Condor DE 1478, geplant am 02. Juli: Große Verspätung wegen Vogelschlags – Ansprüche der Fluggäste?

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Wenn sich ein Flug um mehr als 3 Stunden verspätet, bestehen grundsätzlich Ansprüche aufgrund der Europäischen Fluggastrechte-Verordnung. Voraussetzung ist, dass der Flug von einem Flughafen innerhalb der Europäischen Union startet oder von einem Luftfahrtunternehmen mit Sitz innerhalb der Europäischen Union ausgeführt wird. Die Verpflichtung, die Ausgleichszahlung leisten zu müssen, entfällt, wenn sich das Luftfahrtunternehmen auf einen außergewöhnlichen Umstand als Ursache der großen Verspätung berufen kann.

Was war geschehen?

Der Flug DE 1478 war für Sonntag, 02. Juli 2017 für die Strecke von Frankfurt am Main nach Teneriffa-Süd und zurück vorgesehen. Der Start sollte gegen 11:50 Uhr erfolgen. Das für diesen Flug eingeplante Flugzeug kollidierte am 30. Juni 2017 in der Nähe von Burgas mit einem Vogel (sog. Vogelschlag), sodass es beschädigt wurde. Der geplante Flug nach Leipzig wurde abgebrochen und das Flugzeug wurde nach Burgas zurückgeführt. Dort sollte es repariert werden. Es mussten Ersatzteile und Techniker eingeflogen werden, sodass die Reparatur einige Zeit in Anspruch genommen hat. 

Eine Ersatzmaschine ist mit einer Verspätung von rund 44 Stunden in Frankfurt am Main Richtung Teneriffa gestartet und befördert nun die wartenden Fluggäste. Die Fluggäste, die planmäßig am 2. Juli 2017 von Teneriffa nach Deutschland geflogen werden sollten, werden ebenfalls mit großer Verspätung befördert.

Die Rechte der Fluggäste

Wenn sich die Ankunft eines Fluges um mehr als 3 Stunden verspätet, bestehen grundsätzlich Ansprüche auf Ausgleichszahlung, deren Höhe von der Flugentfernung abhängt. Die Forderungen liegen zwischen 250 und 600 €. Ein Luftfahrtunternehmen ist allerdings nicht verpflichtet, Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn ein „außergewöhnlicher Umstand“ kausal für die Verspätung ist. Der Europäische Gerichtshof hat im Mai 2017 entschieden, dass ein Vogelschlag als außergewöhnlicher Umstand zu bewerten ist. Damit ist ein Luftfahrtunternehmen aber nicht automatisch befreit, die Ausgleichszahlung leisten zu müssen. Es muss nachweisen, dass es trotz des außergewöhnlichen Umstandes alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Folgen des außergewöhnlichen Umstandes zu vermeiden. 

Dies kann im vorliegenden Fall zu verneinen sein, da der Vogelschlag bereits am 30. Juni, d. h. zwei Tage vor dem Flug von Frankfurt nach Teneriffa-Süd erfolgte. Hier wird man wohl davon ausgehen müssen, dass sich die Fluggesellschaft nicht auf Entlastung berufen kann. Zwischen dem Vogelschlag und dem geplanten Flug nach Teneriffa-Süd lag so viel Zeit, dass die Fluggesellschaft für Ersatz hätte sorgen können bzw. müssen. Es bestehen daher nach vorläufiger Einschätzung Ansprüche auf Ausgleichszahlung in Höhe von 400 € pro Person.

Daneben muss die Fluggesellschaft für die Dauer der Wartezeit Erfrischungen, Mahlzeiten und zudem Hotelübernachtungen einschließlich des Transfers vom Flughafen zum Hotel und zurück, bereitstellen. Werden diese sogenannten Betreuungsleistungen nicht erbracht, kann ein Fluggast die hierfür erforderlichen und tatsächlich aufgebrachten Kosten von der Fluggesellschaft zurückverlangen.

War der Flug Bestandteil einer Pauschalreise, bestehen auch Ansprüche gegen den Reiseveranstalter. Reisende können nach 4 Stunden Abflugverspätung Abhilfe verlangen und gegebenenfalls nach Fristsetzung sogar einen Ersatzflug buchen und die hierfür erforderlichen Kosten vom Reiseveranstalter zurückverlangen. Denkbar ist aber auch die Kündigung des Reisevertrages infolge Mängel. Der Reisende, der nach 44 Stunden Verspätung die Reise antritt, kann einen Teil des Reisepreises zurückverlangen, da sich nach der großen Verspätung, die als Reisemangel gilt, der Reisepreis gemindert hat. Die Minderung ist eingetreten in Höhe von zwei Tagesreisepreisen. Je nach Gericht werden auch noch Ansprüche auf Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in selber Höhe zugesprochen.

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