Detektei überwacht erkrankte Arbeitnehmerin

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Wenn ein Arbeitgeber vor hat, einen Mitarbeiter, der „scheinkrank“ ist, zu überführen und dazu noch einen Detektiv mit Videoüberwachung beauftragt, sollte er vorher genau prüfen, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen. Vom Mitarbeiter vorgelegte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen haben per se den Wahrheitsbeweis für sich. Will der Arbeitgeber ungerechtfertigte Krankheit beweisen, muss er ihm aufgefallene Ungereimtheiten konkret darlegen, z. B. der Arbeitnehmer ist immer vor oder nach den Wochenenden krank. Oder er kommt regelmäßig nach dem Urlaub mit dem „gelben Schein“ daher.

Er kann auch darlegen, dass der Arzt für Gefälligkeitskrankschreibungen bekannt ist. Das ist allerdings sehr dünnes Eis, auf das sich der AG damit begibt.

Für eine Datenerhebung sind also konkrete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat, wie sie z. B. Entgeltfortzahlungsbetrug darstellt, notwendig. Diese Anhaltspunkte muss der Arbeitgeber dokumentieren, wenn er im Prozess beweisen will, dass er solche Anhaltspunkte hatte.

Das LAG Hamm hat am 11.7.2013 (11 Sa 312/13) eine Entscheidung zum Thema Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts bei verdeckter Videoüberwachung getroffen. Revision beim BAG ist bereits eingelegt.

Im vorliegenden Fall war eine Arbeitnehmerin zwei Monate krank geschrieben. Sie war erst an schwerer Bronchitis erkrankt, dann erlitt sie einen Bandscheibenvorfall. Kann alles passieren. Der Arbeitgeber traute dem Frieden nicht, da es vor der Krankschreibung Streit zwischen ihm und der Mitarbeiterin gab. Er beauftragte einen Detektiv, der die Frau vier Tage lang mit einer Videokamera observierte.

Sie ist zu sehen, wie sie in einen Waschsalon geht, Wäschekörbe trägt und balanciert, Wäsche in die Maschine füllt und Maschinen entlädt etc. Die Frau erhielt daraufhin die fristlose Kündigung. Kurz darauf kündigte man ihr noch einmal fristgerecht, da der Arbeitgeber es als erwiesen ansah, dass die Krankheit nur vorgetäuscht war. Mit der Videoaufnahme sollte der Mitarbeiterin erst ein vage vermutetes Fehlverhalten nachgewiesen werden. Das ist aber von § 32 BDSG nicht gedeckt. Die Frau war von ihren Ärzten wirklich krankgeschrieben worden. Einen Anhaltspunkt, dass sie dennoch gar nicht krank war, hatte der Arbeitgeber nicht.

Die Arbeitnehmerin klagte gegen die Kündigung und wollte Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Das Arbeitsgericht hatte bezüglich der Kündigung zugunsten der Arbeitnehmerin entschieden. Nun stritt man vor dem LAG noch wegen des Schmerzensgeldes. Die Videoaufnahmen wurden im Prozess nur von den Anwälten und dem Richter angeschaut.

Das LAG sprach der Frau 1000,00 € Schmerzensgeld zu, da es einen Verstoß gegen § 32 Bundesdatenschutzgesetz sah Dort heißt es:

"(1) 1Personenbezogene Daten eines Beschäftigten dürfen für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder nach Begründung des Beschäftigungsverhältnisses für dessen Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. 2Zur Aufdeckung von Straftaten dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten nur dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn zu dokumentierende tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Betroffene im Beschäftigungsverhältnis eine Straftat begangen hat, die Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung zur Aufdeckung erforderlich ist und das schutzwürdige Interesse des Beschäftigten an dem Ausschluss der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung nicht überwiegt, insbesondere Art und Ausmaß im Hinblick auf den Anlass nicht unverhältnismäßig sind.

(2) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn personenbezogene Daten erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, ohne dass sie automatisiert verarbeitet oder in oder aus einer nicht automatisierten Datei verarbeitet, genutzt oder für die Verarbeitung oder Nutzung in einer solchen Datei erhoben werden.

(3) Die Beteiligungsrechte der Interessenvertretungen der Beschäftigten bleiben unberührt."


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