„Blaumachen“ kann gefährlich werden – Ein Fall aus dem Leben

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Es kommt immer wieder vor, dass sich Arbeitnehmer krankschreiben lassen, obwohl sie nicht wirklich krank sind. Werden sie hierbei erwischt, kann diese eine fristlose oder fristgerechte Kündigung rechtfertigen.

Beobachtet der Vorgesetzte einen krankgeschriebenen Arbeitnehmer in einer Autowaschanlage bei der intensiven Reinigung seines PKW, so ist er berechtigt, dies mit Handyfotos zu dokumentieren, soweit der Verdacht einer vorgetäuschten Erkrankung naheliegt.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hatte folgenden Fall zu entscheiden:

Der Arbeitnehmer ist bei der Arbeitgeberin als Produktionshelfer im Schichtbetrieb beschäftigt. An einem Samstag - der Arbeitnehmer war zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig krankgeschrieben - wurde er von seinem Vorgesetzten an einer Autowaschanlage angetroffen. Dieser war über die Reinigungstätigkeiten des Mitarbeiters und dessen körperliche Verfassung erstaunt und fertigte mit seiner Handykamera Fotos an, um seine Beobachtung zu dokumentieren. Hierbei kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung zwischen beiden. Dies nahm der Arbeitgeber zum Anlass einer fristlosen Kündigung.

Der Arbeitnehmer erhob nun hiergegen eine Kündigungsschutzklage. Zusätzlich verlangte er in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren es zu unterlassen, ihn zu fotografieren. Zudem sollten die bereits aufgenommenen Fotos herausgegeben werden. Die Aufnahmen würden seine Persönlichkeitsrechte verletzen und die Individualsphäre beeinträchtigen.

Das Landesarbeitsgericht wies den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurück, noch bevor über die Kündigungsschutzklage entschieden wurde. Zwar sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers beeinträchtigt worden. Allerdings sei der Eingriff nicht schwerwiegend. Es bestand aus Sicht des Vorgesetzten der konkrete Verdacht, dass der Mitarbeiter seine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht und damit einen Entgeltfortzahlungsbetrug begangen haben könnte. Ein Herausgabeanspruch bezüglich der Fotos bestünde zumindest im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht.

Während einer Erkrankung hat der Arbeitnehmer alles zu unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Er hat auf die schützenswerten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen, der in der Regel mit einer Entgeltfortzahlung belastet ist. Ein Pflichtverstoß kann auch dann gegeben sein, wenn er Freizeitaktivitäten nachgeht, die mit der Arbeitsunfähigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind. Der Arbeitgeber hat in begründeten Fällen die Möglichkeit, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen einzuschalten. Der Arbeitnehmer ist aber nicht zwingend gehalten, zuhause zu bleiben. Stehen die Aktivitäten nicht im Widerspruch zur Erkrankung, sind sie erlaubt. So hatte z. B. ein Arbeitgeber seinen erkrankten  Arbeitnehmer auf der Skipiste getroffen und war darüber natürlich nicht begeistert. Da dieser aber an Depressionen litt und der Skiurlaub deshalb förderlich war, lag kein Pflichtverstoß des Arbeitnehmers vor.

Lässt sich der Arbeitnehmer krankschreiben, obwohl er gesund ist, liegt ein Entgeltfortzahlungsbetrug vor, der eine fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Allerdings wird bei einer Krankschreibung durch einen Arzt zunächst einmal vermutet, dass wirklich eine Erkrankung vorliegt.

Im Fall des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz kommt möglicherweise ein tätlicher Angriff des Arbeitnehmers hinzu, der zusätzlich kündigungsrelevant sein könnte. Sollte der Arbeitnehmer nicht darlegen können, dass seine Freizeitaktivität für seine Genesung unschädlich war und der körperliche Angriff von ihm ausgegangen ist, dürfte die Kündigung allemal Bestand haben.

RA Thomas Börger,

Fachanwalt für Arbeitsrecht,

Fachanwalt für Familienrecht,

Tel. (0351) 80 71 8-10, boerger@dresdner-fachanwaelte.de

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