Das besondere Ärgernis: Änderung der Flugzeiten vor der Reise – Urteil des Landgerichts Hannover

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Mit Urteil vom 27. April 2017 (8 S 46/16) hat das Landgericht Hannover den beklagten Reiseveranstalter verurteilt, den Reisenden die Kosten für einen Ersatzflug zu erstatten, nachdem vor Antritt der Reise die Zeit des Rückflugs von 13:40 Uhr auf 19:25 Uhr verschoben wurde.

Was war geschehen?

Die Klägerin schloss mit dem beklagten Reiseveranstalter für sich, ihren Lebensgefährten und ein Kleinkind einen Reisevertrag. Ziel der Reise war ein Urlaubshotel auf Mallorca. Für den Rückflug mit Air Berlin von Palma de Mallorca nach Frankfurt war der Start um 13:40 Uhr vorgesehen. Etwa sechs Wochen vor Beginn der Reise erhielt die Klägerin die Nachricht, dass der Rückflug erst um 19:25 Uhr starten werde. Zudem sollte er mit einer anderen Fluggesellschaft ausgeführt werden. Die Klägerin hat den Reiseveranstalter unter Fristsetzung aufgefordert, den Flug zu vertragsgerechten Zeiten durchzuführen. Der Reiseveranstalter hat geantwortet, dass es ihm nicht immer gelinge, ursprünglich vorgesehene Flugzeiten einzuhalten. Er könne die Flugdaten nun nicht mehr anpassen. Die Klägerin hat daraufhin für sich und ihre Familie bzgl. des Rückflugs Ersatzflüge bei der Deutschen Lufthansa AG mit Start um 13:15 Uhr gebucht und begehrt die Erstattung der Kosten in Höhe von 613,13 €.

Urteile I. und II. Instanz

Das zunächst angerufene Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Amtsgericht vertrat in der Entscheidung die Auffassung, dass die von der Beklagten einseitig vorgenommene Verlegung der Rückflugzeit um nahezu sechs Stunden einen Reisemangel darstellt, denn bei Nutzung dieses geänderten Flugs hätte die Klägerin ihren Wohnort erst in den späten Nachtstunden erreichen können, was ihr wegen des mitreisenden Kleinkindes nicht zumutbar war. Die Klägerin war daher berechtigt, im Wege der Selbstabhilfe eigenständig einen Flug zu buchen. Die hierfür aufgebrachten Kosten seien „erforderlich“ im Sinne des § 651c Abs. 3 BGB, sodass die Beklagte Kostenersatz zu leisten habe.

Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Reiseveranstalter hat die Berufung darauf gestützt, dass das angefochtene Urteil auf Rechtsfehlern beruhe, denn es habe verkannt, dass als Voraussetzung der Selbstabhilfe eine wesentliche Beeinträchtigung der Pauschalreise erforderlich sei. Die Verschiebung der Zeit des Rückflugs sei allerdings keine wesentliche Beeinträchtigung, sondern auch vor dem Hintergrund, dass die Verschiebung der Flugzeit mehr als sechs Wochen vor Reisebeginn mitgeteilt wurde, lediglich eine entschädigungslos hinzunehmende Beeinträchtigung. Die Schwelle eines Reisemangels sei noch nicht überschritten worden, auch vor dem Hintergrund, dass sich der Urlaub durch den späteren Abflug verlängert habe.

Das Landgericht ist der Argumentation allerdings nicht gefolgt und hat festgehalten, dass die Beklagte trotz der Aufforderung der Klägerin nicht bereit war, einen anderen Rückflug anzubieten. Zwar müsse die Klägerin eine Verschiebung der Abflugzeit in einem gewissen Zeitrahmen akzeptieren, allerdings sei bei einer Verschiebung von mehr als 4 Stunden die Zumutbarkeitsschwelle überschritten und ein Reisemangel sei deshalb gegeben. Auch wegen des mitreisenden Kleinkindes sei der Einhaltung der vertraglich vereinbarten Flugzeit besonderes Gewicht beizumessen.

Die Entscheidung des Landgerichts Hannover ist zu begrüßen, da sie die ausufernde Praxis mancher Veranstalter, die Flugzeiten beliebig zu verschieben, einschränkt. Dem Reisenden wird daher mehr Sicherheit bei seiner eigenen zeitlichen Disposition gegeben.

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