Bundesarbeitsgericht verschärft Anforderungen zur Rechtfertigung von Lohnungleichheit

  • 3 Minuten Lesezeit

Pünktlich zum Internationalen Frauentag – Bundesarbeitsgericht verschärft Anforderungen zur Rechtfertigung von Lohnungleichheit

Gerade erst haben wir den Internationalen Frauentag gefeiert. Was Viele nicht wissen: Am Tag davor, dem 7. März, ist der „Equal Pay Day“. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit – das bleibt in der Praxis ein unerreichter Grundsatz. Noch immer lässt sich eine Lohnlücke zwischen den Geschlechtern feststellen.

Wo das Arbeitsentgelt nicht schon aufgrund von Tarifverträgen festgeschrieben ist, konnte bisher manchmal das sogenannte Entgelttransparenzgesetz helfen. Doch das wird häufig als „zahnloser Tiger“ beschrieben, Arbeitnehmerverbände bezeichnen es sogar als „verunglückt“.

Das liegt daran, dass das Gesetz zwar mit einem Auskunftsanspruch hilft, das Gehalt vergleichbarer Kollegen aufzudecken, aber in der Praxis kaum jemals zur Behebung eines festgestellten Gehaltsunterschieds führt. Denn das Entgelttransparenzgesetz verbietet es zwar, Beschäftigte aufgrund ihres Geschlechts zu diskriminieren. Allerdings liegt die Beweispflicht bei den Betroffenen. Sobald der Arbeitgeber ein objektives Kriterium nachweisen kann, das das unterschiedliche Gehalt rechtfertigt, gelingt der Beweis der Benachteiligung nicht.

BAG schärft nach

Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) die Anforderungen für eine Ungleichbehandlung bei der Gehaltshöhe verschärft (Urt. v. 16.02.23, Az. 8 AZR 450/21). Das BAG hat klargestellt, dass ein Arbeitgeber das unterschiedliche Gehalt zwischen einem Mann und einer Frau nicht damit rechtfertigen kann, dass der Mann mehr Verhandlungsgeschick bei der Gehaltsverhandlung bewiesen habe.

Im dortigen Fall hat eine Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb auf Zahlung rückständiger Vergütung der Gehaltsdifferenz geklagt. Sie verdiente ein Grundgehalt, das rund 1.000 EUR unter dem eines männlichen Kollegen mit gleicher Tätigkeit lag. Der Arbeitgeber hatte diesem Mitarbeiter zunächst das gleiche Gehalt wie der weiblichen Mitarbeiterin angeboten, was dieser aber ausschlug und ein höheres Gehalt verlangte. Der Arbeitgeber ließ sich überzeugen.

Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hatten darin zuvor keine geschlechterbezogene Benachteiligung gesehen.

Das Urteil

Das BAG hat dem nun widersprochen: Eine Frau hat Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert es nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Der Umstand, dass die Arbeitnehmerin für die gleiche Arbeit ein niedrigeres Grundentgelt erhalten hat als ihr männlicher Kollege, begründe die Vermutung, dass die Benachteiligung aufgrund des Geschlechts erfolgt ist. Dem Arbeitgeber sei es nicht gelungen, diese Vermutung zu widerlegen. Insbesondere könne sich der Arbeitgeber nicht mit Erfolg darauf berufen, das höhere Grundentgelt des männlichen Kollegen beruhe nicht auf dem Geschlecht, sondern auf dem Umstand, dass dieser ein höheres Entgelt ausgehandelt habe. 

Neben der rückwirkenden Gehaltsdifferenz erhielt die Arbeitnehmerin zusätzlich noch eine Entschädigung wegen der erlittenen Benachteiligung.

Praxistipp

ArbeitnehmerInnen, die vermuten, dass KollegInnen des anderen Geschlechts ohne sachliche Rechtfertigung bei gleichwertiger Tätigkeit mehr verdienen, sollten von ihrem Auskunftsanspruch Gebrauch machen. Hierzu beraten wir gern.

Arbeitgeber, die unter den Geltungsbereich des Entgelttransparenzgesetzes fallen, ist anzuraten, Entgelttransparenz zu leben und in die Unternehmenskultur einzubinden. Sie sorgt für eine bessere Wettbewerbsfähigkeit , Planbarkeit, Rechtssicherheit, sowie ein positives Arbeitsklima bei den Beschäftigten. Wo Gehaltsunterschiede bestehen, die im Zusammenhang mit dem Geschlecht der ArbeitnehmerInnen gesehen werden könnten, sind Arbeitgeber aufgerufen, diese in einem ersten Schritt überhaupt wahrzunehmen. Bei Gehaltserhöhungen sollten zudem sachliche, objektive Gründe dokumentiert werden, die im Falle einer Auseinandersetzung die Vermutung einer geschlechterbezogenen Diskriminierung widerlegen können.

Foto(s): https://www.pexels.com/de-de/suche/man%20woman/

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Sie haben Fragen? Jetzt Kontakt aufnehmen!

Weitere Rechtstipps von Rechtsanwältin Julia Wendel

Beiträge zum Thema