Beitragsschulden in der gesetzlichen Krankenversicherung

  • 3 Minuten Lesezeit

Bei Pflichtversicherten in der GKV ist die Lage recht einfach: Arbeitgeber und Arbeitnehmer teilen sich den Beitrag; die KK errechnet den fälligen Beitrag aus dem Lohn. Die Beitragsabführung geschieht "automatisch", der Versicherte bekommt davon in der Regel nichts mit. Bei freiwilligen Mitgliedern sieht die Sache anders aus. Sie müssen sich um die Begleichung der Beiträge selbst kümmern.


Das birgt mehr Tücken, als es auf den ersten Blick erscheint.


Die KK hat keine Anhaltspunkte zur Höhe des Einkommens. Sie ist auf die Mitwirkung des Versicherten angewiesen und verschickt daher – meist gegen Ende eines Jahres – einen Einkommensfragebogen, um den zu zahlenden Beitrag zu ermitteln Darin wird beispielsweise nach dem Einkommenssteuerbescheid gefragt. Ignoriert man dieses Schreiben und reagiert auch nicht auf die weiteren Aufforderungen und Mahnungen, "schätzt“ die KK das Einkommen und es erfolgt eine Einstufung zum Höchstbeitrag. Ausgangspunkt für die Nachfrage ist § 240 Abs. 4 a S. 4 SGB V: "Weist das Mitglied seine tatsächlichen Einnahmen auf Verlangen der Krankenkasse nicht innerhalb von drei Jahren nach Ablauf des jeweiligen Kalenderjahres nach, gilt für die endgültige Beitragsfestsetzung … als beitragspflichtige Einnahme …die Beitragsbemessungsgrenze".

Vereinfacht: Belegt der Versicherte bis zum Ablauf des dritten Jahres, nach dem seine Beiträge vorläufig festgesetzt wurden, seine Einnahmen nicht, zahlt er den Höchstbeitrag nach der Beitragsbemessungsgrenze.


Ein Beispiel in Zahlen:


Die Beiträge des freiwilligen Mitgliedes wurden 2019 vorläufig festgesetzt. Trotz mehrfacher Aufforderungen durch die KK reicht der Versicherte z. B. seinen Einkommenssteuerbescheid für 2019 bis zum 31.12.2022 nicht ein. Dann wird er von der KK nach der für 2019 geltenden Beitragsbemessungsgrenze geschätzt. Die monatliche Beitragsbemessungsgrenze 2019 betrug € 4.375,50. Bei einem Prozentsatz von 14,6 % (oder 14,0 %) zzgl. Zusatzbeitrag und Beitrag für die Pflegeversicherung kommen schnell über € 800,- monatlich oder knapp € 10.000,- jährlich zusammen. Das wird dem säumigen Mitglied dann in einem Bescheid präsentiert.


Nun ist guter Rat teuer.


Es gibt nun 2 Möglichkeiten, auf die Beitragseinstufung Einfluss zu nehmen, § 240 SGB V:


a) Nachreichung von Einkommensunterlagen:

"Weist ein Mitglied innerhalb einer Frist von zwölf Monaten, nachdem die Beiträge …  festgesetzt wurden, geringere Einnahmen nach, sind die Beiträge für die nachgewiesenen Zeiträume neu festzusetzen."

Wenn der vergessliche Versicherte jetzt schnell seinen Einkommenssteuerbescheid (oder andere aussagekräftige Unterlagen) für 2019 vorlegt, und zwar innerhalb von 12 Monaten nach Erhalt des Beitragsbescheides, muß die KK dann die Beiträge für die nachgewiesenen Zeiträume aufgrund des nachgewiesenen Einkommens neu festsetzen. Ein Säumniszuschlag auf die rückständigen Beiträge wird in diesen Fällen nur hinsichtlich der korrigierten Beitragsforderung erhoben.


b) Es gibt keine Einkommensunterlagen, die nachgereicht werden könnten oder es werden Einkommensunterlagen nach Ablauf der 12 Monate nachgereicht:

Selbst wenn keine Einkommensunterlagen eingereicht bzw. Einkommensunterlagen erst nach Ablauf der 12 Monate eingereicht werden, gibt es noch Möglichkeiten. Eine rückwirkende Korrektur der Beitragsfestsetzung ist möglich, wenn das Mitglied zwar nach wie vor nicht den Nachweis geringerer Einnahmen erbringt, jedoch aufgrund hinreichender Anhaltspunkte klar ist, daß die beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds die jeweils einschlägige Mindestbeitragsbemessungsgrundlage (2019: € 1038,33) nicht überschreiten.

Entsprechende Anhaltspunkte dafür können z. B. das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit im Sinne der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II oder der Sozialhilfe nach SGB XII sein.

Die Krankenkasse sollte zudem weitere Informationen über das jeweilige Mitglied und die Familienverhältnisse prüfen, bevor sie eine rückwirkende Anpassung der Beiträge vornimmt.

Die "hinreichenden Anhaltspunkte“ stellen einen unbestimmten Rechtsbegriff dar, der grds. von der zuständigen KK überprüft wird. Hierbei hat sie auch auf die Beitragsübernahmen durch andere Sozialleistungsträger (z. B. Sozialamt) hinzuweisen. Nötigenfalls wird es im gerichtlichen Verfahren überprüft. Hierzu gibt es zahlreiche Urteil von Sozial- und Landessozialgerichten.


Lassen Sie sich also von der Krankenkasse nicht einschüchtern. Informationen am Telefon sind meist ineffektiv. Sie wissen nicht weiter? Dann kontaktieren Sie mich!


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Marianne Schörnig

Beiträge zum Thema