Besonderheiten des Chefarztvertrages

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Der Arbeitsvertrag zwischen dem Chefarzt einer Krankenhausabteilung und dem Krankenhausträger als Arbeitgeber weist einige charakteristische Besonderheiten auf, die es zu beachten gilt. Diese ergeben sich aus seiner in der Klinikstruktur herausragenden Stellung sowie den Verdienstmöglichkeiten aus der Behandlung von Privatpatienten. Trotz seiner Stellung als leitender Arzt ist der Chefarzt kein leitender Angestellter im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes, sodass dieses auf ihn anwendbar ist.

Vergütung

Die Vergütung des Chefarztes besteht in der Regel aus einem festen sowie einem variablen Anteil. Die feste Vergütung stellt das jährliche Grundgehalt dar. Hier kann auch auf einen Tarifvertrag Bezug genommen werden. Eine variable Vergütung kann der Chefarzt für Leistungen aus seinem Liquidationsrecht oder auch in Form von Bonuszahlungen aus einer Zielvereinbarung erhalten.

Das Liquidationsrecht ist Besonderheit und zugleich Kern der chefärztlichen Vergütung. Dieses kann in Form eines eigenen Liquidationsrechts oder als Liquidationsbeteiligung mit dem Krankenhausträger vereinbart werden. Das frühere ureigene Liquidationsrecht des Chefarztes wird nunmehr zunehmend von der bloßen Beteiligungsform abgelöst. Die Beteiligung erfolgt prozentual an den Brutto-Liquidationserlösen des Krankenhauses. Die an der Behandlung beteiligten, dem Chefarzt nachgeordneten Ärzte sind ebenfalls an den Liquidationseinnahmen aus einem Pool zu beteiligen. Selbst wenn dies der Chefarztvertrag nicht ausdrücklich vorsieht, ergibt sich eine entsprechende berufsrechtliche Verpflichtung des Chefarztes aus den jeweiligen Berufsordnungen der einzelnen Ärztekammern (vgl. auch § 29 Abs. 3 Musterberufsordnung Ärzte). Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Urteil vom 30.03.2022, Az.: 10 AZR 419/19) können entsprechende Ansprüche der nachgeordneten Ärzte aus dem Chefarztvertrag als Vertrag zugunsten Dritter abgeleitet werden, soweit dieser einer Beteiligungsklausel vorsieht.

Die Zielvereinbarung beinhaltet wirtschaftliche Vorgaben für den Chefarzt, die zu einer zusätzlichen Bonuszahlung führen. Mögliche Ziele können die Inanspruchnahme nicht-ärztlicher Wahlleistungen, Einführung neuer Behandlungsmethoden, Maßnahmen und Ergebnisse zur Qualitätssicherung oder Personen- und Sachkosten sein. Zulässig sind auch sog. Bonus-Malus-Regelungen, d. h. der Chefarzt kann auch an den Verlusten des Krankenhausträgers beteiligt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass die Zielvereinbarung nicht in die ärztliche Therapiefreiheit eingreift.

Entwicklungsklausel

Eine Entwicklungsklausel ist eine Vereinbarung im Chefarztvertrag, die dem Krankenhausträger das Recht zu umfassenden Umstrukturierungsmaßnahmen einräumt, z. B. die Zusammenlegung, Abtrennung und Schließung von Abteilungen, ohne dass dieser eine Änderungskündigung aussprechen muss. Diese können mit erheblichen Gehaltseinbußen in Bereich der variablen Vergütung verbunden sein. Solche Klauseln stellen in der Regel sog. Allgemeine Geschäftsbedingungen dar und müssen daher seit der Neufassung der §§ 307, 308 Nr. 4 BGB zum 01.01.2002 zum Schutz des Chefarztes bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

  • Die Klausel muss hinreichend bestimmt sein, d. h. sie muss konkrete Situationen und Bedingungen enthalten, in denen strukturelle und organisatorische Änderungen möglich sind. Dazu gehören medizinische und technische Entwicklungen, behördliche Maßnahmen und Maßnahmen im Bereich der Krankenhausplanung.


  • Der Chefarzt muss an den Maßnahmen beteiligt werden. Die entsprechenden Veränderungen müssen im Benehmen mit dem Chefarzt vorgenommen werden.

Sollte die Klausel diesen Vorgaben nicht entsprechen ist sie unwirksam und der Krankenhausträger muss eine Änderungskündigung aussprechen.

Bei der Gültigkeit von Entwicklungsklauseln kommt es daher auf deren Formulierung im Einzelfall an. Hier sollte insbesondere darauf geachtet werden, dass bei breit gefächerten Fachrichtungen der medizinische Schwerpunkt der Tätigkeit erhalten bleibt.

Viele Krankenhausträger entwerfen ihre Chefarztverträge auf Grundlage des von der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) herausgegebenen Musterformulars. Dieses berücksichtigt in erster Linie die Interessen der Krankenhäuser als Arbeitgeber und stellt oftmals nicht den für den Chefarzt günstigsten Entwurf dar. Daher ist bereits frühzeitig, d. h. schon während der Vertragsverhandlungen, eine anwaltliche Beratung zu empfehlen. Wir beraten Sie gerne vor Abschluss Ihres Vertrages, prüfen Vertragsentwürfe oder auch Ihren bestehenden Altvertrag.


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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