BGH-Urteil zum Besichtigungsrecht

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In der Immobilienmiete ist der Bewohner einer Wohnung verpflichtet, dem Eigentümer Zugang zu den Räumlichkeiten zu ermöglichen, sofern eine sachlich begründete Notwendigkeit dafür vorliegt und dies vorab angekündigt wurde. Ein solches Szenario könnte beispielsweise die Besichtigung der Räumlichkeiten durch potenzielle Käufer umfassen.

Kontext: Eigentümer möchte die Wohnung für Kaufinteressenten öffnen Die Eigentümer des Mietobjekts haben die Mieterin darum gebeten, Zugang für eine Besichtigung der Wohnung mit potenziellen Käufern zu ermöglichen.

Der standardisierte Mietvertrag aus dem Jahr 2017 enthält eine entsprechende Klausel, die besagt, dass dem Eigentümer oder einem bevollmächtigten Dritten aus speziellen Gründen, insbesondere bei einer Beendigung des Mietverhältnisses oder dem geplanten Verkauf des Mietobjekts, ein Recht zur Besichtigung der Räumlichkeiten zusteht. Diese sollte zu allgemein üblichen Tageszeiten und nach einer angemessenen Vorankündigung an Werktagen, inklusive samstags, erfolgen.

Erstmalig im Jahr 2019 äußerten die Eigentümer den Wunsch, im Kontext eines angestrebten Verkaufs der Immobilie, die Wohnung zusammen mit Maklern und Interessenten zu besichtigen. Die Mieterin verweigerte die Zustimmung, indem sie auf eine erhebliche psychische Beeinträchtigung verwies. Daraufhin reichten die Eigentümer eine Klage ein, um an Werktagen zwischen 10 und 18 Uhr nach einer mindestens dreitägigen Vorankündigung Zutritt zur Wohnung zu erhalten.

Das Amtsgericht stimmte der Klage zu, jedoch wurde diese vom Landgericht abgelehnt. Zwar besitzen Eigentümer im Allgemeinen das Recht auf Besichtigung, jedoch gab ein psychiatrisches Gutachten in diesem speziellen Fall Aufschluss darüber, dass eine Besichtigung für die Mieterin, die bereits über zwei Jahrzehnte psychiatrisch behandelt wird und mehrere Suizidversuche hinter sich hat, eine erhebliche Verschlechterung ihres gesundheitlichen Zustands, bis hin zu Suizidgefahr, bedeuten könnte. In diesem Kontext wurden die Interessen der Mieterin als höher eingestuft.

Urteil: Situationsbedingtes Besichtigungsrecht für Eigentümer Der Bundesgerichtshof hebt das Urteil des Landgerichts auf und verwies den Fall zurück zur erneuten Entscheidung.

Während des Mietverhältnisses ist das uneingeschränkte Gebrauchsrecht an den gemieteten Räumlichkeiten dem Mieter zugeordnet. Zudem unterliegt die Wohnung, als persönlicher Lebensraum, dem Schutz von Art. 13 Abs. 1 des Grundgesetzes ("Wohnungsgrundrecht"). Allerdings haben Mieter auch die Nebenpflicht, dem Eigentümer unter bestimmten Voraussetzungen Zutritt zu gewähren. Ein solcher sachlicher Grund kann in der angestrebten Besichtigung durch potenzielle Käufer, Immobilienexperten oder Gutachter liegen.

Das vertragliche Nebenrecht kann entweder durch eine Vereinbarung im Mietvertrag festgelegt sein oder, falls dieser keine Regelung trifft, aus § 242 BGB abgeleitet werden.

Die Interessen beider Parteien müssen berücksichtigt werden Bei der Abwägung, ob ein sachlicher Grund für eine Besichtigung vorliegt, müssen die konkurrierenden Interessen von Eigentümern und Mietern ausgewogen werden.

Wenn der Eigentümer den Verkauf der Immobilie plant, hat er ein berechtigtes Interesse an der Durchführung einer Besichtigung. Demgegenüber steht nur eine geringe Beeinträchtigung des Mieters. In speziellen Fällen können die Interessen des Eigentümers jedoch eingeschränkt sein, insbesondere wenn für den Mieter durch die Besichtigung gesundheitliche Risiken oder sogar Lebensgefahr besteht. Das Landgericht hat diese Beurteilung in Erwägung gezogen, jedoch nicht die Möglichkeit berücksichtigt, dass die Mieterin bei der Besichtigung durch eine Vertretung ersetzt werden könnte. Dies muss nun in der erneuten Verhandlung geklärt werden.

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