Der rechtssichere Abschluss von Aufhebungsverträgen – Das müssen Arbeitgeber wissen! (Teil 4)

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Wie bereits im dritten Teil der Rechtstipp-Serie angesprochen, wird ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag in den meisten Fällen nur dann unterzeichnen, wenn er im Gegenzug eine Abfindung vom Arbeitgeber erhält. Auch für den Arbeitgeber kann die Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages die wirtschaftlich sinnvollste Variante zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit einem Arbeitnehmer sein.

Der folgende Rechtstipp stellt zunächst dar, in welcher Fallkonstellation eine Abfindungszahlung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages für den Arbeitgeber besonders sinnvoll ist. Schließlich soll überblicksweise noch auf weitere Details zum praxisrelevanten Thema „Abfindungshöhe“ eingegangen werden.

Das Risiko der Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess

Der wirtschaftliche Schaden, den ein Arbeitgeber durch die Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess erleidet, kann schnell einen fünfstelligen Betrag ausmachen. Denn gemäß § 615 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist der Arbeitgeber nach der Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess zur Zahlung von Annahmeverzugslohn an den betroffenen Arbeitnehmer verpflichtet. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber nachträglich für die gesamte Dauer des Kündigungsschutzprozesses das Gehalt des Arbeitnehmers an diesen auszahlen muss, obwohl der Arbeitnehmer in diesen Fällen ab dem „Wirksamwerden“ der Kündigung gar nicht gearbeitet hat.

In vielen Fällen, in denen die Erfolgsaussichten des Arbeitgebers in einem eventuell folgenden Kündigungsschutzprozess schlecht sind, ist es daher wirtschaftlich sinnvoller, durch einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungszahlung eine rechtssichere Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu erreichen. Schlechte Erfolgsaussichten hat der Arbeitgeber in einem Kündigungsschutzprozess etwa dann, wenn die Arbeitnehmerin Sonderkündigungsschutz genießt (z.B. aus § 17 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes (MuSchG)).

Die Höhe der Abfindung 

Aus wirtschaftlicher Perspektive ist die Höhe der Abfindung von zentraler Bedeutung. Grundsätzlich gilt bezüglich der Höhe der in einem Aufhebungsvertrag vereinbarten Abfindung der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Das bedeutet, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Abfindung in beliebiger Höhe vereinbaren können. Die vereinbarte Abfindungshöhe ist insbesondere auch nicht vom zuständigen Arbeitsgericht im Rahmen der AGB-Kontrolle der §§ 305 ff. BGB überprüfbar.

In der Praxis wird die Höhe der Abfindung dennoch oft nicht frei zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandelt, sondern orientiert sich an einer gängigen Berechnungsformel, der sogenannten „Regelabfindung“:

Ein halbes Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr.

Gesetzlich festgelegte Abfindungshöhe

In § 1a Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) findet sich darüber hinaus eine – im Ergebnis mit der „Regelabfindung“ identische – Regelung, die besagt, dass die „Höhe der Abfindung […] 0,5 Monatsverdienste für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses“ beträgt. Diese gesetzlich festgelegte Abfindungshöhe bezieht sich jedoch nicht auf die Abfindungszahlung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages, sondern auf eine Spezialkonstellation im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung.

Bei der Abfindungszahlung im Rahmen eines Aufhebungsvertrages bleibt Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Möglichkeit, auch eine höhere oder eine niedrigere Abfindung als die „Regelabfindung“ zu vereinbaren.

Wann ist die Zahlung einer höheren Abfindung als der „Regelabfindung“ sinnvoll?

Die Zahlung einer höheren Abfindung als der „Regelabfindung“ ist insbesondere dann sinnvoll, wenn der wirtschaftliche Schaden bei einer Niederlage im Kündigungsschutzprozess deutlich höher wäre als die „Regelabfindung“. In der Praxis sind dies vor allem Fälle, in denen das relevante Arbeitsverhältnis nur wenig länger als die Mindestdauer für den Anwendungsbereich von § 1 KSchG (6 Monate) besteht und in denen die Erfolgsaussichten des Arbeitgebers in einem eventuell folgenden Kündigungsschutzprozess schlecht sind.

Das folgende Fallbeispiel illustriert die Situation:

Arbeitnehmer X arbeitet seit 7 Monaten bei seinem Arbeitgeber. Er verdient derzeit 5.000,00 € brutto. Der Arbeitgeber möchte das Arbeitsverhältnis mit X auflösen, da dieser nur durchschnittliche Leistungen erbringt. 

Nach der – mangels ausreichendem Kündigungsgrund – wahrscheinlichen Niederlage in einem folgenden Kündigungsschutzprozess müsste der Arbeitgeber bei der üblichen Dauer derartiger Verfahren gemäß § 615 Satz 1 BGB Annahmeverzugslohn in fünfstelliger Höhe an X auszahlen. Zusätzlich müsste der Arbeitgeber noch die Arbeitgeberanteile an die Sozialversicherungen abführen, was ebenfalls mehrere tausend Euro ausmachen würde. Schließlich würden auch noch Gerichts- und Anwaltskosten anfallen. Selbst wenn X Arbeitslosengeld bezogen haben sollte, würde dem Arbeitgeber der genannte wirtschaftliche Schaden entstehen. Denn gemäß § 11 Nr. 3 Satz 2 KSchG hat der Arbeitgeber der Agentur für Arbeit gezahlte Leistungen nach der Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess zu erstatten. Zusammengefasst droht dem Arbeitgeber im Fallbeispiel ein wirtschaftlicher Schaden von mindestens 30.000,00 €, der durch eine längere Prozessdauer auch noch höher ausfallen kann.

Im Gegensatz dazu müsste der Arbeitgeber nach der Berechnungsformel zur „Regelabfindung“ nur eine Abfindung in Höhe von 1.458,33 € an X zahlen.

In diesem Fall wäre es daher für den Arbeitgeber wirtschaftlich sinnvoll, eine deutlich höhere Abfindung als die „Regelabfindung“ an X auszuzahlen, um einen Kündigungsschutzprozess zu vermeiden. Selbst eine Abfindungszahlung von 10.000,00 € wäre in einem derartigen Fall noch wirtschaftlich sinnvoller, als es auf einen Kündigungsschutzprozess hinauslaufen zu lassen. In der Praxis kann es natürlich durchaus vorkommen, dass sich ein Arbeitnehmer auch mit der „Regelabfindung“ bereits zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages bewegen lässt. Zudem können die Erfolgsaussichten im Kündigungsschutzprozess bei einem anderen Kündigungsgrund auch deutlich besser aussehen, weshalb stets eine Betrachtung des Einzelfalls geboten ist.

Kann die „Regelabfindung“ auch unangemessen hoch sein?

Auch diese Konstellation ist denkbar. In der Praxis sind dies vor allem Fälle, in denen der wirtschaftliche Schaden einer Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess deutlich geringer wäre als die Regelabfindung. Denkbar ist etwa der Fall, dass der Arbeitgeber gar kein Annahmeverzugslohnrisiko bei der Niederlage in einem Kündigungsschutzprozess trägt, da der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers ohnehin nicht besteht (z.B. aufgrund von langer Krankheit und dem daraus folgenden Bezug von Krankengeld).

In diesem Fall könnte die „Regelabfindung“ unangemessen hoch sein, falls der Arbeitnehmer eine lange Betriebszugehörigkeit aufweist.

Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Beratung im Einzelfall ersetzen können. Gerne berate ich Sie persönlich oder auch online zu Ihren Rechtsthemen im Arbeitsrecht.

Foto(s): Rechtsanwältin Trixi Hoferichter

Rechtstipp aus den Rechtsgebieten

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