Bewertung von Immobilien im Pflichtteilsrecht: Verkaufspreis ist Bewertungsgrundlage

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Die Wertermittlung von Gegenständen und vor allem Immobilien des Erblassers ist  häufig ein Streitpunkt zwischen Erben und Pflichtteilsberechtigten. 

Für Enterbte, also Pflichtteilsberechtigte, ist höchst interessant, was eine Immobilie im Nachlass wert ist. Das zu ermitteln ist manchmal gar nicht so einfach. Ist es der Wert im Todeszeitpunkt oder der Wert am Tag des Verkaufs? Was ist überhaupt ein "Wert"? 

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dazu eine klare Meinung:

Der maßgebliche Zeitpunkt für die Bewertung der Nachlassimmobilie ist der Zeitpunkt des Erbfalls (BGH, NJW-RR 1993, 131; NJW-RR 1991, 900). 

Der Pflichtteilsberechtigte muss zur Bezifferung seiner Ansprüche den "gemeinen" Wert kennen. Das ist der Wert, den die Immobilie bei einem Verkauf im Todeszeitpunkt erzielen würde (BGH NJW 1982, 2497; NJW-RR 1993, 834). Schätzungen haben laut BGH den Nachteil, dass sie Ungenauigkeiten beinhalten könnten. 

Der Verkaufspreis (Wert) ist maßgebliche Bewertungsgrundlage gemäß § 2311 BGB - und das auch noch bis zu fünf Jahre nachdem ein Mensch verstorben ist. Ausnahmen davon gibt es laut BGH wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Der Verkaufspreis als Maßstab ist nicht in Stein gemeißelt. 

Es ist gleichgültig, ob der Verkaufspreis höher oder niedriger ist als der Wert eines Sachverständigengutachtens.

Wichtig: Für die Bewertung im Rahmen der Pflichtteilsansprüche ist nicht maßgeblich, ob die Immobilie unter oder über dem "Schätzwert" verkauft wurde. Der Pflichtteilsberechtigte muss seine Ansprüche beweisen. Sollte der Verkaufspreis unter dem Verkehrswert geblieben sein, muss der Pflichtteilsberechtigte darlegen und beweisen, dass sich die Marktverhältnisse seit dem Todesfall verändert haben.

Wurde die Immobilie über dem Schätzwert verkauft, muss der Pflichtteilsberechtigte beweisen, dass sich die Marktlage seit dem Todesfall nicht oder nur unwesentlich geändert hat.

Der Pflichtteilsberechtigte muss letztlich auch noch darlegen und beweisen, falls es seit dem Todesfall auf der Immobilie bauliche Veränderung gab oder solche gerade nicht erfolgt sind.

5 Jahre sind ein langer Zeitraum für solche Beweispflichten. Der BGH hält sie für "hinnehmbar".

(BGH Beschluss vom 25.11.2010 - IV ZR 124/09, Beck RS 2010, 30052)


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