Datenschutz beim asset deal, ein häufig unterschätztes Problem

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Unter dem 30. Juli 2015 veröffentlichte die oberste Aufsichtsbehörde für den Datenschutz in Bayern, das bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in Ansbach, eine Pressemitteilung über die datenschutzrechtlichen Probleme hinsichtlich des Verkaufs von Kundendaten beim Unternehmensverkauf. Die Behörde machte dabei durch die Verhängung von Bußgeldern gegenüber Unternehmenskäufern und -verkäufern von sich Reden. Der nachfolgende Artikel skizziert Sachverhalt, Probleme und bietet Orientierung zur Problemlösung.

Unternehmenstransaktionen sind aus der heutigen Beratungspraxis von Rechtsanwälten kaum wegzudenken. So findet sich der Unternehmensverkauf sowohl in der Privatwirtschaft, als auch in der öffentlichen Daseinsvorsorge. Hierbei gilt es zwischen dem so genannten share deal (der Käufer erwirbt vom Verkäufer bspws. die Anteile an dem zum Verkauf stehenden Onlineshop) und dem asset deal (vom Verkäufer werden dabei sämtliche Wirtschaftsgüter, die so genannten assets, wie beispielsweise Grundstücke, Maschinen oder Daten, übertragen) zu unterscheiden. In letzterem Fall muss jedes Wirtschaftsgut und jede Verbindlichkeit mit der Zustimmung des jeweiligen Vertragspartners einzeln an den Käufer transferiert werden.

Sachverhalt:

Ein solcher asset deal war vom BayLDA herangezogen worden, um im Wirtschaftsleben die „Sensibilität für den Datenschutz zu schärfen“. Dabei griff das BayLDA auf ein Allheilmittel zurück, um seine Position zu untermauern. Das Bußgeld.

Im Rahmen des skizzierten Unternehmenskaufs wurden E-Mail-Adressen von Kunden eines Onlineshops vom Verkäufer auf den Käufer übertragen. Für die Übertragung der personenbezogenen Daten fehlte die datenschutzrechtliche Einwilligung gemäß § 4a Abs. 1 BDSG. Die Einwilligung ist nur dann wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht und dieser Betroffene auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, auf die Verarbeitung oder Nutzung, sowie auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hingewiesen wird.

Besagte Einwilligung war in concreto entweder gar nicht oder lediglich nur für den Verkäufer eingeholt worden. Dies wiederum führte zu dem Umstand, dass ganze Datensätze mit personenbezogenen Daten, wie beispielsweise Name, E-Mail-Adresse oder Bankverbindung, ohne Einwilligung der jeweiligen Kunden auf den Unternehmenserwerber übertragen wurden. Konsequenz ist die mögliche Sanktion mittels Geldbuße bis zu 300.000 €.

Problem:

Problematisch war, dass die Vertragspartner offensichtlich das Problem des Datenschutzes verkannt hatten. Die Regelungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) finden immer dann Anwendung, wenn personenbezogene Daten einer natürlichen Person beeinträchtigt werden. Sollte, wie im vorliegenden Fall, eine Kundendatei auf den Erwerber übertragen worden sein, wäre zunächst eine Prüfung angebracht, ob mit den jeweiligen Daten ein Personenbezug hergestellt werden kann.

1.

Datenschutzrechtlich verhältnismäßig unproblematisch ist die Übermittlung von Namen und Postanschriften von Kunden. Diese Daten, auch als so genannte Listendaten bekannt, dürfen nach dem Willen des BayLDA grundsätzlich auch ohne vorherige Einwilligung des Betroffenen für gewerbliche Zwecke übermittelt werden, sofern das veräußernde Unternehmen die Übermittlung dokumentiert. Daten, die grundsätzlich aus öffentlich zugänglichen Quellen gewonnen werden können, müssen demgemäß nicht unter besondere Voraussetzungen gestellt werden.

2.

Da die Unternehmen jedoch wesentlich mehr Daten über ihre Kunden, wie beispielsweise Telefonnummern, E-Mail-Adressen, Konto-und/oder Kreditkartendaten, zudem häufig auch Kaufhistorien, d. h. Informationen über vom Kunden getätigte Käufe, besitzen, erhärten sich die Listendaten recht schnell zu dem vom BDSG geschützten personenbezogenen Daten. Anhand der jeweiligen Branche ist in der Praxis zu erkennen, dass Daten dieser Art ebenfalls, teils im Vorbeigehen, teils jedoch auch gezielt, den „Inhaber“ wechseln. Eine solche Vorgehensweise ist nur dann zulässig, wenn die betreffenden Kunden in die Übermittlung solcher Daten eingewilligt haben, oder zumindest vorab der Transaktion auf die geplante Übermittlung der Datenpakete hingewiesen wurden. Die Kunden müssen somit über den anstehenden Inhaberwechsel informiert werden. Zusätzlich müssen den Betroffenen Widerspruchsrechte eingeräumt werden. Ob ein solches „Opt Out“ Verfahren zulässig ist, ist jedoch umstritten. Wird das Widerspruchsrecht ausgeübt, ist die Datenerhebung des Käufers rechtswidrig.

3.

Bei Telefonnummern und E-Mail-Adressen ergibt sich das zusätzliche Problem, dass gemäß dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb der Erwerber diese Daten nur dann zu Werbezwecken nutzen darf, wenn er eine ausdrückliche Werbeeinwilligung des jeweiligen Kunden besitzt, § 7 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 UWG.

Unabhängig von der datenschutzrechtlichen Einwilligung, die in diesen konkreten Konstellationen nicht ausreicht, kann ein Verstoß gegen das UWG ebenfalls nicht durch die datenschutzrechtliche Einräumung eines Widerspruchsrechts vermieden werden.

Infolgedessen bleibt festzuhalten, dass der Unternehmensverkäufer sowohl gegen Regelungen des BDSG, als auch gegen Regelungen des UWG verstößt. Soll heißen, abgesehen von den bereits im Vorfeld einkalkulierten Kosten bezüglich des Kaufpreises, der Rechtsberatung, Notarkosten, etc., lauern weitere Fallstricke im BDSG und im UWG. Da das Gesetz der Aufsichtsbehörde einen Ermessensspielraum von bis zu 300.000 € einräumt, kann somit der angedachte asset deal schnell unrentabel werden.

Laut Ansbach tragen sowohl der Veräußerer, als auch der Erwerber als so genannte „verantwortliche Stelle“ die datenschutzrechtliche Verantwortung für die unzulässige Übergabe von Kundendaten, respektive personenbezogenen Daten. Der Verkäufer übermittelt die Daten, während der Erwerber diese Daten erhebt. Die unzulässige Übermittlung sowie die unzulässige Erhebung stellen dabei Ordnungswidrigkeiten dar. Sollte somit der Verkauf dieser personenbezogenen Daten das einzig lukrative Wirtschaftsgut sein, könnte im schlimmsten Fall der Unternehmenskauf scheitern.

Lösungsansätze:

Vorab der Durchführung des Kaufvertrages muss zunächst im Rahmen des Kaufgegenstandes differenziert werden, welche Daten übertragen werden. Es muss zwischen Daten von Vertragspartnern, deren Verträge von dem Unternehmenskäufer fortgeführt werden sollen und den zu veräußernder Adressdaten differenziert werden, die für eine persönliche Werbung des Erwerbers genutzt werden sollen.

Sollen Verträge fortgeführt werden, muss ohnehin eine Einwilligung seitens der Vertragspartner des Verkäufers vorliegen. Datenschutzrechtliche Probleme sind dabei weitestgehend ausgeschlossen.

Ungleich schwieriger ist die Konstellation hinsichtlich möglicher wettbewerbsrechtlicher Verstöße. Werbemails oder Werbeanrufe dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn der Empfänger in den Erhalt von Werbung über E-Mail und Telefonanruf ausdrücklich eingewilligt hat. Da der Vertragspartner im besten Fall zumindest eine Einwilligung gegenüber Werbeanrufen des Unternehmensverkäufers abgegeben hat, ist fraglich, ob diese Einwilligung im Rahmen des asset deals sich ebenfalls auf den Erwerber erstreckt. Höchstrichterlich noch nicht entschieden, muss entweder eine neue Einwilligung eingeholt werden oder aber man greift auf die Briefwerbung zurück. Hierbei kann wiederum versucht werden, die besagte wettbewerbsrechtliche Einwilligung seitens des potentiellen Kunden einzuholen.

Adressdaten, als Listendaten (Name, Anschrift und Geburtsjahr) können zur Briefwerbung herangezogen werden. Bezüglich Mailadressen und Telefonnummern ist die Einholung einer Einwilligung, sowohl in datenschutzrechtlicher, als auch in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht unumgänglich. Sollte die besagte Einwilligung fehlen, ist allenfalls eine Werbung auf dem Postweg zulässig. Infolgedessen wäre es beispielsweise möglich, seitens des Verkäufers direkt bei der Datenerhebung im Rahmen der Einwilligungserklärung sowohl die Übermittlung der Daten im Rahmen der Unternehmensnachfolge zu regeln, als auch die werbliche Einwilligung auf einen potentiellen Käufer zu erstrecken.

Es bleibt somit zu hoffen, dass die Bußgeldbescheide gerichtlich angegriffen wurden. Wir sehen aufgrund der unsicheren Rechtslage gute Erfolgsaussichten, die Bußgeldbescheide gänzlich aus der Welt zu schaffen


Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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