Betriebs-Prüfung: Schätzungen müssen nachvollziehbar sein

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Die Rechtsanwälte der Sozietät LHP aus Köln und Zürich weisen auf ein für viele Unternehmer interessantes Urteil bei Betriebs-Prüfungen hin. So hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) als höchstes deutsches Steuergericht mit der Frage auseinandergesetzt, unter welchen Voraussetzungen die so genannte Richtsatzsammlung der Finanzämter bei Schätzungen nicht angewandt werden kann darf. Die Richtsatzsammlung sorgt bei vielen Unternehmern für Unmut, weil sich die Finanzämter bei Schätzungen an ihr orientieren und die weite Spannbreite dieser Tabelle zu unrealistischen Ergebnissen führen kann.

Hier kann das aktuelle Urteil des BFH v. 23.4.2015 helfen. Kurz zusammengefasst führt er in seinem Urteil aus:

„Führt die Schätzung auf der Grundlage der Richtsatzsammlung bei einer Gesamtwürdigung zu einer offensichtlich unzutreffenden Besteuerung, entfällt die Bindungswirkung der Richtsatzsammlung.“ (Aktenzeichen: V. R 32/14).

Bei der Richtsatzsammlung handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, an welche die Finanzbehörden (Betriebs-Prüfung) gebunden sind. Dies bedeutet, dass diese sich in der Praxis hieran orientieren. Jedoch darf dies nicht dazu führen, dass diese Richtlinien auch dann angewandt werden, wenn diese zu einem offensichtlich unzutreffenden Ergebnis führen. Denn es handelt sich um keine Gesetze, sondern lediglich um Sammlungen von Erfahrungswerten, die jedoch im Einzelfall auf ihre Plausibilität überprüft werden müssen. So hat der BFH im oben genannten Urteil auch darauf hingewiesen, dass das Finanzamt bzw. Finanzgericht nicht an die Richtsatzsammlung gebunden ist, wenn diese zu nicht nachvollziehbaren Ergebnissen führen würde. Mit anderen Worten: Ein Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich, vernünftig und plausibel sein (vgl. auch das BFH-Urteil vom 12.11.2009, Aktenzeichen: VI. B 66/09).

In der Praxis ist auch wichtig zu wissen, dass eine Schätzung durch eine Betriebs-Prüfung oftmals nur durch das Finanzgericht, jedoch nicht durch den Bundesfinanzhof überprüft werden kann. Dies liegt darin, dass es sich bei einer Schätzung (ebenso wie bei der Auswahl der Schätzungsmethode) grundsätzlich um so genannte tatsächliche Feststellungen des Finanzgerichts handelt, an welche der Bundesfinanzhof gebunden ist. Mit einer Revision kann daher in der Regel nicht gerügt werden, dass eine Schätzung unzutreffend ist. Mit anderen Worten: Spätestens in der Instanz des Finanzgerichts sollte ein versierter Rechtsanwalt alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte einbringen. Urteilt das Finanzgericht ablehnend, gibt es oft keinen weiteren Rechtsschutz (dies sollte mit einem Rechtsanwalt besprochen werden).

Ein Revisionsgrund als „Eintrittskarte“ zum Bundesfinanzhof kann allenfalls dann bestehen, wenn bestimmte Verfahrensfehler vorliegen oder eine Schätzung willkürlich ist oder in sonstiger Weise nicht nachvollziehbar durchgeführt wurde, sodass diese den so genannten Denk- oder allgemeinen Erfahrungssätzen widerspricht.

Die Sozietät LHP möchte daher die besondere Bedeutung einer überlegten Vorgehensweise in der Betriebs-Prüfung betonen: Der oben genannte eingeschränkte Rechtsschutz führt dazu, dass bereits im Einspruchs- und spätestens im Klageverfahren beim Finanzgericht sämtliche Argumente vorgetragen werden sollten und es sich anbietet, effektiven Rechtsschutz durch einen versierten Rechtsanwalt einzuholen. Das Feld der Betriebs-Prüfung ist mittlerweile zu einem Spezialgebiet geworden.

Die Sozietät LHP bietet deutschlandweit die Beratung und Begleitung bei Betriebs- und Sozialversicherungs-Prüfungen an. Hierbei arbeitet die Sozietät LHP je nach Einzelfall auch mit dem laufenden Steuerberater zusammen.

Weitere Informationen unter: https://www.lhp-rechtsanwaelte.de/themen/betriebspruefung/

RA Dirk Beyer

Fachanwalt für Steuerrecht

LHP Rechtsanwälte Köln, Zürich


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