Beleidigung gegenüber dem Chef auf der Weihnachtsfeier - Kündigungsgrund?

  • 3 Minuten Lesezeit

Alle Jahre wieder versammeln sich Vorgesetzte und deren Angestellte oder einzelne Abteilungen, um gemeinsam die Weihnachtszeit in geselliger Runde zu feiern. Die ungezwungener Atmosphäre und der ein oder andere Glühwein enthemmt dabei so manch angespanntes Arbeitsverhältnis zwischen dem Vorgesetzten und dem Arbeitnehmer. Ein Freifahrtschein für gedankenloses oder gar ausfälliges Verhalten ist das trotzdem nicht.

Unter dem Einfluss alkoholhaltiger Genussmittel und der vorweihnachtlichen Stimmung herrscht zwischen den Kollegen und dem Chef ein gelockerter Umgang, innerbetriebliche Hierarchien verschwimmen und ehe man es sich versieht, rutschen dem Arbeitnehmer unschöne Beleidigungen gegenüber dem Vorgesetzten über die Lippen. Zum Ausdruck kommen dabei die grundsätzliche Unzufriedenheit an der Arbeit und dem Arbeitsklima sowie vor allem die persönliche Abneigung gegen den Vorgesetzten selbst. Nicht selten fallen dabei Worte wie „Blödmann”, „arrogantes Arschloch”, „Wichser” oder „blöde Kuh”. Sind die Worte erst einmal ausgesprochen, können sie nicht wieder zurück genommen werden.

Unvermittelt oder spätestens am nächsten Morgen, wenn der Kopf wieder klar ist, wird einem bewusst, wen man gerade beleidigt hat und was für Folgen das haben kann.

Zwar ist eine Entschuldigung in jedem Fall ratsam, kann jedoch auch nicht ausschließlich vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen schützen. Juristisch gesehen ist eine Beleidigung eine nach außen gerichtete Kundgabe der Nichtachtung eines anderen. Dabei gilt es zu unterscheiden: die Beleidigung gegenüber dem Betroffenen selbst und die Beleidigung des Betroffenen gegenüber Dritten.

Beleidigungen und Ehrverletzungen, welche einen Verstoß gegen arbeitsvertragliche Pflichten insbesondere die Rücksichtnahme auf die berechtigten Belange des Arbeitgebers darstellen, können je nach Schwere von einer Ermahnung bis zu einer Abmahnung bis hin zu einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen. Dies gilt insoweit nicht nur bei Ausfällen gegenüber dem Vorgesetzten, sondern auch bei Beleidigungen von Kollegen oder Kunden.

Grobe Beleidigungen können daher grundsätzlich auch zu einer fristlosen Kündigung des Arbeitnehmers führen. Ausschlaggebend bei der Beurteilung, ob diese jedoch gerechtfertigt ist, ist die Betrachtung im Einzelfall. So gilt es zu berücksichtigen, ob die Beleidigungen während der Arbeitszeit oder während der Freizeit stattgefunden haben, ob sich die Handlungsweise nachhaltig auf das Betriebsklima auswirkt, inwiefern die Autorität des Betroffenen untergraben wurde und natürlich welche Wortwahl genau verwendet worden ist. Auch wird das konkrete Umfeld, in dem die Äußerung erfolgt ist, die psychische Situation des Arbeitnehmers sowie die Dauer der Betriebszugehörigkeit und etwaige vorherige Verfehlungen berücksichtigt. Es muss geprüft werden, in welchem Zusammenhang die Aussage gegenüber dem Vorgesetzten oder dem Kollegen geäußert worden ist, ob die Aussage gegebenenfalls durch einen anderen provoziert wurde, ob die Beleidigung der eigenen Abwehr gegen Beleidigungen diente (ohne dies deswegen zu entschuldigen) und natürlich spielt auch die physische Verfassung sowie die durch Alkohol bedingte Ausfallerscheinungen eine gravierende Rolle, die es zu berücksichtigen gilt.

Das Landesarbeitsgericht Hamm hat beispielsweise in seinem Urteil vom 30.06.2004 (Az. 18 Sa 836/04) entschieden, dass die Beleidigung von Vorgesetzten auf einer Weihnachtsfeier zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Ein Arbeitnehmer betitelte seinen Vorgesetzten unter anderem als „Wichser” und „Arschloch” und hielt ihm den ausgestreckten Mittelfinger entgegen. Der seit 23 Jahren beschäftigte Arbeitnehmer wurde aus wichtigem Grund gekündigt. Eine dagegen eingereichte Klage des Arbeitnehmers blieb erfolglos. Das Landesarbeitsgericht  begründete seine Entscheidung damit, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber grob beleidigt hat. Es handelt sich dabei um erhebliche Ehrverletzungen, die auch nicht durch das Recht der freien Meinungsäußerung gedeckt sei, denn Beleidigungen und Schmähungen sind nicht durch das Grundgesetz gedeckt. Auch der Einwand des Arbeitnehmers, er habe einen „Blackout” gehabt, konnten keine andere Entscheidung herbeiführen.

Haben Sie Fragen rund um das Thema Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder möchten Sie sich vor Aussprache einer Kündigung beraten lassen, können Sie sich gern mit der Kanzlei WBV Fachanwälte in Verbindung setzen.

Ralf Brandhoff

Fachanwalt für Arbeitsrecht

Ulrike Mrhal

Assessorin jur.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Wagner Brandhoff Viertel Fachanwälte

Beiträge zum Thema