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Dauerrot, gerade noch Gelb und feindliches Grün: Recht rund um die Ampel

  • 6 Minuten Lesezeit
Christian Günther anwalt.de-Redaktion

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Vor 101 Jahren ging die erste ihrer Art am 5. August 1914 an einer Kreuzung des im US-Bundesstaat Ohio liegenden Cleveland in Betrieb. Gemeint ist die allererste elektrische Ampel, an die Google mit einem Doodle erinnert. Seitdem hat sich der Taktgeber des modernen Straßenverkehrs millionenfach über die ganze Welt verbreitet. Etwa 1,5 Millionen Ampelanlagen sind es allein in Deutschland, wovon wiederum ca. 2100 in Berlin den Verkehr regeln – der Stadt, an deren Potsdamer Platz 1924 die erste elektrische Ampel Europas stand. Im Laufe ihrer über hundertjährigen Geschichte hat die Ampel dabei auch im Rechtsverkehr ihre Spuren hinterlassen, egal ob man ihre Anordnungen missachtet oder ihnen Folge leistet. Daher: Rot, Gelb, Grün und los geht’s!

Rot

Haltelinie überfahren! Bereits Rotlichtverstoß?

Rot ordnet an: „Halt vor der Kreuzung“. So steht es in § 37 Straßenverkehrsordnung (StVO), derzufolge die Ampel laut Juristendeutsch ein Wechsellichtzeichen ist. Doch wo soll man vor der Kreuzung halten? Beginnt diese bereits an einer vorhandenen Haltelinie? Und droht bei deren Überfahren bei Rot bereits ein Bußgeld? Wie so oft kommt es darauf an.

Bei einer durchgezogenen Haltelinie – genauer gesagt dem Verkehrszeichen 294 – ist bei Rot dort zu warten. Denn ergänzend zu Halte- oder Wartegeboten, wie sie etwa eine Ampel gibt, ordnet die Haltelinie an: „Wer ein Fahrzeug führt, muss hier anhalten“. Wer danach zum Stehen kommt, muss zumindest für das Überfahren der Haltelinie mit einem Bußgeld rechnen.

Sofern man dabei allerdings nicht in den Kreuzungsbereich gerät, scheidet ein Rotlichtverstoß aus. Als Kreuzung gilt übrigens die Schnittfläche zweier oder mehrerer sich schneidender Fahrbahnen verschiedener Straßen, die sich auf der gegenüberliegenden Seite, unter Umständen seitlich versetzt, fortsetzen. Der eigentliche Kreuzungsbereich liegt also zwischen den Fluchtlinien der sich kreuzenden Fahrbahnen. Das lässt sich auch an der Funktionsweise sogenannter „Ampelblitzer“ oder „Rotlichtblitzer“ erkennen. Hier wird mit Überfahren der Haltelinie bei Rot über eine in der Fahrbahn befindliche Induktionsschleife ein erster Blitz ausgelöst, der zu einem ersten Foto führt. Ein zweites Foto erfolgt dann regelmäßig, wenn ein Fahrzeug über eine weitere am Kreuzungsbereich befindliche Induktionsschleife gelangt. Je nachdem, ob die Ampel dabei kürzer oder länger als 1 Sekunde rot war, liegt ein einfacher oder ein qualifizierter Rotlichtverstoß vor, was insbesondere über ein Fahrverbot entscheidet.

Keinesfalls in die Kreuzung einfahren sollte man, wenn die Ampel vor Überfahren der Linie noch Grün zeigte, dann aber auf Rot umspringt, weil man etwa wegen einer verstopften Kreuzung warten musste. Sonst riskiert man einen Rotlichtverstoß (BGH, Beschluss v. 24.06.1999, Az.: 4 StR 61/99).

Das bloße Überfahren einer unterbrochenen Wartelinie ist dagegen unschädlich. Diese empfiehlt nur das Anhalten und schreibt es nicht vor. Die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer kann aber auch hier ein Bußgeld nach sich ziehen. Auch das Schild „Bei Rot hier Halt!“ ist im Übrigen kein Vorschriftzeichen und daher allein nicht bußgeldbewehrt.

Rote Ampel umfahren erlaubt?

Mit dem Umfahren einer roten Ampel ist hier selbstverständlich nicht gemeint, die Ampelanlage plattzuwalzen. Vielmehr geht es darum, über eine angrenzende Fläche an einem Rotlicht vorbeizufahren, wie etwa über das Gelände einer angrenzenden Tankstelle. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm stellte in einem solchen Fall darauf ab, welchen Zwecken die Fläche dient, über die man abkürzt (OLG Hamm, Beschluss v. 02.07.2013, Az.: 1 RBs 98/13). Während man auf das Tankstellengelände eben auch zum Tanken fahren könnte, sieht das beispielsweise bei einem zur Vermeidung der roten Ampel befahrenen Radweg anders aus. Kurz gesagt: Auf Flächen, wo man generell nichts verloren hat und andere zudem gefährdet, muss man mit entsprechenden Konsequenzen beim Umfahren roter Ampeln rechnen.

Auf ewig warten bei Dauerrot?

Zeigt die Ampel wegen eines Defekts nur noch Rot, sehen davor wartende Verkehrsteilnehmer früher oder später ebenfalls rot. In solchen Ausnahmefällen darf man die Kreuzung ausnahmsweise überqueren – allerdings nur mit äußerster Vorsicht. Schließlich kann dem eigenen „Dauerrot“ in der Querrichtung zur Kreuzung ein „Dauergrün“ gegenüberstehen und andere Verkehrsteilnehmer können entsprechend schnell unterwegs sein, wenn sie die Kreuzung überqueren.

Gelb

Bei Gelb noch drüber geht immer, oder?

Bei Gelb noch schnell über die Kreuzung huschen, ist erlaubt – denken jedenfalls viele. Grundsätzlich ordnet Gelb laut StVO an: „Vor der Kreuzung auf das nächste Zeichen warten". Die Dauer der Gelbphase hängt dabei grundsätzlich von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit ab. Bei 50 km/h beträgt sie in der Regel 3 Sekunden, bei erlaubten 60 km/h sind es 4 Sekunden und bei 70 km/h dauert „Gelb“ 5 Sekunden. Wer davon ausgehend noch genügend Zeit zum Anhalten hatte, muss bei beginnender Gelbphase entsprechend bremsen. Geht das nicht mehr, darf man den Kreuzungsbereich noch bei Gelb durchqueren, muss aber besonders auf den Verkehr achten. Dabei kommt es natürlich auch auf die jeweiligen Umstände wie Schwere des Fahrzeugs, etwaige gefährliche Ladung und Straßenverhältnisse wie etwa Glätte an, was die eigene Fahrweise angeht.

Darauf vertrauen, dass der Vordermann wie man selbst bei Gelb noch drüberrollt, sollte man jedenfalls nie. Wer auffährt, weil der andere bremst, damit er noch rechtzeitig vor der Ampel zum Stehen kommt, muss selbst bei stärkerem Abbremsen mit einer Alleinschuld rechnen. Eine Pflicht, dass der Vorausfahrende vor dem Bremsen nach dem Hintermann schauen muss, gibt es nicht. Ohnehin ist ein ausreichender Abstand Sache des hinterher Fahrenden. Etwas anderes gilt nur, wenn die Vollbremsung des Vordermanns so spät erfolgte, dass dieser erst im Kreuzungsbereich zum Stehen kam. Im Übrigen kann ein provozierter Auffahrunfall auch vor einer gelben Ampel einen gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr und damit eine Straftat darstellen.

Rotlichtsünder gegen Linksabbieger macht 50 : 50?

Wer beim Linksabbiegen mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidiert, haftet übrigens auch dann erhöht, wenn der Unfallgegner gerade noch bei „Hellrot“ über die Ampel gefahren ist. Die Wartepflicht des Abbiegenden überwiegt hier regelmäßig die Anhaltepflicht des entgegenkommenden Fahrers (BGH, Urteil v. 07.02.2012, Az.: VI ZR 133/11).

Grün

Vor grüner Ampel wartende Fahrer anhupen?

Grün gilt als beruhigende Farbe. Vielleicht ist das der Grund, warum manche vor einer grünen Ampel warten, statt weiterzufahren. Dahinter stehende Fahrer denken sich dagegen „Fahr doch, grüner wird’s nicht“ und greifen oft zur Hupe. Das ist in solchen Fällen eigentlich tabu und kann als Ordnungswidrigkeit 5 Euro kosten. Denn die Hupe ist dazu da, um andere vor Gefahren zu warnen. Das Warten vor einer grünen Ampel beinhaltet aber keine unmittelbare Gefahr. Insofern gebietet Grün auch nicht das Weiterfahren, sondern es erlaubt es bloß. Wer allerdings grundlos vor einer grünen Ampel bremst und anhält, kann – da er den Verkehrsfluss behindert – wegen § 8 Abs. 2 StVO seinerseits eine Ordnungswidrigkeit begehen.

Fehlfunktion und das feindliche Grün

Grün bedeutet: „Der Verkehr ist freigegeben“. Das kann bei einer Fehlfunktion der Ampelanlage, wenn sie für jede Fahrtrichtung Grün zeigt, zu gefährlichen Unfällen führen. Schließlich glaubt jeder, Vorfahrt zu haben. Juristen bezeichnen solche Fälle als „feindliches Grün“. Regelmäßig haftet dann der Ampelbetreiber für die fehlerhafte Ampelschaltung. Da es sich dabei oft um den Rechtsträger der Straßenverkehrsbehörde handelt, spielen die Fälle oft im Bereich der Amtshaftung.

Der Nachweis für die Fehlfunktion zum Unfallzeitpunkt obliegt allerdings den Geschädigten. Unter Umständen genügen dafür Zeugenaussagen, selbst wenn sich die technischen Gründe nicht vollständig ermitteln lassen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 18.07.2013, Az.: 9 U 23/12). Bei regelmäßig nachgewiesener Wartung und bloßer Behauptung geschädigter Verkehrsteilnehmer, die Ampel habe nicht richtig funktioniert, muss ein Gericht nicht unbedingt einen Sachverständigen heranziehen.

Regeln im Kreisverkehr

Ampelanlagen erhalten auch hierzulande zunehmend Konkurrenz durch Kreisverkehre, die in anderen Ländern längst gang und gäbe sind und ihren jeweils eigenen Regeln unterliegen. In Deutschland misstraute man ihnen lange – auch dort wo Platz für sie war. So sollen etwa unter dem in Würzburg im Jahr 1960 zum dreispurigen Kreisverkehr umgestalteten Berliner Ring vorsorglich Leitungen für eine Ampelanlage verlegt worden sein. Man vermutete, die Verkehrsteilnehmer könnten womöglich mit dem Kreisel nicht klarkommen.

Und wem haben wir die elektrische Ampel letztendlich zu verdanken? Erfunden hat sie Lester Wire. Der war passenderweise Polizist von Beruf und seine Heimatstadt Salt Lake City die erste Stadt mit einem verknüpften Ampelsystem. Seine erste Ampel sah dabei aus wie ein Vogelhaus, verfügte nur über Lichter in Rot und Grün und war noch manuell zu bedienen. Die Ampeln der Zukunft sollen dagegen im Kontakt mit den Fahrzeugen stehen und so den Verkehrsfluss steuern.

(GUE)

Foto(s): ©Fotolia.com

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