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⚖️Bundesverwaltungsgericht bestätigt: Kein Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung

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Bundesverwaltungsgericht bestätigt: Kein Natrium-Pentobarbital zur Selbsttötung
anwalt.de-Redaktion

Das Grundrecht auf selbstbestimmten Suizid

Die Selbstbestimmung über den Zeitpunkt des eigenen Todes ist ein Grundrecht jedes Menschen. Dieses Recht schließt die Freiheit ein, sich das Leben zu nehmen. Ebenfalls umfasst das Grundrecht die Freiheit, sich für den Suizid Hilfe zu suchen und in Anspruch zu nehmen.  

Wenn dieses Grundrecht uneingeschränkt gelten würde, könnte jeder Mensch das Mittel zum Zwecke der Selbsttötung frei wählen. Eine Pflicht des Staates, den Zugang zu tödlich wirkenden Mitteln zu gewährleisten, könnte daraus erwachsen.   

Die Problematik

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) musste sich jüngst mit dieser Fragestellung beschäftigen. Es hatte über den Fall mehrerer schwer erkrankter Kläger zu entscheiden, die die Erteilung einer Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Erwerb des Medikaments Natrium-Pentobarbital begehrten. Natrium-Pentobarbital ist ein in bereits geringer Dosis tödliches Betäubungsmittel.  

Das BfArM hatte die Erlaubnis mit Blick auf das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) versagt. Das BtMG verbietet den Erwerb eines Betäubungsmittels zum Zweck der Selbsttötung. Genauer gesagt bedarf es einer Erlaubnis des BfArM zum Erwerb eines Betäubungsmittels, die dann zu versagen ist, wenn das Betäubungsmittel zum Zwecke der Selbsttötung eingesetzt werden soll.  

Die Kläger brachten unter anderem vor, dass die Versagung der Erlaubnis des BfArM zum Erwerb des Mittels Natrium-Pentobarbital ein nicht gerechtfertigter Eingriff in ihr Grundrecht auf Selbstbestimmung sei. Der Staat dürfe den Zugang zu einem sicheren und zumutbaren Mittel zur Selbsttötung nicht verwehren. Im Gegenteil sei der Staat verpflichtet, einem Menschen die Möglichkeit zu eröffnen, seinen Suizid mit dem Eigenerwerb eines Mittels seiner Wahl umsetzen zu können.  

Die Entscheidung des BVerwG

Das BVerwG hat entschieden, dass es keinen Anspruch gegenüber dem Staat gibt, den Erwerb von Betäubungsmitteln zu erlauben. Das BtMG schränke in der Tat das Grundrecht eines Menschen auf selbstbestimmten Suizid ein, ein Grundrechtseingriff finde also statt. Doch der Eingriff erfolge rechtmäßig.  

Ein Grundrechtseingriff ist immer dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt, wenn er geeignet und erforderlich ist, die von ihm verfolgten legitimen Zwecke zu erreichen. Das ist vorliegend zu bejahen. Denn dem Staat erwächst aufgrund des Grundrechts jedes Menschen auf Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit eine Schutzpflicht. Dieser kommt der Staat unter anderem durch das Versagen einer Erlaubnis zum Erwerb von Betäubungsmitteln gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 BtMG nach. Zum einen dient diese Vorschrift dem Schutz des Lebens vulnerabler Menschen, die von nicht in freier Selbstbestimmung getroffenen Suizidwünschen getrieben sind, zum Beispiel in einer Lebenskrise. Zum anderen schützt die Vorschrift Leben und Gesundheit der Bevölkerung vor Miss- oder Fehlgebrauch des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital. 

Der Grundrechtseingriff muss zudem angemessen sein. Das bedeutet, dass die Belastung des Grundrechtsträgers – im vorliegenden Fall der schwer erkrankten Kläger – in einem vernünftigen Verhältnis stehen muss zu den Vorteilen, die der Allgemeinheit durch den Grundrechtseingriff erwachsen - im vorliegenden Fall die Vorteile aufgrund der Bestimmungen des BtMG. 

Bei der Abwägung des Schutzes der Allgemeinheit durch das Verbot von tödlich wirkenden Betäubungsmitteln mit den Belastungen der Kläger argumentierte das BVerwG, dass die Kläger andere zumutbare Möglichkeiten hätten, ihren Wunsch auf selbstbestimmtes Sterben zu verwirklichen, zum Beispiel durch ärztlich begleiteten Suizid. Daher stünden der Schutz der Allgemeinheit vor Fehl- oder Missbrauch eines tödlich wirkenden Mittels wie Natrium- Pentobarbital und die Belastung der Kläger in einem angemessenen Verhältnis zueinander, und der Grundrechtseingriff sei gerechtfertigt. 

Grundrechtseingriffe stellen ein genauso sensibles wie komplexes Thema dar. Sie sind nicht immer gerechtfertigt. Wenn Sie betroffen sind und sich staatlichem Handeln ausgesetzt sehen, das Sie als verletzend empfinden, kontaktieren Sie einen Anwalt, der Sie umfassend beraten kann. Ihren Anwalt für Grundrecht finden Sie bei uns.  

(ANZ) 

Foto(s): ©Adobe Stock/Khunatorn

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