Die Eilbedürftigkeit bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen

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In vielen rechtlichen Angelegenheiten kann es Situationen geben, in denen eine zügige Entscheidung unerlässlich ist, um mögliche Schäden abzuwenden oder Rechte zu schützen. In solchen Fällen ist das Verfahren auf Anordnung einer einstweiligen Verfügung in Betracht zu ziehen. Diese besondere gerichtliche Maßnahme ermöglicht es, vorläufige Entscheidungen zu treffen, bevor das eigentliche Hauptsacheverfahren abgeschlossen ist.

Die Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit ist ein zentraler Aspekt bei der Beantragung einer solchen einstweiligen Verfügung. Die Frage dreht sich hierbei darum, ob sich die Situation so entwickelt hat oder entwickeln könnte, dass ein sofortiges Handeln erforderlich ist, um irreparable Schäden zu verhindern. Ob es um Streitigkeiten im Bereich des Urheberrechts, des Wettbewerbsrechts, des Familienrechts oder anderer Rechtsgebiete geht – die einstweilige Verfügung bietet die Möglichkeit, rasch auf Veränderungen zu reagieren und vorübergehend für klare Verhältnisse zu sorgen!

Während im Bereich des Wettbewerbsrechts kraft Gesetzes (vgl. § 12 Abs. 1 UWG) eine Vermutung für das Bestehen der Eilbedürftigkeit besteht, ist dies in den meisten anderen Rechtsgebieten nicht ohne Weiteres der Fall.

So existiert im Bereich des Persönlichkeitsrechts keine Dringlichkeitsvermutung, sodass die Dringlichkeit vom Antragsteller grundsätzlich darzulegen ist (vgl. OLG Brandenburg, Beschluss vom 19.07.2021, Az. 1 W 23/21; OLG Celle, Urteil vom 19.05.2022, Az. 5 U 152/21)

Allerdings gehen viele Gerichte bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts durch öffentliche Äußerungen und einen sich hierauf beziehenden Unterlassungsanspruch grundsätzlich davon aus, dass die Dringlichkeit/Eilbedürftigkeit (Verfügungsgrund) besteht, solange der Antragsteller die Dringlichkeit durch zu langes Zuwarten etc. nicht selbst widerlegt hat. (vgl. z.B. OLG Celle, Urteil vom 19.05.2022, Az. 5 U 152/21) Im Ergebnis bedeutet dies, dass die bloße Löschung von persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen nicht ausreicht, um die Eilbedürftigkeit zu beseitigen. Vielmehr muss zusätzlich noch eine ausreichende, strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben werden, sofern der Anspruchsgegner bei einer rechtmäßigen Abmahnung die für den Erlass einer einstweiligen Verfügung erforderliche Dringlichkeit beseitigen möchte.

Nicht so aber das Landgericht Nürnberg-Fürth: Dieses bekräftigt in einem aktuellen Beschluss vom 04.08.2023 (Az. 11 O 4397/23) seine sehr restriktive Auffassung zum Vorliegen eines Verfügungsgrundes in Eilverfahren und lässt für den Wegfall der Dringlichkeit die bloße Löschung von schwer persönlichkeitsrechtsverletzenden Äußerungen in Form der Behauptung des Begehens von schwerwiegenden Straftaten selbst dann genügen, wenn der Anspruchsgegner telefonisch zunächst keinerlei Einsicht gezeigt hat und zudem im EU-Ausland sitzt.

Erstaunlich ist, dass das Gericht seine Entscheidung zu dem im Äußerungsrecht spielenden Fall mit einem Passus aus einem Beschluss begründet, welcher urheber- und markenrechtliche Ansprüche aus der Verwendung von markenrechtsverletzenden Fotos zum Gegenstand hatte.


Den Vortrag, dass der streitgegenständliche Artikel ausweislich seines zusammenhanglosen Inhalts KI-generiert war - der Anspruchsgegner also offensichtlich ohne vorherige Kontrolle Inhalte postet/posten lässt - , und dass im Nachgang gar unerwünschte Werbe-Mails an den Anspruchsteller versendet wurden, welche ihrerseits neue Rechtsverletzungen darstellen, ignoriert das Gericht in seiner Entscheidung völlig.

Hintergrund des Falles war, dass ein Online-Shop für HHC- und CBD-Produkte im EU-Ausland in einem Blog auf seiner Unternehmenswebsite zu Marketingzwecken KI-generierte Artikel über sog. Cannabis Social Clubs mutmaßlich automatisiert unter Bezugnahme auf verschiedene Städtenamen verbreitet hat, in denen wahrheitswidrig behauptet wurde, dass diese an ihre Mitglieder verschiedenste Cannabisprodukte verkaufen.

Sollten auch Sie oder Ihr Unternehmen Opfer von unwahren Tatsachenbehauptungen oder anderen Persönlichkeitsrechtsverletzungen geworden sein, zögern Sie nicht, sich von einem im Medien- und Äußerungsrecht kompetenten Anwalt beraten und ggf. vertreten zu lassen!


KANZLEI 441

Rechtsanwalt Christian Radermacher

Nimrodstr. 10

90441 Nürnberg

www.kanzlei441.de

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Foto(s): KANZLEI 441, RA Radermacher

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