eine potentiell ausgesprochene Kündigung im gerichtlichen Verfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit einer Überprüfung standhalten, scheidet eine Widerrechtlichkeit i.d.R. aus. Hier kann es sich lohnen, einmal genauer hinzuschauen und die konkrete Situation bzw. die vermeintlichen Kündigungsgründe – ggf. auch gemeinsam mit einem/einer Fachanwalt/Fachanwältin für Arbeitsrecht – zu untersuchen.  

Insbesondere eine Situation, in der sich der/die ArbeitgeberIn nicht mehr fair verhält und eine Drucksituation schafft, kann zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrages führen (Stichwort: Fairnessgebot). Hier sind Fälle denkbar, in denen der/die ArbeitgeberIn bspw. eine krankheitsbedingte Schwäche des/der ArbeitnehmerIn bewusst ausnutzt oder den/die ArbeitnehmerIn in deren Wohnung überrascht und so eine überlegte Entscheidungsfindung untergräbt. Allerdings wird es kaum eine Verhandlungssituation geben, in der sich betroffene ArbeitnehmerInnen bei Unterbreitung eines Aufhebungsvertrages nicht unter Druck gesetzt fühlen. Dies hängt immer von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Somit kann es sich in Fällen, in denen das Fairnessgebot womöglich missachtet wurde, durchaus lohnen, die konkrete Situation juristisch oder sogar gerichtlich überprüfen zu lassen.

Foto(s): Charlotte Arnold

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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