Beitritt zu einer Gemeinschaftspraxis (BAG)

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1. Ich möchte einer BAG beitreten!

Der Eintritt in eine bestehende Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) ist häufig eine interessante Option, als Inhaber (m/w/d) einer Einzelpraxis bzw. Existenzgründer (m/w/d) Teil einer bestehenden Gemeinschaftspraxis zu werden. 

Die Vorteile können etwa in höheren Verdienstmöglichkeiten, Kosteneinsparungen durch gemeinsame Ressourcennutzung sowie bessere Vertretungsmöglichkeiten bestehen.

Nahezu sämtliche BAGs werden in der Rechtsform einer Personengesellschaft geführt, in der Regel als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und teilweise als Partnerschaftsgesellschaft (PartG).

Im Grunde bestehen zwei Möglichkeiten, wie der Beitritt zu einer BAG durchgeführt werden kann:

  1. Aufnahme als weiterer Gesellschafter gegen Einlage bzw. Einbringung der eigenen Praxis, was insbesondere in Betracht kommt, wenn der Eintretende (m/w/d) als Vertragsarzt zugelassen ist (siehe unter 2.); oder
  2. Übernahme eines Gesellschaftsanteils von einem ausscheidenden Gesellschafter, was vor allem Sinn machen kann, wenn der Eintretende einen Vertragsarztsitz benötigt und der Ausscheidende (m/w/d) seinen Kassensitz aufgibt (siehe unter 3.).

2. Aufnahme als weiterer Gesellschafter

In diesen Fall nehmen die Altgesellschafter (m/w/d) der BAG den Neugesellschafter (m/w/d) als zusätzliches Mitglied der BAG auf.

a. Aufnahmevertrag

Über die Aufnahme des Neugesellschafters schließen er, sämtliche Altgesellschafter sowie die BAG eine schriftliche Aufnahmevereinbarung. Der Vertrag muss nicht notariell beurkundet werden.

b. Umfang der Beteiligung des Neugesellschafters

Der Neugesellschafter erhält durch den Beitritt die Stellung als Gesellschafter der BAG. Hierbei ist der Umfang seiner Kapitalbeteiligung, seines Gewinnrechts und Stimmrechts festzulegen.

c. Einlage des Neugesellschafters

Im Gegenzug leistet der Neugesellschafter als Eintrittsgeld eine Einlage in das Vermögen der BAG, das ggf. auch als Darlehen gewährt bzw. mit künftigen Gewinnen verrechnet werden kann (Gewinnvorabmodell). Besitzt der Neugesellschafter bereits eine eigene Praxis und möchte er diese in die BAG einbringen, kann die Einlage durch Einbringung seiner Praxis erbracht werden. Alternativ kann er seine Praxis auch an die BAG verkaufen. Mehr Informationen zum Thema Praxisverkauf können Sie in diesem Rechtstipp lesen.

d. Haftung des Neugesellschafters

Der Neugesellschafter haftet gem. § 128 nicht nur für sämtliche Neuverbindlichkeiten der BAG, sondern gem. § 130 HGB auch für ihre sämtlichen Altverbindlichkeiten. Wenn die Parteien die Haftung des Neugesellschafters für Altverbindlichkeiten als unangemessen empfinden, können Sie vereinbaren, dass die Altgesellschafter den Neugesellschafter im Innenverhältnis insofern freistellen.

e. Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung

Besitzt der Neugesellschafter eine vertragsärztliche Zulassung, so muss die Sitzverlegung an den Standort der BAG durch den zuständigen Zulassungsausschuss genehmigt werden. In diesem Fall muss die Erweiterung der BAG (z.B. als überörtliche BAG mit weiterem Standort) ebenfalls genehmigt werden.

f. Anpassung des Gesellschaftsvertrags

In diesem Zusammenhang sollte auch der Gesellschaftsvertrag der BAG überprüft und an die neuen Verhältnisse angepasst werden. Weitere Informationen zum Gesellschaftsvertrag einer BAG finden Sie in diesem Rechtstipp.

3. Übernahme eines Gesellschaftsanteils

In dieser Variante übernimmt der Neugesellschafter den Gesellschaftsanteil an der BAG von einem ausscheidenden Altgesellschafter, typischerweise einschließlich seines Kassensitzes.

a. Kauf- und Abtretungsvertrag

Der Neugesellschafter, sämtliche Altgesellschafter sowie die BAG schließen einen schriftlichen Kauf- und Abtretungsvertrag über den zu veräußernden Gesellschaftsanteil. Eine notarielle Beurkundung ist hierfür nicht erforderlich.

b. Kaufobjekt und Kaufpreis

Verkauft wird die Beteiligung des Altgesellschafters an der BAG. Für den Gesellschaftsanteil zahlt der Neugesellschafter einen Kaufpreis an den Altgesellschafter. Auch wenn der Altgesellschafter eine genaue Vorstellung von der Höhe des Kaufpreises hat, sollte der Neugesellschafter den Kaufpreis durch eingehende Prüfung der BAG selbst bewerten und mit Hilfe eines Steuerberaters oder Praxisberaters berechnen, um dessen Angemessenheit einschätzen zu können.

c. Haftung des Altgesellschafters

Der Kaufvertrag regelt die Haftung des Altgesellschafters für den verkauften Gesellschaftsanteil. Da die bürgerlichtrechtlichen Vorschriften über die Mängelgewährleistung bei Kaufverträgen für den Verkauf von Unternehmensbeteiligungen unpassend sind, sollte der Kaufvertrag eine eigenständige Regelung treffen. 

Eine typische Gestaltung im Interesse des Verkäufers besteht darin, dass er nur für die Verschaffung von lastenfreiem Eigentum an dem verkauften Gesellschaftsanteil haftet. Demgegenüber hat der Käufer naturgemäß ein Interesse daran, dass der Verkäufer ebenfalls für die Wirtschaftlichkeit des Gesellschaftsanteils verantwortlich ist. Hinzu kommen Haftungsbeschränkungen zugunsten des Verkäufers, z.B. der Höhe nach auf den Kaufpreis. Die konkrete Regelung im Einzelfall ist Verhandlungssache.

d. Haftung des Neugesellschafters

Hierfür gilt das oben unter II.d ausgeführte entsprechend.

e. Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung

Aufgrund der überragenden Bedeutung des Vertragsarztsitzes sollte der Vollzug des Kaufvertrags von der Zulassung des Neugesellschafters als Vertragsarzt abhängig gemacht werden.

Soll ein Nachbesetzungsverfahren durchgeführt werden, wird typischerweise so vorgegangen, dass der Altgesellschafter auf seine Zulassung verzichtet und die Nachbesetzung seines Vertragsarztsitzes beantragt, auf den sich der Neugesellschafter bewirbt. Die Durchführung dieses Procedere muss im Kaufvertrag genau festgelegt werden.

Die Parteien tragen hierbei das Risiko, dass der Zulassungsausschuss die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens, insbesondere wegen Überversorgung, ablehnt, oder einen anderen Bewerber als den Neugesellschafter bevorzugt. Dies kann sehr nachteilige Konsequenzen für die Beteiligten haben, etwa wenn eine BAG auf zwei Vertragsärzte ausgelegt ist und mit nur einem Vertragsarztsitz unwirtschaftlich wird. Daher sollte der Kaufvertrag in diesem Fall nicht vollzogen werden.

f. Anpassung des Gesellschaftsvertrags

Anlässlich des Gesellschafterwechsels sollte der Gesellschaftsvertrag der BAG überprüft und ggf. angepasst werden.

4. Anwaltliche Beratung und Begleitung

Damit der Beitritt in eine Gemeinschaftspraxis ein Erfolg wird, müssen zahlreiche medizinrechtliche und gesellschaftsrechtliche Punkte berücksichtigt werden. Unsere Anwälte besitzen umfassende Erfahrung mit dem Eintritt in Berufsausübungsgemeinschaften und begleiten Sie gerne auf Ihrem Weg. Melden Sie sich jederzeit gerne, wenn Sie eine Frage haben oder eine Beratung wünschen.


Mit besten Grüßen, Dr. Alexander Dorn & Dr. Rainer Freudenberg, LL.M.

Foto(s): iStock


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