Blockierpflicht für ererbte Schusswaffen auch in Altfällen rechtmäßig

  • 4 Minuten Lesezeit

Erstreckung auf Altfälle ist mit verfassungsrechtlichem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar

Die Pflicht, ererbte Schusswaffen durch ein Blockiersystem zu sichern, gilt auch für solche Waffen, die der Erbe aufgrund eines Erbfalles vor Einführung der Blockierpflicht in das Waffengesetz erworben hatte. Dies entschied das Bundesverwaltungsgericht (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.03.2015, Az.: 6 C 31.14).

Wer infolge eines Erbfalls eine erlaubnispflichtige Waffe erwirbt, erhält für diese Waffe eine waffenrechtliche Erlaubnis, wenn der Erblasser berechtigter Besitzer war und er selbst zuverlässig und persönlich geeignet ist, ohne dass anders als sonst ein Bedürfnis für den Waffenbesitz nachgewiesen sein muss. Durch ein Gesetz aus dem Jahr 2003 hat der Gesetzgeber in das Waffengesetz eine Bestimmung eingefügt, nach welcher ererbte Schusswaffen durch ein dem Stand der Technik entsprechendes Blockiersystem zu sichern sind. Die Blockierpflicht stützt sich auf § 9 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 3 Satz 2 WaffG.

Klägerin hält gesetzliche Blockierpflicht in Altfällen für nicht gültig

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens wurde als Erbin ihres 2001 verstorbenen Ehemannes Eigentümerin von insgesamt 51 Schusswaffen. Das beklagte Polizeipräsidium erteilte ihr hierfür waffenrechtliche Erlaubnisse. Im Jahre 2011 gab es der Klägerin auf, 19 dieser Schusswaffen mit einem Blockiersystem zu versehen. Die Klägerin erhob hiergegen mit der Begründung Klage, die gesetzliche Blockierpflicht gelte nicht für Waffen, die durch einen Erbfall vor Einfügung der Blockierpflicht in das Waffengesetz erworben worden sind. Das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster, Urteil v. 15.05.2014, Az.: 20 A 1853/12) gab der Behörde Recht: Die sich aus § 20 Abs. 3 Satz 2 WaffG ergebende Blockierpflicht für erlaubnispflichtige Schusswaffen betrifft unabhängig vom Erwerbszeitpunkt (ob vor oder nach Einführung der Blockierpflicht) alle Waffen, die infolge Erbfalls erworben wurden und werden.

Gesetzliche Blockierpflicht gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Erwerbs

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Die gesetzliche Blockierpflicht gilt für sämtliche erlaubnispflichtige Schusswaffen, die durch Erbfall erworben wurden, unabhängig vom Zeitpunkt des Erwerbes. Die Blockierpflicht soll im Sinne einer konsequenten Risikominimierung die mit dem Besitz ererbter Schusswaffen verbundene abstrakte Gefahr einer Schädigung Dritter verringern, welche der Gesetzgeber bei fehlendem waffenrechtlichem Bedürfnis des Besitzers für nicht hinnehmbar erachtet hat. Wären nur Erbfälle ab dem Jahr 2008 einbezogen, würde die angestrebte Risikoverringerung erst allmählich über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten eintreten. Diese Erstreckung auf Altfälle ist mit dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar.

Einordnung in den rechtlichen Gesamtkontext

Ein Gesetz gilt grundsätzlich mit seinem Inkrafttreten für die von seinem Regelungsbereich erfassten Fälle, sofern nicht Übergangsvorschriften Abweichendes regeln.

Vorliegend ist zu beachten, dass Regelungsgegenstand des § 20 Abs. 3 S. 2 WaffG nicht nur der Erwerb von Erbwaffen, sondern auch deren Besitz ist. Das ergibt aus der systematischen Stellung der Vorschrift in Abschnitt 2 des Waffengesetzes „Umgang mit Waffen oder Munition“ und der Überschrift der Vorschrift „Erwerb und Besitz von Schusswaffen durch Erwerber infolge Erbfalls“.

Auch nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift kann diese nicht auf den Zeitpunkt des Erwerbes einer Erbwaffe beschränkt werden. Liegt zum Beispiel im Zeitpunkt des Erbfalls (noch) kein waffenrechtliches Bedürfnis vor, ist aber auch kein Blockiersystem verfügbar und daher nach § 20 Abs. 7 eine Ausnahmegenehmigung zu erteilen, wird man auch bei späterer Verfügbarkeit eines Blockiersystems keine Einbaupflicht bejahen können, wenn in der Zwischenzeit ein waffenrechtliches Bedürfnis für die Vorhaltung der Waffe im gebrauchstüchtigen Zustand nach § 8 oder §§ 13 ff. WaffG entstanden ist. Andererseits wird die Ausnahmegenehmigung nur und insoweit gelten, solange noch kein Blockiersystem am Markt ist. Es war vielmehr Wille des Gesetzgebers, auch Altfälle der Neuregelung zu unterwerfen. Dies ist in § 20 Abs. 7 WaffG mit der Formulierung „alle Erbwaffen“ mit der erforderlichen Klarheit zum Ausdruck gebracht worden.

Der Gesetzgeber hat allgemein ein berechtigtes Interesse daran, die mit dem Waffengesetz jeweils verfolgten Sicherungszwecke möglichst rasch zur Geltung zu bringen. Er handelt bei der Ausgestaltung des Waffenrechts mit dem Ziel, seine verfassungsrechtliche Schutzpflicht für Leben und körperliche Unversehrtheit der Bürger zu erfüllen. Er kann deshalb in aller Regel das Recht zum Umgang mit Waffen verschärfen, ohne hieran durch den verfassungsrechtlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes beschränkt zu werden. Umgekehrt kann derjenige, dem der Umgang mit Waffen erlaubt ist, in aller Regel nicht berechtigterweise darauf vertrauen, dass die hierfür geltenden Anforderungen für alle Zukunft unverändert bleiben.

Ausnahmen von der Blockierpflicht

Von der Pflicht, die geerbte Schusswaffe blockieren zu lassen, sind Inhaber von Waffenbesitzkarten der §§ 8, 13, 14, 16 bis 19 WaffG ausgenommen. Ein nachzuweisendes Bedürfnis ist hierzu nicht erforderlich, sodass zum Beispiel Jäger reine Sportwaffen oder zusätzliche Kurzwaffen und ein Sportschütze reine Jagdwaffen als Erbe erwerben und besitzen können. Der Nachweis der Sachkunde reicht hierfür nicht aus!

Philip Keller

Rechtsanwalt Köln


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Philip Keller

Beiträge zum Thema