BGH bestätigt Urteil des LG Hamburg gegen Feuerwehrmann wegen fahrlässiger Tötung

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Der BGH hat die Verurteilung u.a. wegen fahrlässiger Tötung bei Verkehrsunfall zwischen Feuerwehrfahrzeug und Linienbus bestätigt.

Das Landgericht Hamburg hat den Fahrer eines Feuerwehreinsatzfahrzeuges wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen in Tateinheit mit zweiundzwanzigfacher fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Der Angeklagte war am 06. Juli 2011 in Hamburg-Tonndorf bei eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn trotz Rotlicht anzeigender Lichtzeichenanlage mit unverminderter Geschwindigkeit auf einen Kreuzungsbereich zugefahren und dort mit einem Linienbus kollidiert. Bei dem Verkehrsunfall wurden zwei Fahrgäste des Linienbusses getötet und zahlreiche weitere Businsassen sowie vier Feuerwehrleute teils schwer verletzt.

Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Angeklagten als unbegründet verworfen. Das Urteil des Landgerichts ist somit rechtskräftig.

(BGH, Beschluss vom 16.07.2013 - 4 StR 66/13)

Das Landgericht hatte wie folgt geurteilt:

Das Landgericht Hamburg hatte den Fahrer eines Feuerwehrfahrzeugs, der am 6. Juli 2011 auf der Stein-Hardenberg-Straße vor dem Tonndorfer Bahnhof einen schweren Verkehrsunfall mit einem Linienbus verursachte, wegen fahrlässiger Tötung in zwei Fällen sowie wegen fahrlässiger Körperverletzung in 22 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde auf 2 Jahre zur Bewährung ausgesetzt (628 KLs 3/12).

Die zuständige Große Strafkammer geht nach der Beweisaufnahme davon aus, dass der Angeklagte seine Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem er bei für ihn „roter Ampel" zu schnell in den Einmündungsbereich einer Kreuzung eingefahren ist, sodass er nicht mehr rechtzeitig bremsen konnte, um die Kollision mit dem aus der Einmündung heranfahrenden Bus zu vermeiden. Nicht erwiesen ist hingegen, dass der Angeklagte erst zu spät das Martinshorn eingeschaltet hat.  

Die Beweisaufnahme, in deren Verlauf 34 Zeugen und ein Sachverständiger gehört wurden, hat folgenden Sachverhalt ergeben:

Das Feuerwehrfahrzeug befuhr am 6. Juli 2011 kurz nach 14.00 Uhr auf dem Weg zu einem Löscheinsatz mit einer Geschwindigkeit von 63 km/h die Stein-Hardenberg-Straße in Richtung Rahlstedt. Auf der Höhe des in Fahrtrichtung rechts gelegenen Bahnhofs Tonndorf musste das Einsatzfahrzeug die durch eine Ampelanlage gesicherte Einmündung vom Bahnhofsvorplatz auf die Stein-Hardenberg-Straße passieren. Die Ampel zeigte bereits „rot", als das Fahrzeug noch 128 Meter entfernt war. Der Angeklagte fuhr in den Einmündungsbereich ein und kollidierte dort mit einem HVV-Gelenkbus der Linie 9. Dieser war zuvor bei „grüner Ampel" angefahren, um vom Bahnhofsvorplatz nach links in die Stein-Hardenberg-Straße in Richtung Wandsbek-Markt zu fahren. Der Angeklagte hatte, nachdem er den Bus bemerkt hatte, noch etwa 40 m vor der Kollisionsstelle stark gebremst. Trotzdem hatte sein Fahrzeug noch eine Geschwindigkeit von 43 km/h, als es frontal gegen die linke Seite des Busses fuhr. Bei dem Unfall wurden zwei Fahrgäste getötet und 17 weitere z. T. schwer verletzt. Auch vier Besatzungsmitglieder des Einsatzfahrzeugs und der Angeklagte erlitten Verletzungen.

Der Angeklagte hat nach der Überzeugung der Großen Strafkammer 28 fahrlässig gehandelt, weil er, nachdem die Ampel auf „rot" umgesprungen war, die Geschwindigkeit seines Fahrzeugs nicht angemessen abbremste, obwohl ihm das möglich gewesen wäre. Von einem Feuerwehrfahrzeug müsse auch bei Inanspruchnahme von Sonderrechten ein die konkrete Verkehrssituation berücksichtigendes Fahrverhalten erwartet werden. Den Fahrer, der Sonderrechte in Anspruch nehme, treffe sogar eine erhöhte Sorgfaltspflicht, denn dadurch, dass er sich von den sonst geltenden Verkehrsregeln löse, schaffe er eine besonders gefährliche Situation. Entsprechend dürfe beim Passieren einer „roten Ampel" mit Sonderrechten im Nahbereich von 20 m vor einer Kreuzung/Einmündung nicht schneller als 30 km/h gefahren werden, wenn nicht feststeht, dass die Kreuzung frei ist. Nur dann könne noch erfolgreich reagiert werden, wenn andere Verkehrsteilnehmer (auch Fahrradfahrer oder Fußgänger) die Sonderrechte des Einsatzfahrzeugs missachteten.

Als nicht erwiesen hat das Gericht dagegen den ebenfalls erhobenen Vorwurf angesehen, der Angeklagte habe zu spät das Martinshorn eingeschaltet. Die sehr unterschiedlichen Angaben der zahlreichen Zeugen zur Dauer des Hornsignals vor der Kollision führten dazu, dass insoweit keine ausreichend sicheren Feststellungen getroffen werden konnten. Weil bei verbleibenden Zweifeln immer die für den Angeklagten günstigste mögliche Sachverhaltsvariante angenommen werden muss, geht die Kammer davon aus, dass der Angeklagte das Martinshorn rechtzeitig eingeschaltet hat. Das lässt jedoch nicht den Rückschluss zu, der Busfahrer habe das rechtzeitig eingeschaltete Horn ignoriert. Mangels Aufklärbarkeit dieses Punktes müsste nach der Zweifelsregelung auch für ihn die günstigere Sachverhaltsvariante angenommen werden, d. h., dass das Horn nicht rechtzeitig eingeschaltet wurde.

Die schweren Folgen der Tat führten dazu, dass das Gericht eine Freiheitsstrafe als tat- und schuldangemessen ansah und keine Geldstrafe verhängte. Die Freiheitsstrafe war jedoch im untersten Bereich des bis zu fünf Jahren reichenden Strafrahmens anzusiedeln. Auch konnte ihre Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden. Bei der Strafzumessung fiel zu Gunsten des Angeklagten ins Gewicht, dass er sich wegen des bevorstehenden Einsatzes in einer besonders angespannten Situation befunden hat. Es war für ihn zudem von besonderer Bedeutung, schnell am Einsatzort anzukommen, um dort helfen zu können. Trotz eigener Verletzungen hat er nach dem Unfall sofort die Hilfsmaßnahmen für die Unfallopfer unterstützt. Auch leidet er nach wie vor psychisch an den Folgen der Tat.


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