Darf der Arbeitgeber eine ärztliche Untersuchung durch einen Vertrauensarzt anordnen?

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Der Arbeitnehmer ist nicht ohne weiteres verpflichtet, sich vom Vertrauensarzt/Betriebsarzt untersuchen zu lassen, nur, weil der Arbeitgeber dies wünscht, z.B. weil der Arbeitnehmer längere Zeit krank ist.

Eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, sich untersuchen zu lassen, besteht nur, wenn der Arbeitgeber ein begründetes Interesse an der Untersuchung hat, das Vorrang vor dem Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers hat. Dazu haben sich bestimmte Fallgruppen gebildet.

Medizinische Untersuchungen bei Einstellungen

Einstellungsuntersuchung sind freiwillig, der Bewerber muss einwilligen. Da die Untersuchungen aber normalerweise vor Abschluss des Arbeitsvertrages abgeschlossen werden, wird es sich ein Bewerber gut überlegen, ob er die Untersuchung verweigert und deshalb die Stelle nicht bekommt.

Jedoch wird die Untersuchung der Regel vor Vertragsunterzeichnung abgeschlossen. Daher verweigert normalerweise kein Bewerber seine Einwilligung, denn ansonsten wird ihn der Arbeitgeber bei der Stellenvergabe wahrscheinlich nicht berücksichtigen. Das Risiko nach Verweigerung der Einstellungsuntersuchung die Stelle nicht zu erhalten ist sehr hoch.

Die Untersuchung muss von vornherein auf die Eignung für den in Aussicht gestellten Arbeitsplatz und dessen Anforderungen begrenzt sein. Nicht erlaubt sind deshalb:

  • Untersuchung auf Drogen- oder Alkoholkonsum,
  • Untersuchung auf HIV-Infektion,
  • Genetische Untersuchungen,
  • Schwangerschaftstest.

In einigen Fällen ist eine Einstellungsuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben:

  • bei Jugendlichen bis 18 Jahre,
  • beim Umgang mit Gefahrstoffen oder Strahlenbelastungen,
  • bei Personen mit besonderer Verantwortung für andere (z.B. Lokführer, Piloten, Busfahrer, Ärzte),
  • bei Beamten.

Gesetzlich vorgeschriebene Untersuchungen während des Beschäftigungsverhältnisses


§ 3 Abs. 4 TVöD

Bei begründeter Veranlassung ist der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber berechtigt, auf seine Kosten eine ärztliche Bescheinigung vom Arbeitnehmer als Nachweis seiner vertragspflichtbezogenen Leistungsfähigkeit zu verlangen. Die Untersuchung kann durch den Betriebsarzt oder einen von (Arbeitgeber und Personalrat bestimmten anderen Arzt durchgeführt werden. Eine begründete Veranlassung liegt u.a. vor, wenn der Arbeitnehmer längere Zeit krank ist und der Arbeitgeber abklären möchte, ob bzw. wann die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers wiederhergestellt werden kann.

Der Dienstgeber bei gegebener Veranlassung durch einen Arzt seines Vertrauens feststellen lassen, ob der Mitarbeiter dienstfähig und/oder frei von ansteckenden Krankheiten ist.

§ 8 AVG

Bei gegebener Veranlassung können Arbeitgeber, die Mitglieder der regionalen Caritasverbände oder der regionalen Diakonischen Werke sind, auf ihre Kosten durch einen Arzt ihres Vertrauens feststellen lassen, ob ein Arbeitnehmer dienstfähig und/oder frei von ansteckenden Krankheiten ist. Eine Veranlassung ist auch dann gegeben, wenn der Arbeitnehmer längere Zeit krank ist und der Arbeitgeber abklären möchte, ob bzw. wann die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers wiederhergestellt werden kann.

§ 3 Abs. 1 ArbMedVV

Der Arbeitgeber muss auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge sorgen. Es gibt dabei Angebotsuntersuchungen bei bestimmten gefährdenden Tätigkeiten mit relativ geringem Gefährdungspotenzial und Pflichtuntersuchungen, die bei bestimmten besonders gefährdenden Tätigkeiten zu veranlassen sind.

Untersuchung im Rahmen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Zweifelt der Arbeitgeber an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers, kann er beim medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Einholung eines Gutachtens des zur Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit verlangen. Dies geht aber nur bei gesetzlich versicherten Arbeitnehmern.

Voraussetzung für die medizinische Untersuchung ist, dass der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers darlegen kann. Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit können insbesondere vorliegen:

  • häufige Kurzerkrankungen;
  • Beginn der Arbeitsunfähigkeit fällt häufig auf den Beginn der Arbeitswoche oder das Ende der Arbeitswoche;
  • die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung wird von einem Arzt festgestellt, der durch die Häufigkeit der von ihm ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen auffällig geworden ist.

Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

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