Die „Coaching-Falle“ Teil 34: Auch OLG Stuttgart wendet FernUSG an – gute Nachrichten für Coaching-Kunden!

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Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in einem neuen Urteil entschieden, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) auf Online-Coaching-Verträge Anwendung findet, was eine Rückzahlung der Kursgebühren an einen unzufriedenen Kunden zur Folge hatte. Dieses Urteil folgt der Rechtsauffassung des OLG Celle, wodurch nun Teilnehmer von Online-Lehrgängen besser vor unseriösen Anbietern geschützt sind. Die Kanzlei von Rechtsanwalt Liebich vertritt erfolgreich zahlreiche Mandanten in diesem Bereich und bietet Beratung für unzufriedene Kunden an, um über rechtliche Mittel und Erfolgsaussichten aufzuklären.


Die Themen Coaching, Mentoring und Consulting rückt immer mehr in den Fokus der Gerichte. Die Zahl der Anbieter in diesem Bereich steigt immer weiter, weil der Bedarf an Unterstützung insbesondere zu den Themen Life- und Businesscoaching immer mehr zunimmt. Da der Begriff „Coach“ jedoch nicht rechtlich geschützt ist, sich also jeder als Coach bezeichnen darf, ohne eine entsprechende Ausbildung oder Erfahrung in diesem Bereich zu haben, steigt auch die Anzahl der unzufriedenen Kunden immer weiter, die solchen Anbietern und deren meist vollmundigen Versprechungen aufgesessen sind.


Die Rechtslage

Das neueste Urteil des Oberlandesgerichts in Stuttgart in zweiter Instanz gibt unzufriedenen Kunden nun weitere Argumente gegen Online-Coaches an die Hand, die häufig die irrige Meinung vertreten, dass Coaching-Kunden bei Unzufriedenheit keinerlei Rechte hätten. Unsere Kanzlei vertritt in diesem Bereich bereits erfolgreich zahlreiche Mandanten. 

Bisher hat sich die Rechtsprechung in vielen Fällen auf die Seite der Coaching-Kunden gestellt und die Verträge aus verschiedenen Gründen für nichtig erklärt:


- So hatte das Landgericht Stade einen Coaching-Vertrag mangels erkennbarer Leistungen für sittenwidrig erklärt

- Das Oberlandesgericht Celle hat dann in der Folge mit mittlerweile rechtskräftigem Urteil entschieden, dass auch Unternehmen, die einen Coaching-Vertrag unterzeichnet haben, vom Schutz des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) profitieren. Diese Auffassung hat das OLG Celle mit einem aktuellen Beschluss nochmals bekräftigt

- Das Landgericht Leipzig, das Landgericht Hamburg, das Landgericht Hannover, das Landgericht Nürnberg-Fürth, das Landgericht Ulm und das Landgericht Verden haben ebenfalls das Fernunterrichtsschutzgesetz für anwendbar erklärt und gegen die Coachingunternehmen entschieden

- Das Landgericht Landshut hat festgestellt, dass nicht jeder Coaching-Kunde automatisch Unternehmer ist und daher einen Widerruf des Vertrags zugelassen

- Das Landgericht Stuttgart hat mit rechtskräftigem Urteil die Sittenwidrigkeit eines Coaching-Vertrags des Branchenführers festgestellt


Das besonders wegweisende Urteil des Oberlandesgerichts Celle ist von der Coaching-Szene teils heftig kritisiert worden, weil Online-Coaching-Kurse aufgrunddessen eine Zertifizierung benötigen, über welche die allermeisten Coaches nicht verfügen. Häufig führte dies dann zur Nichtigkeit der Coaching-Verträge und Rückzahlungsansprüchen unzufriedener Kunden. Auch einige Gerichte haben die Anwendbarkeit des FernUSG auf Online-Coachings bezweifelt.

Das Oberlandesgericht Stuttgart schließt sich nun aber dem OLG Celle an und stellt ebenfalls fest, dass das Fernunterrichtsschutzgesetz auf Coaching-Verträge Anwendung findet.


Worum geht es genau?

In erster Instanz hatte bereits das Landgericht Heilbronn noch gegen den Coaching-Kunden entschieden, der ein Business-Coaching für 9 Monate zum Preis von 40.000,00 € (netto) gebucht und hiervon bereits 20.000,00 € (netto) angezahlt hatte. Die Kündigung des Vertrags sowie dessen Anfechtung wollte der Anbieter trotz Unzufriedenheit des Kunden nicht gelten lassen.

Der Kunde ging dann in Berufung zum Oberlandesgericht Stuttgart, welches das Urteil aus der ersten Instanz aufgehoben und das Coaching-Unternehmen zur Erstattung sämtlicher Kursgebühren und Prozesskosten verurteilt hat (OLG Stuttgart, Urteil vom 29.08.2024, Az.: 13 U 176/23). Das Oberlandesgericht begründet dies so:


„Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist der zwischen den Parteien abgeschlossene Dienstvertrag nichtig, sodass die Beklagte die geleistete Zahlung in Höhe von 23.800,00 € rechtsgrundlos erlangt hat und der Kläger diese aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zurückverlangen kann. Die Nichtigkeit folgt aus § 7 Abs. 1 FernUSG i.V.m. § 12 Abs. 1 FernUSG.“


Das Oberlandesgericht erkennt hier also noch einmal deutlich an, dass Lehrgänge und Coachings, die aus der Ferne durchgeführt werden, dem Fernunterrichtsschutzgesetz unterfallen:


„Entgegen einer teilweise in der Literatur vertretenen Auffassung (…) ist auch bei einem Online-Unterricht eine räumliche Trennung gegeben. Hierfür spricht schon der Wortlaut der Bestimmung. Eine einschränkende Auslegung des Wortsinns nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift ist nicht angezeigt. Zwar gab es zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 1976 noch keine Videokonferenzen. Der Gesetzgeber hat aber ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfes (BT-Drs. 7/4245, S. 14) die Möglichkeit gesehen, dass der Unterricht in einen anderen Raum übertragen werden kann und hat auch diesen Sachverhalt unter den Begriff der räumlichen Trennung gefasst. Damit hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass alle Unterrichtsformen, die nicht in Präsenz stattfinden, unter das Fernunterrichtsschutzgesetz fallen sollen. Auch der Umstand, dass bei Videokonferenzen eine synchrone Kommunikation wie bei Präsenzveranstaltungen möglich ist, kann eine einschränkende Auslegung des insoweit klaren Wortlauts nicht begründen. Ziel des Gesetzes ist eine umfassende Ordnung des Fernunterrichtsmarktes zum Schutz der Teilnehmerinteressen, nachdem Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität auf dem Markt waren.“

Dies gilt umso mehr, als das Bedürfnis, die Teilnehmer vor unseriösen Anbietern zu schützen, bei Videokonferenzen deutlich größer als bei Präsenzveranstaltungen ist, nachdem für Präsenzveranstaltungen Investitionen in die Räume erforderlich sind, was unseriöse Anbieter abschrecken kann. Hinzukommt, dass bei Präsenzveranstaltungen eine stärkere soziale Kontrolle stattfindet, da im Falle einer geringen Qualität des Unterrichts die Lehrenden unmittelbar mit dem Unmut der Teilnehmer konfrontiert werden und die Teilnehmer sich - unter anderem hierüber - auch unmittelbar austauschen können.”


Das Oberlandesgericht erkennt hier also folgerichtig, dass die Teilnehmer von Online-Coachings deutlich mehr Schutz vor mangelhaften Kursen oder gar unseriösen Anbietern bedürfen, als wenn die Veranstaltungen in Präsenz stattfinden.


Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung?

Die Entscheidung aus Celle hat seit ihrem Erlass im März 2023 hohe Wellen in der Coaching-Szene geschlagen, was zu zahlreichen Beschwerden von unzufriedenen Kunden bis hin zu Klagen gegen diverse Online-Coachings geführt hat. Unsere Kanzlei vertritt zahlreiche Mandanten in diesem Bereich. Viele Klagen gegen die Anbieter sind auch erfolgreich gewesen. Allerdings hat das Urteil aus Celle auch Kritik aus der Coaching-Szene erfahren, die bis dahin im Wesentlichen unbehelligt neue Umsatzrekorde feiern durfte. Dies nicht immer mit seriösen Methoden, wie sich immer mehr zeigt.

Insofern ist es für Coaching-Kunden eine mehr als gute Nachricht, dass das Oberlandesgericht Stuttgart sich der kundenfreundlichen Ansicht des OLG Celle anschließt. Hervorzuheben ist zudem, dass das Gericht in Stuttgart die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen hat, weil es eine Vielzahl vergleichbarer Fälle gibt. Zu hoffen ist daher für Coaching-Kunden, dass der BGH zeitnah ein Machtwort spricht.

Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung aus Stuttgart nicht ohne weiteres verallgemeinert werden kann. Das Urteil bedeutet also nicht automatisch, dass alle Online-Coachings aufgrund des FernUSG nichtig sind oder aus anderen Gründen angefochten werden können. Diese Frage ist grundsätzlich im Einzelfall zu beurteilen, da es immer auf die konkreten Vereinbarungen und Leistungen ankommt. Hierzu sollten sich unzufriedene Coaching-Kunden in jedem Falle rechtlich beraten lassen.


Fazit

Wenn auch Sie einen Coaching-Vertrag abgeschlossen haben und unzufrieden sind, beraten wir Sie mit unserer Erfahrung aus zahlreichen Coachingfällen gern dazu, mit welchen rechtlichen Mitteln Sie vorgehen können und welche Erfolgsaussichten in Ihrem Fall bestehen. Die rechtlichen Angriffspunkte in Coaching-Fällen sind vielfältig und keineswegs nur auf das Fernunterrichtsschutzgesetz beschränkt.

Melden Sie sich hierzu gern für ein unverbindliches Erstgespräch!


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Foto(s): adobe stock photos


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