Darf der Arbeitgeber einem Mitarbeiter wegen schlechter Leistungen kündigen?

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Kündigung wegen Schlechtleistung

Der Umgang mit leistungsschwachen Arbeitnehmern stellt Arbeitgeber regelmäßig vor große Herausforderungen. Eine unzureichende Arbeitsleistung führt zu einer Störung im Arbeitsverhältnis, da aus Sicht des Arbeitgebers Vergütung ohne adäquate Gegenleistung zu erbringen ist. Die Anforderungen an eine Kündigung bei Schlechtleistung sind gleichwohl hoch.  

Was ist eine Schlechtleistung und wie ist sie beweisbar?

Bei einer Schlechtleistung weicht die Leistung des Arbeitnehmers negativ von den Erwartungen des Arbeitgebers ab.  

Möchte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen Schlechtleistung kündigen, muss er die mangelhafte Erbringung der Arbeitsleistung vor Gericht nachweisen können. Ihm obliegt die sogenannte Beweislast. Im Regelfall wird hierfür die Leistung des Arbeitnehmers mit der Leistung seiner Arbeitskollegen verglichen. Jedoch gilt vor Gericht nicht jede Abweichung vom Durchschnitt als Beweis einer Schlechtleistung. Naturgemäß muss es immer Personen geben, die unter Anwendung sachgerechter Maßstäbe, weniger starke Leistungen erbringen. 

Verhaltensbedingte Kündigung wegen willentlicher Schlechtleistung

Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, seine Arbeitsleistung unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit zu erbringen (BAG, Urteil vom 17.1.2008 – 2 AZR 536/06).  

Wenn der Arbeitnehmer durch schlechte oder fehlerhafte Leistung gegen diese Verpflichtung verstößt, kann er (im Falle der Anwendbarkeit des KSchG) bei wiederholter Pflichtverletzung nach vorheriger Abmahnung verhaltensbedingt nach § 1 Abs.2 S. 1 KSchG wegen Schlechtleistung gekündigt werden.  

Dabei ist entscheidend, dass die zur Schlechtleistung führende Pflichtverletzung dem Arbeitnehmer vorwerfbar ist. Das bedeutet, sie muss auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers beruhen. Ein steuerbares Verhalten liegt vor, wenn das Verhalten vom Willen des Arbeitnehmers beeinflusst werden kann.  

Jedoch berechtigt nicht jede schlechte Leistung zu einer Kündigung. Wer seine Arbeit nach bestem Gewissen erledigt, darf nicht gekündigt werden, nur weil andere noch besser arbeiten. Nach dem Bundesarbeitsgericht muss der Arbeitnehmer eine erheblich unter dem Durchschnitt liegende Arbeitsleistung erbringen, um verhaltensbedingt gekündigt werden zu können (BAG, Urteil v. 11.12.2003 – 2 AZR 667/02). 

Personenbedingte Kündigung wegen eignungsbedingter Schlechtleistung

Falls die Schlechtleistung des Arbeitgebers nicht willensbedingt ist, verbleibt dem Arbeitgeber wegen Störung des Gegenseitigkeitsverhältnisses als ultima ratio die personenbedingte Kündigung. Diese kommt in Frage, wenn der Arbeitnehmer aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten und Eigenschaften nicht in der Lage ist, seine Arbeit ordnungsgemäß zu erfüllen. Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer auch dann personenbedingt kündigen, wenn der Arbeitgeber zunächst von einer steuerbaren Schlechtleistung ausgeht und einschlägige Abmahnungen erteilt, der Arbeitnehmer jedoch substanziiert einwendet, alles zu leisten, was er unter der Ausschöpfung seiner individuellen Leistungsfähigkeit, seines Alters oder seiner körperlichen Fähigkeit zu leisten imstande ist. Deshalb ist es ratsam für den Arbeitnehmer, sein substanziiertes Bestreiten im Falle eines Vorwurfs einer verhaltensbedingten Minderleistung wohl zu überdenken, um die Gefahr des Ausspruchs einer personenbedingten Kündigung gering zu halten.  

Bei personenbedingten Kündigungen sind Abmahnungen im Gegensatz zu verhaltensbedingten Kündigungen nicht erforderlich, da sie hier ihren Zweck verfehlen würden.  

Kann eine außerordentliche Kündigung wegen Schlechtleistung rechtmäßig sein?

Eine außerordentliche Kündigung kann nur in Einzelfällen ausnahmsweise gerechtfertigt sein; beispielsweise bei besonders vertrauensvollen Tätigkeiten, wie die eines Arztes oder eines Piloten, wenn bereits eine fahrlässige Pflichtverletzung das Risiko eines hohen Schadens in sich birgt. Außerdem kann eine bewusste Schlechtleistung, um eine vorherige unbewusste Schlechtleistung zu verbergen, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen (BAG 17. 1. 2008 2 AZR 821/06). 

Abgrenzung zur Nichtleistung

Ein Fall der Nichtleistung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer während der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit seine Leistung fortwährend oder temporär gar nicht erbringt. Der Arbeitnehmer macht beispielsweise häufig Rauchpausen in seiner Arbeitszeit oder nutzt während der Arbeitszeit Internet oder E–Mail für private Zwecke. Der Arbeitgeber kann dieses Verhalten zunächst abmahnen. Je nach Einzelfall kann auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung oder sogar eine außerordentliche Kündigung gem. § 626 Abs. 1 BGB wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung ohne vorherige Abmahnung in Betracht kommen. 

Darf der Arbeitgeber bei Schlechtleistung das Entgelt mindern?

Der Arbeitnehmer erbringt eine Teilleistung schon dadurch, dass er sich dem Arbeitgeber im vereinbarten Leistungszeitraum vertragsgemäß zur Verfügung stellt. Das Erfüllungsrisiko infolge von Schlechtleistung verlagert sich auf den Arbeitgeber. Der Vergütungsanspruch besteht ungemindert fort. Denn die Arbeitsleistung kennt als Dienstleistung, anders als im Kauf- oder Werkvertragsrecht, keine Gewährleistungsregeln, weil kein Erfolg geschuldet ist. Somit ist eine Minderung der vereinbarten und geschuldeten Vergütung ebenso ausgeschlossen, wie ein Anspruch des Arbeitgebers auf Nachbesserung. 

Fazit: Kündigung bei schlechter Arbeitsleistung

Der Beweis einer Schlechtleistung ist in der Praxis schwer zu führen. Ob ein Arbeitnehmer sein Bestes gibt oder nicht, ist objektiv schwer zu beurteilen. Eine Kündigung wegen Schlechtleistung ist deshalb oft angreifbar. Mit einer Kündigungsschutzklage können Sie die Kündigung vor Gericht in vielen Fällen für unwirksam erklären lassen und so Ihren Arbeitsplatz retten. Sollte dies nicht gewünscht sein, kann eine Abfindungszahlung den Verlust des Arbeitsplatzes kompensieren.  


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