Die Bank verlangt einen Erbschein – obwohl ein notarielles Testament vorliegt?
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Warum viele Erben unnötige Monate verlieren – und wie Sie das Erbe schneller erhalten können
Wenn ein Elternteil stirbt und ein notarielles Testament hinterlässt, gehen viele Menschen davon aus, dass nun alles geregelt ist. Die Erbfolge scheint klar, das Testament wurde eröffnet, und eigentlich sollte der Zugriff auf Konten oder Depots nur noch eine Formsache sein. Doch in der Praxis folgt häufig die Ernüchterung: Die Bank verweigert den Zugriff auf das Erbe mit dem Hinweis, es werde zusätzlich ein Erbschein benötigt.
Für viele Angehörige beginnt damit eine lange Phase der Unsicherheit. Das Konto bleibt gesperrt, wichtige Zahlungen können nicht getätigt werden, teilweise stehen ganze Immobiliengeschäfte still – obwohl das Testament eindeutig ist. Was die wenigsten wissen: Die Forderung nach einem Erbschein ist in vielen Fällen rechtlich nicht erforderlich.
Ein notarielles Testament in Verbindung mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll stellt nach geltender Rechtslage einen vollwertigen Erbnachweis dar – auch gegenüber Banken. Die ständige Rechtsprechung und § 35 der Grundbuchordnung (GBO) lassen hieran keinen Zweifel. Dennoch verlangen viele Kreditinstitute routinemäßig einen Erbschein, meist zur eigenen Absicherung. Für die Erben bedeutet das jedoch zusätzliche Kosten, monatelange Verzögerungen – und nicht selten unnötige emotionale Belastung.
Dabei ist ein Erbschein nur dann notwendig, wenn kein anderer eindeutiger Nachweis über die Erbfolge vorliegt. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn lediglich ein handschriftliches Testament existiert, unklare Formulierungen enthalten sind oder Streitigkeiten innerhalb der Erbengemeinschaft auftreten. Liegt hingegen ein notarielles Testament mit klarer Alleinerbeneinsetzung und gerichtlichem Eröffnungsprotokoll vor, ist die Lage eindeutig – und die Forderung nach einem Erbschein nicht nur überflüssig, sondern unter Umständen sogar rechtswidrig.
Trotzdem fügen sich viele Erben in diese Forderung – oft aus Unkenntnis oder Unsicherheit. Dabei ist schnelles und rechtlich fundiertes Handeln gefragt. Die Bank kann aufgefordert werden, das Guthaben auf Grundlage der vorhandenen Unterlagen freizugeben. In einem solchen Schreiben sollte auf die einschlägige Rechtslage verwiesen und eine klare Frist gesetzt werden. Weigert sich die Bank weiterhin, kann sie sogar schadensersatzpflichtig werden – etwa dann, wenn durch die Verzögerung Mahnkosten, Zinsschäden oder Wertverluste entstehen.
Ein Beispiel aus unserer Praxis zeigt, wie effektiv dieses Vorgehen sein kann: Eine Mandantin wurde im notariellen Testament ihres verstorbenen Vaters eindeutig als Alleinerbin benannt. Die kontoführende Bank verweigerte dennoch die Auszahlung des Guthabens und verlangte einen Erbschein. Nach unserer außergerichtlichen Intervention, in der wir auf die klare Rechtslage hinwiesen und die Bank zur Freigabe aufforderten, erfolgte die Auszahlung innerhalb weniger Tage – ganz ohne Erbschein. Die Mandantin sparte dadurch nicht nur rund 870 Euro an Kosten, sondern auch über zwei Monate Zeit und erheblichen bürokratischen Aufwand.
Auch bei Immobilien ist die Lage klarer als oft behauptet wird. Für die Umschreibung im Grundbuch reicht in vielen Fällen das notarielle Testament samt gerichtlichem Eröffnungsprotokoll aus. Ein Erbschein ist nur dann erforderlich, wenn Unklarheiten über die Erbfolge bestehen oder das Testament keine eindeutigen Aussagen enthält. Auch in diesem Bereich erleben wir immer wieder, dass Grundbuchämter oder beurkundende Stellen aus reiner Vorsicht auf einem Erbschein bestehen – obwohl dieser juristisch nicht notwendig ist.
Besonders problematisch wird es, wenn durch die Beantragung eines Erbscheins plötzlich andere Personen – etwa pflichtteilsberechtigte Verwandte – vom Nachlass erfahren. Das Nachlassgericht prüft im Rahmen des Erbscheinverfahrens die gesamte Erbfolge und informiert möglicherweise Miterben, die bis dahin nicht aktiv waren. Für Alleinerben kann das gravierende Folgen haben – bis hin zu neuen Konflikten oder sogar gerichtlichen Auseinandersetzungen. Wer dies vermeiden möchte, sollte den Erbschein nur beantragen, wenn keine andere Möglichkeit besteht.
Aus diesem Grund empfehle ich, jede Situation individuell anwaltlich prüfen zu lassen. Es ist keineswegs ungewöhnlich, dass Banken zunächst auf einem Erbschein bestehen – auch wenn dieser rechtlich nicht erforderlich ist. Doch mit fundierter Argumentation lässt sich in vielen Fällen die Auszahlung oder Freigabe von Nachlasswerten auch ohne Erbschein durchsetzen – schneller, kostengünstiger und ohne unnötige rechtliche Risiken.
Wenn Sie selbst betroffen sind, unterstütze ich Sie gern. Ich prüfe Ihre Unterlagen kurzfristig und setze Ihre Ansprüche auf Auszahlung, Kontozugriff oder Grundbuchumschreibung effektiv durch – bundesweit und ohne unnötige Wege über das Nachlassgericht.
FAQ: Häufige Fragen zum Thema „Erbschein trotz Testament“
Muss ich immer einen Erbschein beantragen, wenn ich etwas erbe?
Nein. Wenn ein notarielles Testament mit gerichtlichem Eröffnungsprotokoll vorliegt, ist ein Erbschein in vielen Fällen nicht erforderlich – vor allem bei klarer Alleinerbeneinsetzung.
Was kostet ein Erbschein?
Die Kosten richten sich nach dem Nachlasswert. Bereits bei mittleren Vermögen entstehen schnell mehrere Hundert Euro an Gerichts- und Notarkosten – zusätzlich zur langen Bearbeitungszeit.
Warum verlangt die Bank trotzdem einen Erbschein?
Oft aus interner Vorsicht oder zur Absicherung gegen mögliche Rückforderungen. In vielen Fällen ist diese Forderung aber nicht berechtigt und kann rechtlich zurückgewiesen werden.
Kann ich gegen die Bank vorgehen, wenn sie sich weigert?
Ja. Mit anwaltlicher Unterstützung können Sie die Freigabe der Konten auch ohne Erbschein durchsetzen. Weigert sich die Bank weiterhin, kann sie sogar haftbar gemacht werden.
Was ist, wenn es Streit unter den Erben gibt?
Dann kann ein Erbschein notwendig sein – etwa wenn mehrere Personen Erbansprüche geltend machen. Auch hier gilt: Erst prüfen, dann handeln. Wir beraten Sie gern zur besten Vorgehensweise.
Fazit: Vertrauen Sie nicht blind auf Aussagen der Bank – sondern auf Ihr gutes Recht.
Ein notarielles Testament ist nicht nur ein letzter Wille – es ist auch ein wirksames Mittel, um die Erbfolge rechtssicher zu dokumentieren. Wenn Ihnen der Zugriff auf das Erbe verwehrt wird, obwohl alles klar geregelt ist, sollten Sie handeln – nicht abwarten.
Ich unterstütze Sie dabei, zügig und rechtlich fundiert an Ihr Erbe zu kommen – ohne unnötige Verfahren, ohne unnötige Kosten und ohne unnötige Konflikte.
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