Darf der Chef sich in Liebesbeziehungen am Arbeitsplatz einmischen?

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von Nikolaos Sakellariou, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Liebespaare sind Alltag in deutschen Büros. Jeder dritte Arbeitnehmer hatte schon einmal ein Verhältnis mit einem Kollegen. Bei zehn Prozent aller Beschäftigten hat es sogar mindestens zweimal am Arbeitsplatz so gefunkt, dass eine Liebesgeschichte daraus wurde. Das ist eigentlich auch nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass viele Menschen den Großteil ihres Tages am Arbeitsplatz verbringen und man sich durch Teamarbeit, Geschäftsreisen und Überstunden näher kommt. Dass der Funke schon mal beim Sommerfest oder der berüchtigten Weihnachtsfeier übergesprungen ist, hat jeder schon einmal beobachten können.

Aber was kann ein Arbeitgeber gegen eine solche Liebesbeziehung unter seinen Beschäftigten unternehmen? Ein Handelskonzern aus Amerika wollte seinen deutschen Mitarbeitern verbieten, mit Kollegen zum Abendessen auszugehen oder eine Liebesbeziehung zu beginnen. Ein solches generelles Verbot von Liebesbeziehungen zwischen Mitarbeitern ist jedoch unzulässig, weil so etwas gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstößt. Dies ist auch vom Bundesarbeitsgericht abschließend so festgehalten worden. Somit steht fest: Liebesbeziehungen sind eine Privatangelegenheit des Paares im Betrieb.

Dennoch kann es hier auch zu Problemen kommen. Ganz heikel sind Liebesbeziehungen zwischen Auszubildenden und ihrem Ausbilder, wenn der Auszubildende noch minderjährig ist. Eine solche Liebesbeziehung wäre als „sexueller Missbrauch eines Schutzbefohlenen“ strafbar und kann sogar mit einer Gefängnisstrafe geahndet werden.

Liebesbeziehungen zwischen Personen, bei denen es sich um direkte Vorgesetzte und Untergebene handelt, können ebenfalls Probleme verursachen. In einem solchen Fall empfehle ich, den nächsthöheren Vorgesetzten über diese Beziehung zu informieren. Die übrigen Untergebenen des Vorgesetzten müssen wissen, dass einer der ihren sich in einer Liebesbeziehung mit dem Vorgesetzten befindet. Wenn es dann in einer solchen Konstellation zu Störungen des Betriebsfriedens kommen sollte, dann hätte der Arbeitgeber tatsächlich die Möglichkeit, im Rahmen seines Direktionsrechts das Liebespaar durch Versetzungen zu trennen. Allerdings muss eine solche Maßnahme unbedingt verhältnismäßig bleiben, das bedeutet, dass durch diese räumliche Trennung und das Versetzen in getrennte Büros oder in verschiedene Abteilungen für die Betroffenen keine Schlechterstellung entsteht.

Der Arbeitgeber könnte auch dann einschreiten, wenn die Arbeit des Liebespaares unter ihrer Beziehung am Arbeitsplatz leidet. Das wäre durch ständige Ablenkung möglich oder wenn das Liebespaar wegen mangelnder Konzentration seine Arbeit vernachlässigt. Längere Privattelefonate unter den Turteltauben könnten auch zu einem Einschreiten des Arbeitgebers führen.

In allen anderen Fällen ist es aber so, dass die Liebe am Arbeitsplatz eine reine Privatangelegenheit ist, die nicht verboten werden kann. Schließlich hat der Arbeitgeber mit dem Arbeitslohn nur die Arbeitskraft des Arbeitnehmers, nicht aber sein Recht zur freien Entfaltung seiner Persönlichkeit gekauft.

Wenn das Liebespaar allerdings auch am Arbeitsplatz nicht voneinander lassen kann und bspw. ständig knutschend im Kopierraum steht, könnten sich Kolleginnen und Kollegen schon gestört fühlen, sodass der Arbeitgeber notfalls mit einer Abmahnung reagieren müsste – aber auch könnte.

Im Übrigen gilt auch für frisch Verliebte im Hormonrausch: Das Büro ist zum Arbeiten da – nicht zum Knutschen. Mit ein bisschen Rücksicht auf die Kolleginnen und Kollegen, die sich gerade nicht im Hormonrausch befinden, macht man eigentlich alles richtig. Dann darf sich der Chef auch nicht eimischen und die Liebe kann dann auch am Arbeitsplatz wachsen.


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