BAG zum Anspruch auf Abfindung in der Insolvenz

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Arbeitnehmer haben beim Verlust ihres Arbeitsplatzes zwar keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Dennoch erklären sich viele Arbeitgeber bereit, im Falle der Auflösung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung zu zahlen. Was wird jedoch aus der Abfindung, wenn das Unternehmen wenig später zahlungsunfähig ist und Insolvenz anmelden muss? Diese Frage stellt sich in Zeiten der Corona-Krise umso mehr.

„Entscheidend ist, ob die Abfindung lediglich als Forderung zur Insolvenztabelle oder als wertvollere Masseverbindlichkeit einzuordnen ist. Letzteres ist für den Arbeitnehmer deutlich vorteilhafter, weil diese vorab aus der Insolvenzmasse zu erfüllen ist. Das heißt, die Forderung kann im vollen Umfang beglichen werden. Bei einer Insolvenzforderung erhält der Gläubiger lediglich einen Anteil seiner Forderung entsprechend des Insolvenzquote - in der Regel also deutlich weniger“, sagt Rechtsanwalt Michael Tröster aus Bielefeld.

Die Frage wie eine Abfindung insolvenzrechtlich einzuordnen ist, hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14. März 2019 arbeitnehmerfreundlich entschieden (Az.: 6 AZR 4/18). Demnach ist die Abfindung eine Masseverbindlichkeit, die vorweg in voller Höhe zu erfüllen ist, wenn erst der Insolvenzverwalter einen Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausspricht. Dann kann sich nicht darauf beschränkt werden, die Zahlung der Abfindung lediglich als Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden. Dies gelte auch, wenn die der Auflösung zu Grunde liegende Kündigung noch vom späteren Insolvenzschuldner – in der Regel der Arbeitgeber – erklärt worden ist, so das BAG.

In dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Arbeitgeber einem Mitarbeiter zu Mitte Januar 2015 ordentlich gekündigt. Im folgenden Kündigungsschutzverfahren stellte der Arbeitgeber in einem formlosen Schriftsatz vom 26. Januar 2015 die Zahlung einer Abfindung bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses in Aussicht. Allerdings wurde dieser Schriftsatz dem Mitarbeiter nur formlos vom Arbeitsgericht übersandt. Eine offizielle Zustellung fand nicht statt, d.h. der angekündigte Auflösungsvertrag war noch nicht rechtshängig geworden.

Wenig später, am 1. April 2015, wurde das Insolvenzverfahren über das Unternehmen eröffnet. Als das unterbrochene Kündigungsschutzverfahren wieder aufgenommen wurde, stellte der Insolvenzverwalter bei der Verhandlung im Juni 2016 den Auflösungsantrag, den der Arbeitgeber bereits im Januar angekündigt hatte. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage schließlich statt und löste das Arbeitsverhältnis gegen die Zahlung einer Abfindung auf. Diese sei als Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden, so das Gericht.

Dagegen wehrte sich der Kläger und verlangte die Zahlung der Abfindung als Masseverbindlichkeit. Seine Klage hatte vor dem BAG Erfolg. Die Abfindung sei als Masseverbindlichkeit einzuordnen und daher vorrangig in voller Höhe zu erfüllen, stellten die Erfurter Richter in letzter Instanz fest.

Entscheidend sei, laut BAG, dass der Schriftsatz des Arbeitsgebers vom 26. Januar 2015 auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses mangels offizieller Zustellung nicht rechtshängig geworden ist. Der Auflösungsantrag sei erst durch den Insolvenzverwalter in der mündlichen Verhandlung vom Juni 2016 rechtshängig gemacht worden. Dies sei die maßgebliche Handlung, auf der der Abfindungsanspruch beruhe und daher als Masseverbindlichkeit einzuordnen sei, so das BAG.

„Auch im Falle einer Insolvenz müssen Arbeitnehmer eine Abfindung nicht abschreiben, sondern können einen Anspruch auf Zahlung in voller Höhe haben. Wichtig ist es zu prüfen, ob nur eine Insolvenzforderung oder eine Masseverbindlichkeit vorliegt“, so Rechtsanwalt Tröster.

Mehr Informationen: https://insolvenzanwalt-owl.de/



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