Das Auslieferungsverbot in der Verfassungsbeschwerde
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Art. 16 Abs. 2 Satz 1 GG statuiert das sog. Auslieferungsverbot:
Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Auslieferung bedeutet, dass eine Person zwangsweise auf Ersuchen eines ausländischen Staates an diesen überstellt wird. Dies erfolgt in der Regel zur Strafverfolgung oder -vollstreckung, kann aber auch aus anderen Gründen passieren.
Die Auslieferung stellt einen Gegensatz zur Abschiebung dar, weil hier die Initiative vom aufnehmenden Staat ausgeht, der den betroffenen Ausländer „loswerden“ will.
Auslieferung Deutscher an ausländische Justiz verboten
Das Auslieferungsverbot soll dem deutschen Staatsbürger garantieren, dass er innerhalb des deutschen Staates Zuflucht findet, also nicht dem Zugriff eines anderen Staates überlassen wird.
Das bedeutet freilich nicht, dass ein Deutscher im Ausland beliebig Straftaten begehen dürfte und dann vom deutschen Staat in Schutz genommen würde. Wird er noch im Ausland verhaftet, ist das kein Fall der Auslieferung, zumal die Bundesrepublik dann meist (von diplomatischen Bitten abgesehen) auch keine Handhabe hat, ihren Staatsbürger von ausländischen Behörden freizubekommen. Außerdem kann die Straftat, auch wenn sie im Ausland begangen wurde, unter bestimmten Voraussetzungen (§§ 4 bis 7 StGB) auch in Deutschland verfolgt werden.
Ausnahmen
Dieser absolute Auslieferungsschutz galt ursprünglich ganz absolut, wurde mittlerweile aber durch einen zweiten Satz etwas aufgeweicht:
Durch Gesetz kann eine abweichende, in das Auslieferungsverbot eingreifende Regelung für Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden, soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
Demnach sind bestimmte Auslieferungen im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit möglich, aber eben nur an EU-Mitgliedsstaaten und internationale Gerichtshöfe. In diesen Fällen kann man davon ausgehen, dass dort Prozesse stattfinden, die zumindest grundlegende Anforderungen an ein faires Verfahren beachten. Trotzdem wird aber die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze noch als zusätzliche Anforderung ausdrücklich genannt.
Europäischer Haftbefehl, Internationaler Strafgerichtshof
Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG ist allein noch keine ausreichende Grundlage für die Auslieferung. Das Grundgesetz erlaubt lediglich, dass ein Gesetz erlassen wird, das die genauen Voraussetzungen dafür festlegt. Das Auslieferungsverbot ist also nicht etwa völlig bedeutungslos geworden – die Auslieferung deutscher Staatsbürger soll weiterhin die Ausnahme bleiben.
Praktisch bedeutsam ist das Gesetz über den Europäischen Haftbefehl (EuHbG), das regelt, wann ein solcher EU-Haftbefehl in Deutschland gegen einen Deutschen vollzogen werden kann. Maßgebliches Kriterium ist dafür der Auslandsbezug der Tat. Nur, wenn dem Täter klar sein musste, dass seine Handlung weit überwiegend in die Zuständigkeit eines anderen Staates fallen wird, kann er nicht darauf vertrauen, dass er lediglich in Deutschland deswegen verfolgt werden kann.
Eine Auslieferung an internationale Gerichte, insbesondere an den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH), kommt dagegen kaum vor. Durch die Einführung des Völkerstrafgesetzbuchs (VStGB) sind sehr viele Kriegsverbrechen sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit in deutsches Recht umgesetzt worden, sodass eine Strafverfolgung auch durch deutsche Staatsanwaltschaften und Gerichte erfolgen kann, eine Auslieferung also an den IStGH also nicht notwendig ist, um Strafbarkeitslücken zu schließen.
Auslieferung von Ausländern nicht verboten
In Verfassungsbeschwerden geht es daher meist um die Auslieferung von Ausländern, die sich nicht auf dieses Grundrecht berufen können. Diese ist grundsätzlich zulässig, jedenfalls wird sie nicht durch Art. 16 Abs. 2 GG verboten. Das Nähere regelt das Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG).
Danach ist eine Auslieferung von Ausländern an das Ausland nicht ohne Weiteres möglich, sondern stets von der Beachtung verfahrensrechtlicher Mindeststandards abhängig. Zudem dürfen weder Folter, noch unmenschliche Behandlung, noch die Todesstrafe drohen. Die Gefahr einer rechtsstaatswidrigen Verfolgung kann nicht nur die Auslieferung unzulässig machen, sondern auch noch einen eigenständigen Asylgrund schaffen.
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