BGH: Pressefreiheit gilt auch für Werbezeitschriften

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Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 05 Februar 2015 (I ZR 136/13 – TIP der Woche) zu der Frage Stellung genommen, ob und inwieweit ein Herausgeber einer Werbezeitschrift sich auf die Pressefreiheit berufen kann und dies eine Haftung für wettbewerbswidrige Werbung Dritter ausschließen kann.

Der I. Zivilsenat des BGH hat in seiner Entscheidung mit Bezug auf vergangene Rechtsprechung zunächst klargestellt, in den Schutzbereich der Pressefreiheit sind nicht nur Presseerzeugnisse im herkömmlichen Sinne einbezogen, sondern auch Zeitschriften, die neben Werbung zumindest auch unterhaltende Beiträge wie Horoskope, Rätsel oder Prominentenporträts enthalten, so der BGH. 

Eine Haftung des Herausgebers des Werbeblattes hat der Bundesgerichtshof für den konkreten Fall hingegen bejaht. Der Herausgeber kann sich nicht erfolgreich auf die Pressefreiheit berufen, um einer Haftung für wettbewerbswidrige Werbung Dritter in dem Werbeblatt zu entgehen, da die konkrete Werbezeitschrift im Hinblick auf ihren presserechtlichen Schutz einem reinen Werbeprospekt gleichstehe. Daher kommt der Herausgeber nicht in den Genuss einer eingeschränkten Prüfpflicht, die nur für grobe oder unschwer erkennbare Rechtsverstöße bestehen soll (BGH GRUR 1990, 1012, 1014 – Pressehaftung I; GRUR 1992, 618, 619 – Pressehaftung II)

Der Schutzumfang der Pressefreiheit ist umso geringer, je weniger ein Presseerzeugnis der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse oder der Einwirkung auf die öffentliche Meinung dient und je mehr es eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art verfolgt. Danach kann sich ein Presseunternehmen grundsätzlich nicht mit Erfolg auf die Grundsätze der eingeschränkten Haftung der Presse für wettbewerbswidrige (hier im Sinne von § 5 UWG irreführende) Werbeanzeigen Dritter berufen, wenn die fragliche Zeitschrift keinen nennenswerten meinungsbildenden Bezug hat, sondern nahezu ausschließlich Werbung enthält, so der Bundesgerichtshof.

Fazit

Herausgeber von Werbezeitschriften können nicht automatisch davon ausgehen, dass sie sich stets auf eine eingeschränkte Prüfpflicht vor dem Hintergrund der Grundgesetzlich garantierten Pressefreiheit berufen können. Je weniger tatsächlich (über reine Werbung hinaus) meinungsbildender Inhalt in der Werbezeitschrift enthalten ist, desto eher sollten die aufgenommenen Anzeigen auf mögliche Wettbewerbsverstöße (insbesondere vergleichende und irreführende Werbung) überprüft werden.

Ansonsten ist es nur konsequent, dass der Bundesgerichtshof noch einmal klarstellt, dass die Pressefreiheit grundsätzlich auch Presseerzeugnissen im weniger herkömmlichen Sinne zukommt. Wie weit diese Publikationen dann tatsächlich der Befriedigung eines Informationsbedürfnisses von öffentlichem Interesse zukommt und nicht vornehmlich eigennützige Geschäftsinteressen wirtschaftlicher Art verfolgen ist dann eine Frage des jeweiligen Einzelfalls.

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