Bewertungen insbesondere im Internet – mit einem Bein im Knast? (Teil 3 von 3)

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5. Sicherung von Beweismitteln

Im Falle eines gerichtlichen Vorgehens sollte man im Vorfeld bereits darauf achten, dass die entsprechenden Beweismittel gesichert werden. Dies geschieht in der Regel durch das Kopieren des Portals bzw. der konkreten Website, auf dem sich die beanstandete Äußerung befindet. Diese Kopie sollte das Datum ihrer Erstellung aufweisen, da man sonst seine Behauptung vor Gericht nicht beweisen kann, wenn die beanstandete Äußerung zwischenzeitlich gelöscht wurde.

6. Wo muss Klage/Antrag auf einstweilige Verfügung eingereicht werden?

Wenn man als betroffener Bewerteter gegen einen Portalbetreiber juristisch vorgehen möchte, kann man dies mit dem geschilderten juristischen Instrumentarium.(s. o.) tun. Bei welchem Gericht dann eine Klage einzureichen ist, ergibt sich aus den Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung. In aller Regel wird dies der Sitz des Unternehmens seien. Da zahlreiche Portale (Google, Yelp etc. ) aber ihren Sitz im Ausland haben, wird in vielen Fällen ein Vorgehen bereits daran scheitern, unabhängig davon, ob dieser sich noch in einem Mitgliedstaat innerhalb der EU befindet oder gar den USA.

Das OLG Düsseldorf hat in einem derartigen Fall entschieden, dass eine Klage durchaus auch bei einem deutschen Gericht eingereicht und zugestellt werden kann. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall, konnte sich Facebook daher nicht darauf berufen, dass die Zustellung einer Klage gegen Facebook am Sitz dieses Unternehmens in Irland nur in deutscher Sprache erfolgte und die Zustellung eines Beschlusses deswegen unzulässig und rechtsmissbräuchlich war. Dabei komme es nicht auf die persönlichen Fähigkeiten der Mitglieder der Geschäftsleitung an, also ob diese der deutschen Sprache mächtig sind, sondern auf das Unternehmen als solches.

Wenn dieses  –  wie hier Facebook  –  eine Plattform in deutscher Sprache betreibe, über eine Vielzahl von Nutzern in der Bundesrepublik Deutschland verfüge und die Plattform auch vollständig in deutscher Sprache zur Verfügung stelle, könne es sich nicht darauf berufen, dass die Mitarbeiter seiner Rechtsabteilung nicht der deutschen Sprache mächtig seien und der zugestellte Beschluss in übersetzter Form hätte zugestellt werden müssen. Daraus ergebe sich vielmehr, dass die Behauptung mangelnder Kenntnisse der deutschen Sprache und daher Beschwerden, Gerichtsbeschlüsse oder Mitteilung auf Deutsch in vollem Umfange nicht verstanden würden und das Unternehmen sich ohne die Unterstützung eines externen Beraters auf Deutsch sich nicht in verteidigen könne.

Diese Behauptung stelle eine reine Schutzbehauptung dar. Auch sei gerichtsbekannt, dass sämtliche Dokumente wie zum Beispiel allgemeine Geschäftsbedingungen oder die Gemeinschaftsstandards in deutscher Sprache gehalten seien. Daraus ergebe sich auch, dass die Geltung deutschen Rechtes vereinbart wurde (OLG Düsseldorf vom 18.12.2019; Az. I  –  7 W 66/19 WRP 2020, S.214).

Die Betreiber von Portalen haften nur dann für Bewertungen durch Dritte, wenn sie sich diese „zu eigen“ machen (BGH vom 27.3.2012“ Az. VI ZR 144/11; BGH vom 25.10.2011, Az. VI ZR 93/10, BGH vom 20.2.2020; Az. ZR 193/18). Zu eigen macht es sich diese Äußerungen, wenn es einer von außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die auf seiner Internetseite veröffentlichten Inhalte übernimmt. Dafür spricht es nach Auffassung des BGH (BGH vom 3.4.2017; Az. VI ZR 123/16) auch, wenn er eine inhaltliche Überprüfung der auf seinem Portal eingestellten Nutzerbewertungen auf Vollständigkeit und Richtigkeit vornimmt. Der Portalbetreiber wird dadurch selbst zum Störer.

Zu eigen machen bedeutet, dass nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung übernimmt. Dabei ist nach Auffassung des BGH aber Zurückhaltung geboten. Beiträge inhaltlich minus redaktionell der Nutzerbewertung den auf Vollständigkeit und Richtigkeit, so sei darin noch kein zu machen sie zu sehen. Einige vorherige automatische Überprüfung der Nutzerbewertungen reichen nicht aus (BGH WRP 2020, Seite 483)

Macht ein Bewerteter das Portal auf Fehler in Bewertungen aufmerksam, muss das Portal dem nachgehen, zum Beispiel überprüfen, ob es den Kritiker wirklich gibt, diesen nach der Begründung seiner Äußerung fragen und um eine entsprechende Stellungnahme bitten.

7. Strafrechtliche Aspekte – AG Starnberg: Strafbefehl über 5400 € wegen Beleidigung und Einzug des Laptops

Wenn eine Strafanzeige auch nicht sofort die Justizmaschinerie in Bewegung setzen mag, so kann sie jedoch für den Kritiker zu ganz erheblichen Folgen führen und damit auch eine entsprechende abschreckende Außenwirkung erzeugen.

In Betracht kommen Strafanzeigen wegen Beleidigung nach § 184 f StGB. So hat zum Beispiel das Amtsgericht Starnberg im Jahr 2018 einen Strafbefehl über 5400 € gegen einen Kritiker erlassen, der sich als Journalist bezeichnete und im Internet auf Facebook für jedermann einsehbar negative Äußerungen über Markus Söder und Hubert Eilwanger tätigte (Korruption, Vetternwirtschaft, unfaire Gerichtsverfahren, Krebsgeschwür etc.). Die Staatsanwaltschaft meinte, dass das geeignet war, den Vertreter einer politischen Parteien Bayern erheblich zu beeinträchtigen.

Der Verfasser wurde daher beschuldigt, gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Partei öffentlich eine Verleumdung aus Beweggründen begangen zu haben, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen und dessen öffentliches Leben erheblich erschweren würde. Gleichzeitig wurde der Laptop beschlagnahmt und dem Kritiker die Kosten des Verfahr auferlegt.

Im Übrigen können derartige Äußerungen auch als Volksverhetzung gemäß § 130 Strafgesetzbuch verfolgt werden

8. Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz – NetzDG)

Auch die Bundesregierung hat ein Gesetz zur Bekämpfung von Hasskriminalität im Internet am 19.2.2020 beschlossen. Danach gibt es eine Meldepflicht der Plattformbetreiber bei Hate-Speech und eine Herausgabepflicht von Passwörtern. Für sexuelle Übergriffen, Beleidigungen, Straftaten mit antisemitischem Hintergrund sind höhere Strafen vorgesehen.

Das am 1.10.2017 in Kraft getretene NetzDG sollte nur ein erster Schritt zur Bekämpfung von strafbaren Hassinhalten im Netz. Die Verpflichtung der sozialen Netzwerke, benutzerfreundliche Meldewege zur Übermittlung von Beschwerden über strafbare Inhalte einzurichten, scheint erfolgreich. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz verpflichtet Plattformbetreiber, ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit Beschwerden vorzuhalten, das für Nutzer leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar ist.

Offensichtlich rechtswidrige Inhalte müssen in der Regel innerhalb von 24 Stunden nach Eingang der Beschwerde entfernt werden. Für Inhalte, deren Rechtswidrigkeit nicht offensichtlich ist, gilt eine Sieben-Tages-Frist mit Verlängerungsmöglichkeit, wenn mehr Zeit für die rechtliche Prüfung benötigt wird ( zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Netzwerkdurchsetzungsgesetz s.a. Härting, IPRB, 2020, S. 69 f ). 

9. Wiederveröffentlichung gelöschter Bewertungen ?

Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat am 4.11.2019 den Entwurf eines „Gesetz zur nachdrücklichen strafrechtlichen Bekämpfung der Hassrede und anderer besonders verwerflicher Formen der Beeidigung“ vorgelegt, mit dem gegen schwere Beleidigung, schwere üble Nachrede, schwere Verleumdung vorgegangen mit bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe vorgegangen werden soll. Das gilt, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreitung von Schriften begangen worden ist (§ 188 Abs. 1 Nr. 1 StGB), einen rassistischen, fremden, fremdenfeindlichen, antisemitischen oder sonstigen menschenverachtenden Inhalt hat oder von derartigen Beweg-gründen getragen ist ( § 188 Abs. 1 Nr. 1 StGBE).

Eine eigene Bestimmung gilt, wenn sie sich gegen eine im politischen ‚auch kommunalpolitischen Leben des Volkes stehende Person richtet und in Beziehung zu deren politischer Betätigung steht. Im Falle einer üblen Nachrede kann die Strafe sogar bis zu drei Jahren betragen und bei Verleumdung sogar bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe betragen.

10. Anspruch auf Auskunft in Bezug auf Daten eines Kommentators wegen 

rechtswidrigen Kommentars ?

Das LG Berlin hat entschieden, dass ein Diensteanbieter einer Person Auskunft über einen Verfasser eines rechtswidrigen Kommentars nach § 14 Abs. 3 des Teleme-diengesetzes (TMG) erteilen darf. In dem dieser Entscheidung zu Grunde liegenden Fall war eine bundesdeutsche Politikerin in massiver Weise im Internet beleidigt worden. Das LG Berlin sprach ihr ein Recht auf Auskunft über die Daten des Verfassers zu. Erst dies ermögliche ihr, gegen den Nutzer rechtlich vorzugehen ( LG Berlin vom 27. 11. 2019; Az. 27/ AR 17/19, K&R 2020,231).

Verfasser: Dr. Peter Schotthöfer



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