BGH: Zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs von Versicherungsvertretern

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Mit dem Urteil des 8. Zivilsenats vom 23.11.2011 hat der BGH die Möglichkeit wahrgenommen, zu zwei bislang nicht ausdrücklich entschiedenen Fragen bezüglich der Berechnung des Ausgleichsanspruchs von Versicherungsvertretern Stellung zu nehmen.

Zum einen ging es um die Frage, ob für Ausgleichsansprüche, die vor dem 05.08.2009 entstanden sind, der § 89b Abs. 1 HGB europarechtskonform im Sinne der Handelsvertreterrichtlinie auszulegen ist, zum anderen um die Frage, ob zur Schätzung eines Mindestausgleichsbetrags die von den Spitzenverbänden der Versicherungswirtschaft erarbeiteten Grundsätze herangezogen werden können. 

Die erstgenannte Frage knüpft daran an, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Urteil vom 26.3.2009 (Turgay Semen ./. Deutsche Tamoil GmbH) die bis zu diesem Zeitpunkt gültige Fassung des § 89b Abs. 1 HGB als mit der Richtlinie unvereinbar eingestuft hat, woraufhin der deutsche Gesetzgeber die bis dato bestehende Tatbestandsvoraussetzung "Verlust von Provisionsansprüchen" hat entfallen lassen, so das die Frage, ob ein Provisionsverlust vorliegt, nur noch im Rahmen der Billigkeit zu prüfen ist. Der BGH hatte in einem vorhergehenden Urteil selbst die Frage aufgeworfen, ob diese Gesetzesänderung auch rückwirkend für Ansprüche, die vor Einführung der Änderung am 05.08.2009 entstanden sind, zu beachten ist. Jedenfalls für Ausgleichsansprüche von Versicherungs- und Bausparkassenvertretern verneint der BGH mit der vorliegenden Entscheidung diese Frage. Er begründet dies damit, dass die Handelsvertreterrichtlinie sich nur auf Warenhandelsvertreter bezieht, womit eine richtlinienkonforme Auslegung für Ansprüche der in der Richtlinie nicht berücksichtigten Versicherungs- und Bausparkassenvertreter ausscheide. Eine richtlinienkonforme Auslegung sei auch nicht deshalb notwendig, weil der deutsche Gesetzgeber beide Tatbestände habe parallel regeln wollen ("Grundsatz der einheitlichen Auslegung des Rechts") weil ein solcher Wille des Gesetzgebers nicht festzustellen sei.

Auch wenn in der Literatur hierzu andere Ansichten vertreten wurden, besteht mit der Entscheidung somit Rechtssicherheit, dass für die Berechnung von Ausgleichsansprüchen von Versicherungs- und Bausparkassenvertretern nur die Vermittlungsprovisionen aus bestehenden, vom Vermittler bereits vermittelten Verträgen heranzuziehen sind, der Auszahlung wegen der Beendigung des Vermittlungsverhältnisses entfallen. 

Die zweite, im vorliegenden Urteil behandelte Frage bezieht sich auf die Frage, ob der klagende Versicherungsvertreter sich auf die "Grundsätze-Sach", "Grundsätze-Leben", "Grundsätze-Kranken" und "Grundsätze-Bauspar" zur Darlegung seines Ausgleichsanspruchs beziehen konnte. Dies Problem folgte daraus, dass der Kläger die von ihm in der Vergangenheit bezogenen Provisionen offenbar nicht in ausgleichspflichtige Vermittlungs- und nicht ausgleichspflichtige Bestandsprovisionen aufteilen konnte, weshalb das Berufungsgericht die Klage als unschlüssig ansah. Nach Ansicht des BGH konnten vorliegend die Grundsätze zur Schätzung herangezogen werden, auch wenn sie im Vertrag der Parteien nicht ausdrücklich in Bezug genommen worden waren.

Der BGH hat zur Bezifferung des Anspruchs durch Schätzung den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen. 

Rechtsanwalt
Heiko Effelsberg, LL.M.
Fachanwalt für Versicherungsrecht


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