Berufsunfähigkeitsversicherung - Hohe Anforderungen an eine wirksame Einstellungsmitteilung

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Hohe Anforderungen an die Nachprüfungsentscheidung

Hat der Versicherer seine Leistungspflicht wegen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit seines Versicherungsnehmers erst einmal anerkannt, so kann er den späteren Wegfall seiner Leistungspflicht nur im Wege des sog. Nachprüfungsverfahrens geltend machen. 

Sobald die sog. Erstprüfung über das Bestehen bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit abgeschlossen ist, in der zunächst der Versicherungsnehmer die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen derselben trägt, ändert sich dieser Aspekt maßgeblich.

Unterbleibt die Einstellungsmitteilung oder ist sie rechtsunwirksam, so besteht die anerkannte Leistungspflicht des Versicherers auch dann fort, wenn sich die maßgeblichen Umstände derart geändert haben, dass sie den Versicherer zur Leistungseinstellung berechtigt hätten (BGH, Urteil vom 17.Februar.1993 – IV ZR 162/91 – VersR 1993, 559).

Einfach ausgedrückt:

Selbst wenn der Versicherungsnehmer vollständig genesen ist, wird der Versicherer von einer einmal anerkannten Leistungspflicht erst frei, wenn er sich dazu im Nachprüfungsverfahren mit einer Entscheidung insofern erklärt. Die Anforderungen, auch formaler Natur, sind hoch.

Wirksam ist eine Einstellungsmitteilung nämlich nur dann, wenn der Versicherer nachvollziehbar begründet, warum die vormals anerkannte Leistungspflicht wieder enden soll. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass der Versicherer den Zustand, der seinem Anerkenntnis zugrunde lag, mit dem für das Abänderungsverlangen maßgeblichen Zustand vergleicht und im Detail aufzeigt, aufgrund welcher Veränderungen er eine Einstellung der Leistungen für gerechtfertigt hält.

Stützt der Versicherer die Leistungseinstellung auf eine zwischenzeitliche Verbesserung des Gesundheitszustands des Versicherten, so muss er die gebotene Vergleichsbetrachtung an den geänderten gesundheitlichen Verhältnissen ausrichten. Darüber hinaus hat er die aus den medizinischen Erkenntnissen gewonnenen berufsbezogenen Schlussfolgerungen vergleichend darzulegen.


Außergerichtliche Vereinbarungen müssen besonders beachtet werden.

Ein besonderes Augenmerk auf die Begründung der Einstellungsmitteilung sollte man als Versicherungsnehmer vor allem dann haben, wenn im Rahmen der Leistungsprüfung dem Versicherungsnehmer aus (vermeintlicher) Kulanz des Versicherers zunächst ein Angebot zum Abschluss einer außervertraglichen Vereinbarung unterbreitet wurde und später neuerlich Leistungen beantragt wurden. So lag der Sachverhalt in einer Entscheidung des OLG Saarbrücken (5 U 30/19).

Nach Ablauf der von dem Versicherer auf der Grundlage einer „außervertraglichen Vereinbarung“ erbrachten Zahlungen nahm der Versicherungsnehmer und spätere Kläger eine neue berufliche Tätigkeit auf. Einige Zeit später machte er erneut versicherungsvertragliche Leistungen wegen Berufsunfähigkeit geltend, was dann zu einem Anerkenntsnis des Versicherers führte.

Von diesem Anerkenntnis wollte sich der Versicherer nun einige Zeit später lösen, was ihm jedoch aus formalen Gründen versagt wurde. Die Einstellungsmitteilung eines Berufsunfähigkeitsversicherers kann nämlich aus formalen Gründen unwirksam sein, wenn sie im Rahmen der gebotenen Vergleichsbetrachtung nicht auf die in gesunden Tagen ausgeübte Berufstätigkeit abstellt, sondern auf die nach Abschluss einer im konkreten Fall unzulässigen Kulanzvereinbarung und bis zur Abgabe des späteren Anerkenntnisses neu aufgenommene Tätigkeit.


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