Berufsunfähigkeitsversicherung: Leistungseinstellung im Nachprüfungsverfahren - verständlich muss es sein!

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Von einem Anerkenntnis seiner Leistungspflicht kann sich der Versicherer in einer Berufsunfähigkeitsversicherung nur im Wege eines Nachprüfungsverfahrens lösen. Hier gibt es für Versicherer eine Vielzahl von sprichwörtlichen Stolpersteinen, die bereits "formal" zur Unwirksamkeit der Nachprüfungsentscheidung führen können.


Grundsätze

Zur Begründung der Nachprüfungsmitteilung muss der Versicherer seine Vergleichsbetrachtung und die aus ihr gezogenen Folgerungen aufzeigen. Nur anhand einer nachvollziehbaren Entscheidung kann der Versicherte erkennen und beurteilen, ob der Versicherer in Betrachtung seiner mit dem Anerkenntnis eingegangenen Selbstbindung vorgegangen ist oder nicht (BGH, r+s 1993, 315).

Rechtsprechung fordert transparente Erläuterung und "lesbare" Entscheidung  

Der Versicherer muss sein Gründe also nachvollziehbar erläutern und in aller Regel auch Vergleichsbetrachtungen vornehmen, wenn es um Gesundheitsverbesserungen geht. Doch auch eine zu umfassende Erklärung des Versicherers kann zu einer formalen Unwirksamkeit führen. So hatte das LG Waldshut in einer jüngeren Entscheidung bemängelt:

"...Die Mitteilung vom 26. Januar 2015 ist schon viel zu umfangreich geraten. Trotz kleiner Schrift (Schriftgröße 10 pt) und trotz engen Zeilenabstandes (1,0) umfasst das Schreiben acht volle Textseiten. Bei üblichem Druckbild (Schriftgröße 11 pt bis 12 pt, Zeilenabstand von 1,3 Zeilen bis 1,5 Zeilen bzw. von 15 pt bis 18 pt) hätte das Schreiben einen geschätzten Umfang von zwölf oder mehr Textseiten. Die Lektüre eines solch langen ungegliederten Textes zur Begründung einer Leistungseinstellung ist einem durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht zuzumuten...."

Ausufernde Darstellungen sind für Versicherungsnehmer nicht verständlich

Auch eine unverhältnismäßige Gewichtung kann dem Versicherer zum Verhängnis werden. In seiner Entscheidung bemängelte das LG Waldshut zugleich, dass sich die Entscheidung nicht auf einen Vergleich der Umstände einerseits, die dem Leistungsanerkenntnis zugrundelagen, und der Umstände andererseits, die die Leistungseinstellung rechtfertigen sollen, konzentriert hat. Vielmehr werde in großer Ausführlichkeit und ohne Hervorhebung von Schwerpunkten auf Folgendes darauf eingegangen, was der Begriff "Berufsunfähigkeit" sei, welche Angaben der Versicherungsnehmer im Leistungsantrag gemacht habe, welche Angaben er in der Nachprüfung gemacht habe, welche Unterlagen er eingereicht habe usw. Eine strukturierte Begründung fehle indes.

Fazit und Praxistipp

Wenn die Einstellungsmitteilung schon keine inhaltlich ausreichende Begründung hat, kann dahinstehen, ob sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten (vgl. BGH, r+s 1993, 197 unter 1 a). Der Versicherer kann in einem solchen Fall nur "erneut", dann allerdings für die Zukunft seine Leistungen einstellen, sofern er die Begründung dann ausreichend nachliefert.

Wir empfehlen unbedingt, sich bei Erhalt einer Entscheidung im Nachprüfungsverfahren zunächst (fach-) anwaltlich beraten zu lassen und zwar bevor Sie etwaige eigene Schreiben an den Versicherer richten. Hier gibt es verschiedene Aspekte zu beachten und Überlegungen anzustellen. Werden diese ohne anwaltliche Beratung übersehen, kann dies zu fühlbaren Nachteilen führen können.

Die Leistungseinstellung Ihres Versicherers, dies noch als abschließender Hinweis, stellt sich in aller Regel auch bereits als "Rechtsschutzfall" in Ihrer Rechtsschutzversicherung dar, sodass auch insofern frühzeitig fachlich versierte (fach-) anwaltliche Hilfe beansprucht werden kann.

Sprechen Sie uns gerne an: 06221/7151617


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