Das strafende Berufsverbot – wann kann einem Arzt verboten werden, als Arzt zu arbeiten?

  • 3 Minuten Lesezeit

Einleitung

In einem Strafverfahren kann als Nebenstrafe nach § 70 Strafgesetzbuch (StGB) auch ein Berufsverbot verhängt werden. Dieses kann ausgesprochen werden, wenn der Beschuldigte wegen einer rechtswidrigen Tat, die er unter Missbrauch seines Berufs oder Gewerbes begangen hat, verurteilt wird. Es kann auch verhängt werden, wenn der Beschuldigte die Straftat unter grober Verletzung der Pflichten, die mit dem Beruf oder Gewerbe zusammenhängen, begangen hat.

Der § 70 StGB soll die Allgemeinheit vor Gefahren schützen, die von der nicht hinreichend zuverlässigen Person ausgehen.

Urteil

Der Bundesgerichtshof (BGH) – 2 StR 423/14 – musste nun in einem Urteil entscheiden, ob gegen eine Ärztin, die wegen Totschlags in Tateinheit mit Verabreichen von Betäubungsmitteln mit Todesfolge verurteilt wurde, zusätzlich noch ein Berufsverbot verhängt werden kann.

Die Angeklagte ist seit ihrer Jugend drogenabhängig. Sie hat dann aber Medizin studiert und erlangte eine Approbation als Ärztin. Im Jahr 2010 heiratete sie das später getötete Opfer. Ihr Ehemann hatte aber in der Zwischenzeit eine Geliebte. 

Im Jahr 2011 erlangte die Beschuldigte eine Anstellung als Ärztin. Ihr Ehemann drohte ihr später an, dass er sie wegen Drogenkonsums anzeigen werde und sie so die Approbation verlieren würde. Damit erpresste er sie.

Nach einem Streit nahm die Beschuldigte eine Spritze mit einer tödlichen Dosis Morphium und stach sie ihrem Ehemann in den Oberschenkel. Dieser verstarb darauf.

Das Landgericht sah diese Tat nicht als Mord nach § 211 StGB aber als vollendeten Totschlag nach § 212 StGB an. Der BGH ist dem gefolgt.

Das Landgericht verhängte neben der Strafe ein Berufsverbot nach § 70 Absatz 1 StGB. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Beschuldigte das Morphium mittels eines von ihr selbst ausgestellten Rezeptes erlangt habe. Damit hat sie ihre Pflicht als Ärztin, menschliches Leben zu erhalten und zu pflegen, grob verletzt. Stattdessen hat sie einen Menschen getötet.

Der Bundesgerichtshof sah die Verurteilung wegen vollendeten Totschlags durch das Landgericht als rechtmäßig an. Hinsichtlich des Berufsverbotes hob er jedoch das Urteil des Landgerichts auf. Nach Ansicht des BGH liegen die Voraussetzungen für die Verhängung eines Berufsverbotes nicht vor. 

Ein Missbrauch des Berufs liegt nach Ansicht des BGH nur vor, wenn die Tat in einem inneren Zusammenhang mit der Berufsausübung steht. Es genügt nicht, dass der Beruf rein äußerlich die Möglichkeit gibt, bestimmte strafbare Handlungen zu begehen. Dies liegt in diesem Fall nicht vor, weil die Straftat im Affekt in einer zugespitzten Auseinandersetzung begangen wurde.

Weiterhin lässt sich auch nicht eindeutig eine Prognose treffen, dass die Beschuldigte weiterhin rechtswidrige Taten unter Ausnutzung ihrer Approbation als Ärztin begehen werde. Mit einer vergleichbaren Tat sei in Zukunft bei der Beschuldigten nicht mehr zu rechnen.

Deshalb hob der BGH das Urteil des Landgerichts hinsichtlich des Berufsverbotes auf.

Zusammenfassung und Ausblick

Wenn ein Beschuldigter wegen einer rechtswidrigen Tat verurteilt wird, wird das Gericht auch die Möglichkeit prüfen, ein Berufsverbot zu verhängen. Dabei muss die Tat unter Missbrauch des Berufes oder des Gewerbes begangen worden sein oder der Beschuldigte die Tat unter grober Verletzung seiner beruflichen Pflichten begangen haben. 

Zwischen der Tat und der Berufsausübung muss aber ein innerer Zusammenhang bestehen. Das Gericht muss die Prognose treffen, dass weiterhin vom Täter rechtswidrige Taten unter Missbrauch des Berufes erwartet werden. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Anforderungen für die Verhängung eines Berufsverbotes hoch sind. Nur wenn die Tat in einem inneren Zusammenhang mit dem Beruf begangen wird und eine negative Zukunftsprognose getroffen werden kann, kommt ein Berufsverbot in Betracht.

Hilfe durch Fachanwalt für Strafrecht

Haben Sie bereits Kenntnis von einem Strafverfahren gegen Sie erlangt, sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und vorerst keine Angaben zur Sache vor der Polizei oder Staatsanwaltschaft machen. Vielmehr sollten Sie sich an einen im Strafrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden. Ein Strafverteidiger kann vor einer Einlassung Akteneinsicht nehmen und die Beweislage und die Sachlage prüfen. Erst im Anschluss kann die beste Verteidigungsstrategie bestimmt werden.

Rechtsanwalt Steffen Dietrich hat eine langjährige Erfahrung als Strafverteidiger in Berlin. Sie können Ihn unter den angegebenen Kontaktdaten erreichen oder vorab eine E-Mail schicken.


Rechtstipp aus dem Rechtsgebiet

Artikel teilen:


Weitere Rechtstipps von Rechtsanwalt Steffen Dietrich

Beiträge zum Thema