Das Persönlichkeitsrecht von Polizisten

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Wann und unter welchen Voraussetzungen dürfen Bildaufnahmen von Polizeibeamt*innen gemacht werden?

Immer häufiger kommt es gerade im Rahmen von Demonstrationen oder anderen Polizeieinsätzen dazu, dass Foto- oder Videoaufnahmen von Polizist*innen angefertigt werden. Mit dem Smartphone sind diese schnell gemacht und noch schneller online verbreitet. Im Rahmen solcher Vorkommnisse stellt sich für die Betroffenen immer wieder die Frage, ob denn auch Polizist*innen ein gleichsam weitreichendes und schutzwürdiges Persönlichkeitsrecht haben, wie alle anderen Bürger auch. Wie diese Frage zu beantworten ist und unter welchen Voraussetzungen Bildaufnahmen das Persönlichkeitsrecht der Beamt*innen verletzen, soll Inhalt dieses Beitrags sein.

Können sich Beamte überhaupt auf Grundrechte – also auch auf das Persönlichkeitsrecht - berufen?

Im Fall der Polizeibeamt*innen stellt sich die Frage, inwiefern solche sich überhaupt auf das Persönlichkeitsrecht als Grundrecht berufen können. Anknüpfungspunkt für diese Fragestellung ist die Annahme, dass Grundrechte funktional Abwehrrechte des einzelnen Bürgers gegen den Staat sind. Polizeibeamt*innen sind jedoch aufgrund ihres Näheverhältnisses zum Staat (sog. Sonderrechtsverhältnis) dem Staat besonders verpflichtet, so dass eine Berufung auf Grundrechte ihrer Funktion widersprechen würde (sog. Konfusionsargument). Während diese Argumentation früher äußerst gängig war, wird mittlerweile auch den Beamten die Berufung auf Grundrechte ermöglicht, wenn auch der Grundrechtsschutz in seiner Wirkung bei Beamten abgeschwächt ist.

Rechtmäßigkeit von Bild- und Tonaufnahmen

Bei der Anfertigung von Bildaufnahmen ist zwischen der zivilrechtlichen und der strafrechtlichen Dimension zu trennen.

§§ 22, 23 KUG

Hinsichtlich der zivilrechtlichen Dimension richtet sich die Zulässigkeit von Bild- und Videoaufnahmen von Polizeibeamt*innen bei Einsätzen im Verhältnis zu Bürgern nach den §§ 22, 23 KUG. Danach dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Bereits aus dem Wortlaut folgt, dass die bloße Anfertigung von Bildnissen noch nicht eine Einwilligung nach § 22 KUG voraussetzt, sondern nur die Verbreitung oder das öffentliche Zur-Schau-Stellen.

Gegen das bloße Herstellen/Anfertigen einer Aufnahme kann damit allein aus der deliktischen Generalklausel des §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG vorgegangen werden. Hierbei sind die betroffenen Rechtsgüter und Interessen im Einzelfall abzuwägen. Heimliche Bildaufnahmen sind hingegen regelmäßig nicht zu dulden. Aufnahmen auf Demonstrationen geschehen regelmäßig nicht heimlich, da auf Großveranstaltungen mit Foto- und Videoaufnahmen gerechnet werden muss.

Sofern die Bilder verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden, bedarf es damit grundsätzlich der Einwilligung nach § 22 KUG. Diese kann im Einzelfall jedoch nach § 23 Abs. 1 KUG entbehrlich sein. Werden einzelne Polizeibeamt*innen auf einer Demonstration fotografiert, so kann es sich durchaus um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG handeln, so dass eine Einwilligung nicht erforderlich ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn nicht ein bloß privates, sondern durchaus öffentliches Interesse verfolgt wird oder aus Gründen der Beweissicherung ggf. rechtswidriger polizeilicher Maßnahmen erfolgt. Portraitaufnahmen einzelner Polizist*innen sind hingegen unzulässig, da es regelmäßig am öffentlichen Interesse an einer solchen Aufnahme fehlt.

Wird hingegen das Geschehen einer Demonstration aufgezeichnet und sind die Beamt*innen lediglich als Teilnehmende an der Veranstaltung zu erkennen, so greift regelmäßig die Ausnahme nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG, da es sich um Bilder von Versammlungen handelt, an denen die dargestellten Beamt*innen im weitesten Sinne teilgenommen haben.

§ 201a StGB

Hinsichtlich der strafrechtlichen Dimension ließe sich an § 201a StGB denken. Eine Strafbarkeit kommt jedoch nur dann in Betracht, wenn die Intim- oder Privatsphäre betroffen ist, also die fotografierte Person sich in einer Privatwohnung aufhält oder die Aufnahme besonders anstößig oder ehrverletzend ist. Bei Bildaufnahmen von Beamt*innen im Rahmen ihrer Einsätze dürften die Voraussetzungen regelmäßig nicht vorliegen. So urteilte das LG Osnabrück mit Beschluss vom 24.09.2021 (Az. 10 Qs 49/21), dass Bildaufnahmen im öffentlichen Raum regelmäßig straffrei sind.

§ 201 StGB

Sieht man sich den § 201 StGB an, so wird deutlich, dass es für die rechtliche Bewertung von Belang sein kann, ob es sich um eine bloße Bildaufnahme oder um eine Videoaufnahme mit Ton handelt. Denn die das gesprochene Wort schützende Strafnorm des § 201 StGB stellt nicht nur das Gebrauchen oder Zugänglichmachen unter Strafe, sondern auch die Anfertigung solcher Tonaufnahmen. Maßgeblich ist nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB, ob es sich um ein „nichtöffentlich“ gesprochenes Wort handelt. Dabei kann auch eine sog. faktische Öffentlichkeit genügen. Eine solche liegt dann vor, wenn der sich äußernde Beamte situationsbedingt damit rechnen muss, dass seine Äußerung auch von Dritten wahrgenommen wird. Dies dürfte bei Demonstrationen oder anderen Polizeieinsätzen häufig der Fall sein, muss aber im Einzelfall beurteilt werden.

Bestehen Abwehransprüche der Polizeibeamt*innen?

Abgesehen von einer etwaigen Strafbarkeit bestehen in zivilrechtlicher Hinsicht bei Bild- oder Videoaufnahmen Abwehransprüche der betroffenen Beamt*innen, sofern die o.g. Voraussetzungen vorliegen.

Bei der Verbreitung und dem öffentlichen Zur-Schau-Stellen kommt ein Beseitigungsanspruch nach §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 22 KUG im Wege der Naturalrestitution (§ 249 Abs. 1 BGB) in Betracht.

Im Übrigen kann bei der bloßen Anfertigung von Aufnahmen auf die Generalklausel des § 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 (analog) BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zurückgegriffen werden, wobei der Anspruch auf Beseitigung und Unterlassung nicht schematisch besteht, sondern grundsätzlich eine Abwägung zwischen den kollidierenden Interessen voraussetzt.

Bei besonders schweren Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht der Beamt*innen können u.a. auch Geldentschädigungsansprüche gem. §§ 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG bestehen.

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Foto(s): Adobe Stock/pattilabelle

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