BAG: Urlaubsabgeltungsansprüche unterliegen Ausschlussfristen

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Arbeitnehmer haben nach Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses gemäß § 7 Absatz 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Anspruch auf eine Urlaubsabgeltung, wenn sie zum Beendigungszeitpunkt noch Urlaubstage übrighaben. Eine Urlaubsabgeltung bedeutet, dass der Arbeitnehmer die restlichen Urlaubstage in Geld ausgezahlt bekommt.

In der Praxis kann dies zu größeren Geldansprüchen des ausgeschiedenen Arbeitnehmers gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber führen. In einer aktuellen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2023 – 9 AZR 244/20) ging es etwa um einen Arbeitnehmer, der für insgesamt 65 nicht genutzte Urlaubstage eine Urlaubsabgeltung in Höhe von 14.391,50 € brutto gerichtlich geltend machen wollte.

Was war an dem entschiedenen Fall problematisch?

Der Kläger war bei einem Zeitungsverlag beschäftigt. Für das Arbeitsverhältnis des Klägers war der Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen maßgeblich. Dieser Manteltarifvertrag enthielt in einer Klausel auch eine dreimonatige Ausschlussfrist für nicht erfüllte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Eine Ausschlussfrist bedeutet, dass ein Anspruch nach Fälligkeit innerhalb eines bestimmten Zeitraums geltend gemacht werden muss, damit er nicht endgültig verfällt. Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall machte der Arbeitnehmer seinen Urlaubsabgeltungsanspruch jedoch erst mehrere Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses geltend. Die dreimonatige Ausschlussfrist des relevanten Manteltarifvertrags war somit zu diesem Zeitpunkt längst abgelaufen.

Was hat das Bundesarbeitsgericht entschieden? 

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch eines Arbeitnehmers aus § 7 Absatz 4 BUrlG nach Ablauf einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen kann. Die Richterinnen und Richter begründen dies damit, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch – anders als der eigentliche Urlaubsanspruch – ein reiner Geldanspruch ist. Zudem ende das Machtgefälle zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und die daraus resultierende Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die vom Europäischen Gerichtshof entwickelten und vom Bundesarbeitsgericht in anderen Urteilen übernommenen Grundsätze zum Schutz des Arbeitnehmers beim regulären Urlaubsanspruch seien daher nicht auf den Urlaubsabgeltungsanspruch übertragbar.

Beim Urlaubsabgeltungsanspruch verfolgt das Bundesarbeitsgericht somit – anders als beim eigentlichen Urlaubsanspruch – eine arbeitgeberfreundliche Linie.

Im vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hat der Kläger trotzdem noch die Chance, seinen Urlaubsabgeltungsanspruch erfolgreich durchzusetzen. Denn bei Arbeitsverhältnissen, die vor dem 06. November 2018 beendet worden sind, begann die Ausschlussfrist erst mit der Bekanntgabe des Urteils des Europäischen Gerichtshofs zu laufen, das für die Rechtsprechungsänderung des Bundesarbeitsgerichts bezüglich Urlaubsansprüchen verantwortlich war.

Unterliegen Urlaubsabgeltungsansprüche auch arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen? 

Zu dieser Frage hat sich das Bundesarbeitsgericht im hier vorgestellten Urteil nicht geäußert. Die Argumentation der Richterinnen und Richter erscheint allerdings auch auf arbeitsvertragliche Ausschlussfristen übertragbar. Denn auch bei einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist bleibt der Urlaubsabgeltungsanspruch ein reiner Geldanspruch und auch das zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehende Machtgefälle entfällt ebenfalls mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Was ändert sich durch das Urteil des Bundesarbeitsgerichts für Arbeitnehmer? 

Arbeitnehmer, für deren Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis eine arbeits- oder eine tarifvertragliche Ausschlussfrist gilt, sollten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schnell handeln und ihren Urlaubsabgeltungsanspruch zunächst außergerichtlich geltend machen. Andernfalls droht ihnen nach der hier vorgestellten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts der ersatzlose Verfall ihres Urlaubsabgeltungsanspruchs durch den Ablauf der Ausschlussfrist. Auch Arbeitnehmer, für deren Ansprüche keine tarifvertragliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfrist gilt, sollten nicht zu lange mit der Geltendmachung des Anspruchs warten. Denn als reiner Geldanspruch unterliegt der Anspruch zusätzlich zu Ausschlussfristen der allgemeinen gesetzlichen Regelverjährung aus den §§ 195, 199 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter


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