Darf der Arbeitgeber Homeoffice anordnen?

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Die Fortschritte der Informationstechnologie oder der Umbau von Betriebsstandorten können es für den Arbeitgeber sinnvoll erscheinen lassen, Beschäftigte ins Homeoffice zu versetzen. Immer mehr Arbeitnehmer arbeiten gerne von zu Hause aus. Die Nähe zur Familie und keine Fahrtkosten sind gute Gründe, sich auf diesen Wechsel einzulassen. 

Nicht immer können sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer gütlich auf einen Wechsel ins Homeoffice einigen. Das wirft die Frage auf: Darf der Arbeitgeber einen Arbeitswechsel vom Betrieb zum Homeoffice anordnen? Ist der Arbeitnehmer verpflichtet, einer solchen Weisung nachzukommen? Muss er sich in seiner Wohnung einen Heimarbeitsplatz einrichten, wenn der Arbeitgeber dies verlangt?

Das hängt davon ab, ob sich der Arbeitgeber auf sein Weisungsrecht berufen kann. Gesetzlich geregelt ist es in Paragraf 106 Gewerbeordnung. Dieser Paragraf lautet: „Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. 

Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.“

Es muss also zunächst geschaut werden, ob in dem Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem anwendbaren Tarifvertrag das Recht auf Anordnung von Homeoffice geregelt ist. Ist dies der Fall, darf der Arbeitgeber einseitig und gegen den Willen des Arbeitgebers in die Heimarbeit schicken. 

Was gilt, wenn derartige Bestimmungen nicht existieren? Ist eine Versetzung ins Homeoffice vom gesetzlichen Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt? Nein, sagt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg (Az. 17 Sa 562/18). Mit einer derartigen Weisung überschreite der Arbeitgeber die Grenzen seines Weisungsrechts. 

Das Homeoffice unterscheide sich erheblich von einer Betriebstätte. Der Arbeitnehmer verliere den unmittelbaren Kontakt zu seinen Kollegen und die Möglichkeit, sich mit ihnen auszutauschen, werde deutlich verringert. Auch würden die Grenzen von Arbeit und Freizeit fließend. 

Der Arbeitnehmer sei für die betriebliche Interessenvertretung und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften schwerer erreichbar. Dass Arbeitnehmer gleichwohl z. B. zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf an einer Telearbeit interessiert sein könnten, ändere nichts daran, dass diese Form der Arbeit einem Arbeitnehmer in aller Regel nicht einseitig von dem Arbeitgeber zugewiesen werden könne.

Weigert sich der Arbeitnehmer, einer Homeoffice-Weisung seines Arbeitgebers nachzukommen, so stellt dies nach diesem Urteil keine beharrliche Arbeitsverweigerung dar. Der Arbeitgeber darf den Arbeitnehmer deshalb nicht kündigen. Erhält der Arbeitnehmer dennoch eine Kündigung, kann er sich erfolgreich durch eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht dagegen wehren. 


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