Beweiswert des Krankenscheins: Darauf müssen Arbeitnehmer achten (aktuelles Urteil)

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Ein Beitrag von Fachanwalt für Arbeitsrecht Alexander Bredereck und Dr. Attila Fodor, Berlin und Essen.

Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung droht auf lange Sicht herabgestuft zu werden. In Gang gesetzt wurde diese Tendenz durch die telefonische und die Online-Krankschreibung, die beide wohl einen deutlich geringeren Beweiswert haben, als der vom Arzt persönlich ausgestellte Krankenschein.

Jetzt entschied das Bundesarbeitsgericht (am 08.09.2021), dass ein vom Arzt persönlich ausgestellter Krankenschein unter bestimmten Umständen seinen Beweiswert verliert, sofern der Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit am Tag der Kündigung beginnt und bis zum Ende der Kündigungsfrist läuft.

Der Kündigungsschutzexperte Anwalt Bredereck bespricht das Urteil und gibt Tipps für Arbeitnehmer, wie sie Fehler bei der Krankschreibung vermeiden können:

Zum Fall: Eine Arbeitnehmerin hatte selbst gekündigt und ihrem Arbeitgeber einen Krankenschein vorgelegt, der exakt die Restlaufzeit des Arbeitsverhältnisses umfasste. Zuvor hatte sie einem Kollegen am Arbeitsplatz gesagt, sie werde nach der Kündigung nicht mehr zur Arbeit gehen. Das bekam der Arbeitgeber mit.

Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos und behielt den restlichen Lohn der Arbeitnehmerin ein. Dagegen klagte sie mit einer Kündigungsschutzklage – zunächst mit Erfolg!

In der Revision beurteilte das Bundesarbeitsgericht die Sache aber anders und sah den Beweiswert des Krankenscheins durch das Zusammenspiel der Umstände erschüttert, weil nämlich die Arbeitnehmerin sich am selben Tag der Kündigung über exakt den verbliebenen Arbeitszeitraum krank schrieb, und sie ihr Fehlen am Arbeitsplatz auch noch angekündigt hatte.

Daher bestand, so das Gericht, ausreichend Zweifel daran, dass die Arbeitnehmerin arbeitsunfähig krank gewesen sei. Der Krankenschein habe durch die Umstände seinen Beweiswert, den er normalerweise hat, verloren.

Die Arbeitnehmerin war nun gezwungen, ihre Arbeitsunfähigkeit anders unter Beweis zu stellen, etwa indem sie ihren Arzt von der Schweigepflicht entbindet und als Zeugen benennt – was sie nicht tat. Die Folge: Der Arbeitgeber durfte davon ausgehen, dass sie ihre Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hat – und ihr deshalb fristlos kündigen.

Wie vermeiden Sie also Fehler bei der Krankschreibung?

1. Schaffen Sie keine Indizien, die auf eine Vortäuschung der Arbeitsunfähigkeit hindeuten!

Gehen Sie nicht zum Impftermin, wenn Sie wegen einer Grippe krank geschrieben sind; machen Sie keinen Ski- oder Fahrradurlaub, wenn Sie wegen verstauchter Knöchel krank geschrieben sind; drohen Sie ihrem Chef nicht mit Aussagen, wie: „Wenn du mir keinen Urlaub gibst, mache ich krank!“; sprechen Sie mit Ihrem Chef oder mit Kollegen nicht darüber, dass Sie in Zukunft krankheitsbedingt fehlen könnten.

2. Vorsicht mit der telefonischen und der Online-Krankschreibung!

Jedenfalls wenn Sie sich am Arbeitsplatz auf der Abschussliste fühlen, rate ich dringend davon ab, einen telefonischen oder einen Online-Krankenschein einzureichen.

Wer sich schlecht fühlt oder Schmerzen hat, sollte grundsätzlich, besonders aber bei unsicherer Lage am Arbeitsplatz oder im Fall einer Kündigung, zu einem Arzt gehen und sich von ihm nach persönlicher Untersuchung gegebenenfalls krank schreiben lassen.

Falls der Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit anzweifelt und Ihnen kündigt, können Sie Ihren Arzt dann immer noch als Zeugen hinzuziehen und die Erkrankung notfalls vor Gericht beweisen.

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