Das Berliner Testament und die Erbschaftsteuer

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Wenn ein Testament verfasst wird, was von knapp .40 % der Bevölkerung getan wird, entfallen ca. 60 % der Testamente auf das sogenannte „Berliner Testament“. Das Berliner Testament zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Ehepartner gegenseitig als Alleinerben einsetzen. Danach erbt der überlebende Partner zunächst das gesamte Vermögen. Nach dem Tod des Letztversterbenden geht das Vermögen an einen Dritten, meistens die Kinder, über.

Gut gedacht ist aber in manchen Fällen nicht immer gut gemacht. Besonders bei einem größeren Vermögen erweist sich das Berliner Testament aus erbschaftsteuerlicher Sicht oftmals als Nachteil, denn ist droht eine Doppelbesteuerung des Nachlassvermögens. Dieser Nachteil resultiert daraus, dass die Kinder beim ersten Erbfall leer ausgehen und somit Steuerfreibeträge von jeweils 400.000 € pro Kind nicht genutzt werden. Zu einer Doppelbesteuerung kann es dann kommen, wenn das ererbte Vermögen zunächst vom überlebenden Ehegatten und im zweiten Schritt von den Kindern versteuert werden müssen.

Ein Beispiel soll dies verdeutlichen:

Ein Ehepaar mit zwei Kindern hat ein Vermögen von jeweils 1 Millionen €. Verstirbt einer der Ehegatten, ohne dass ein Testament gefertigt wurde (es tritt gesetzliche Erbfolge ein wonach der Ehegatte ½, die Kinder jeweils ¼ erben) erbt der überlebende Ehepartner 500.000 € und die beiden Kinder jeweils 250.000 €. Diese Beträge liegen innerhalb des steuerlichen Freibetrages, sodass im ersten Erbfall keine Steuern anfallen. Verstirbt nun der zweite Ehepartner vererbt dieser 1,5 Millionen € an die beiden Kinder mit der Folge, dass diese jeweils 52.500 € Erbschaftsteuer zu zahlen haben.

Haben die Eheleute die Erbfolge in einem Berliner Testament geregelt, erbt der Ehegatte 1 Million €, die nach Abzug des Freibetrages mit 75.000 € zu versteuern sind. Nach dem Tod des überlebenden Ehepartners erben die Kinder jeweils 1 Million € und müssen diese nach Abzug des Freibetrages mit jeweils 90.000 € versteuern. Es fallen also für den ersten und zweiten Erbfall insgesamt 255.000 € Erbschaftsteuer an, ohne Berliner Testament beträgt die Steuerlast insgesamt 105.000 €, eine Differenz von immerhin 150.000 €.

Lösungsmöglichkeiten:

Keine Problemstellung ohne die Möglichkeit einer Lösung. Bei größeren Vermögen sollte überlegt werden, einen Teil des Vermögens bereits unmittelbar an die Kinder zu vermachen, gegebenenfalls in Verbindung mit der Einräumung eines Nießbrauchrechts für den überlebenden Ehegatten. Bei diesem sogenannten Nießbrauchvermächtnis übergibt der überlebende Ehegatte an die Kinder bestimmte Werte, für die zu seinen Gunsten ein Nießbrauchrecht eingeräumt wird. Dies führt dazu, sowohl eine eventuell anfallende Erbschaftsteuer zu reduzieren als auch den überlebenden Ehepartner wirtschaftlich abzusichern. Auch hierzu ein Beispiel: gehören zum Nachlass zwei Eigentumswohnung deren Wert bei 400.000 € liegt, können diese im Wege des Nießbrauchvermächtnisses an die beiden Kinder steuerfrei übertragen werden und der überlebende Ehegatte bleibt wirtschaftlich berechtigter, d. h. er erhält weiterhin die Mieteinnahmen.

Eine weitere Möglichkeit der steuerlichen Optimierung besteht darin, bereits zu Lebzeiten Schenkungen an den Ehepartner oder die Kinder vorzunehmen. Die Schenkungssteuerfreibeträge entsprechen den Erbschaftsteuerfreibeträgen, sodass zum Beispiel an Kinder jeweils 400.000 € steuerfrei übertragen werden können, an Enkelkinder jeweils 200.000 €. Um wirtschaftlich auch weiterhin unabhängig zu bleiben, können auch diese Schenkungen mit der Einräumung von Nießbrauchrechten „belastet“ werden, sodass die Eltern wirtschaftlich Berechtigte bleiben, solange sie leben.

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass es gerade bei größeren Vermögen sinnvoll ist eine Feinjustierung der Nachlassregelung vorzunehmen, gegebenenfalls mit der Kombination von lebzeitigen und testamentarischen Verfügungen.

Gerne stehe ich Ihnen bei der Nachlassregelung Ihres Vermögens mit Rat und Tat zur Verfügung und freue mich von Ihnen zu hören.


Hans-Peter Rien

Rechtsanwalt


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