Die fehlerhafte oder überbewertete Sacheinlage bei einer GmbH: Eine klassische Haftungsfalle für ​GmbH-Gesellschafter.

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1. Die fehlerhafte Sacheinlage bei einer GmbH - Eine Einführung

Sacheinlagen sind ein wesentlicher Bestandteil der Unternehmensfinanzierung, insbesondere bei der Gründung oder Kapitalerhöhung von Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). 

Im Gegensatz zu Bareinlagen, bei denen das Kapital in Form von Geldmitteln eingebracht wird, bestehen Sacheinlagen aus materiellen oder immateriellen Vermögensgegenständen. Diese Art der Einlage bietet Unternehmen eine flexible Möglichkeit, Kapital zu beschaffen, ohne unmittelbar liquide Mittel aufbringen zu müssen. 

Die Akzeptanz von Sacheinlagen ist jedoch an bestimmte rechtliche Voraussetzungen gebunden, die sicherstellen sollen, dass die eingebrachten Werte real und angemessen sind und zur wirtschaftlichen Stärkung des Unternehmens beitragen.


2. Arten von Sacheinlagen

Sacheinlagen sind Kapitaleinlagen, die einer Gesellschaft in Form von materiellen oder immateriellen Vermögensgegenständen zur Verfügung gestellt werden, im Gegensatz zu Bareinlagen. Bei der GmbH in Deutschland müssen Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen sein, und bei ihrer Einbringung ist der reale Wert, die einbringende Person sowie eine genaue Bezeichnung der Sache(n) anzugeben.

  1. Materielle Sacheinlagen: Hierbei überträgt der Gesellschafter sein Eigentum an bestimmten materiellen Vermögensgegenständen (z.B. Grundstücke, Gebäude, Wertpapiere, Maschinen, Vorräte oder Forderungen) ohne Gegenleistung auf die Gesellschaft.
  2. Immaterielle Sacheinlagen: Dies umfasst aktivierbare Vermögensgegenstände wie Patente, Lizenzen, Urheberrechte, die der Gesellschaft ohne Gegenleistung zur Verfügung gestellt werden.
  3. Nutzungsüberlassungen: Der Gesellschafter überlässt der Gesellschaft die unentgeltliche Nutzung seiner Vermögensgegenstände.
  4. Verdeckte Sacheinlage: Hierbei wird offiziell eine Bareinlage getätigt, aber mit der Abrede, diese später durch einen Vermögensgegenstand des Gesellschafters auszutauschen.


3. Bewertung von Sacheinlagen

Die Wertermittlung von Sacheinlagen ist komplexer als bei Bareinlagen. Im Aktienrecht ist vorgeschrieben, dass Sacheinlagen durch mindestens einen Prüfer geprüft werden müssen. 

Der Prüfer muss bestätigen, dass der Wert der Sacheinlage den Ausgabebetrag der Aktien und ein etwaiges Agio deckt. Bei der GmbH muss nur der Nennbetrag gedeckt sein. Sacheinlagefähig ist jeder Gegenstand, der einen feststellbaren Vermögenswert besitzt, ausgenommen sind Verpflichtungen zu Dienstleistungen und eigene Aktien.


4. Zulässige Sacheinlagen im GmbH-Recht

Zulässige und gängige Sacheinlagen bei einer GmbH sind Vermögensgegenstände, die einen objektiv feststellbaren und bewertbaren Wert haben und zur dauerhaften Stärkung des Gesellschafts-vermögens beitragen können. 

Hier sind einige Beispiele:

  1. Grundstücke und Immobilien: Ein häufiges Beispiel für eine Sacheinlage sind Grundstücke oder Gebäude. Diese haben einen klar feststellbaren Marktwert und können zur Nutzung oder als Kapitalanlage für die GmbH dienen.
  2. Maschinen und Anlagen: Produktionsmaschinen, Fahrzeuge oder andere Betriebsanlagen können als Sacheinlagen eingebracht werden, sofern sie einen Beitrag zum operativen Geschäft der GmbH leisten.
  3. Patente und Lizenzen: Gewerbliche Schutzrechte wie Patente oder Lizenzen, die einen nachweisbaren wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen haben, sind ebenfalls zulässige Sacheinlagen.
  4. Wertpapiere und Beteiligungen: Aktien, Anleihen oder Anteile an anderen Unternehmen können als Sacheinlagen eingebracht werden, sofern sie einen objektiv bewertbaren Marktwert besitzen.
  5. Forderungen und Darlehensforderungen: Forderungen gegenüber Dritten, beispielsweise aus Lieferungen und Leistungen oder Darlehensforderungen, können ebenfalls als Sacheinlagen dienen.
  6. Geschäftsausstattung: Büroausstattung, IT-Hardware und Software, die für den Betrieb der GmbH notwendig sind, können als Sacheinlagen eingebracht werden.
  7. Rohstoffe und Warenbestände: Materialien und Produkte, die für das operative Geschäft der GmbH verwendet werden, können ebenfalls als Sacheinlagen dienen.

Bei der Einbringung von Sacheinlagen ist es wichtig, dass diese Gegenstände einen klaren und nachweisbaren Wert haben und dass dieser Wert durch eine unabhängige Bewertung bestätigt wird. Zudem müssen die eingebrachten Sacheinlagen im Gesellschaftsvertrag der GmbH spezifiziert und angemessen bewertet werden.


5. Unzulässige bzw. falsche Sacheinlagen nach GmbH-Recht

Unzulässige Sacheinlagen sind solche, die nicht den rechtlichen Anforderungen für eine gültige Kapitaleinlage in einer GmbH oder AG entsprechen. Hier sind einige Beispiele für unzulässige Sacheinlagen:

  1. Dienstleistungen: Nach deutschem Recht sind Verpflichtungen zu Dienstleistungen, wie beispielsweise die Zusage, Management- oder Beratungsdienste zu erbringen, keine zulässigen Sacheinlagen. Dies gilt sowohl für GmbHs als auch für AGs.
  2. Nicht bewertbare Vermögensgegenstände: Gegenstände, deren Wert nicht verlässlich geschätzt werden kann, sind als Sacheinlagen unzulässig. Dazu könnten beispielsweise spekulative Patente ohne nachgewiesenen Marktwert oder schwer zu bewertende Kunstwerke gehören.
  3. Eigene Aktien bzw. Anteile der Gesellschaft: Die Einbringung von eigenen Aktien der Gesellschaft als Sacheinlage ist nicht zulässig.
  4. Rechte mit unklarem rechtlichen Status: Rechte, deren rechtlicher Status unklar oder umstritten ist, wie beispielsweise nicht eindeutig geklärte Lizenzrechte, können nicht als Sacheinlagen eingebracht werden.
  5. Verbrauchsgüter oder schnell verderbliche Waren: Gegenstände, die nicht dauerhaft zum Vermögen der Gesellschaft beitragen können, wie verderbliche Lebensmittel oder saisonale Waren, sind in der Regel keine geeigneten Sacheinlagen.
  6. Immaterielle Vermögenswerte ohne nachweisbaren wirtschaftlichen Wert: Dies könnte beispielsweise ein Geschäftsgeheimnis oder Know-how sein, dessen Wert nicht objektiv feststellbar ist.
  7. Rechtlich oder tatsächlich nicht übertragbare Gegenstände: Wenn ein Vermögensgegenstand aufgrund gesetzlicher Bestimmungen oder aufgrund seiner Beschaffenheit nicht übertragbar ist, kann er nicht als Sacheinlage eingebracht werden.



6. Rechtsfolgen fehlerhafter oder überbewerteter Sacheinlagen

Die Einbringung von Sacheinlagen in eine GmbH ist ein komplexer Prozess, der eine genaue Bewertung und korrekte Handhabung erfordert. Fehlerhafte oder überbewertete Sacheinlagen können zu erheblichen rechtlichen Konsequenzen führen, die sowohl die Gesellschaft als auch die einbringenden Gesellschafter betreffen.

a. Nachschusspflicht

Die wohl bedeutendste Rechtsfolge einer fehlerhaften oder überbewerteten Sacheinlage ist die Nachschusspflicht des Gesellschafters. Wenn der tatsächliche Wert der Sacheinlage geringer ist als der Wert, der im Gesellschaftsvertrag festgelegt wurde, muss der Gesellschafter die Differenz in bar nachzahlen. Diese Regelung soll sicherstellen, dass das Stammkapital der GmbH nicht durch überbewertete Sacheinlagen künstlich aufgebläht wird. Die Nachschusspflicht dient dem Schutz der Gläubiger der Gesellschaft, indem sie gewährleistet, dass das im Handelsregister ausgewiesene Stammkapital auch tatsächlich vorhanden ist.

b. Haftung für falsche Angaben

Gesellschafter, die wissentlich falsche Angaben über den Wert einer Sacheinlage machen, können persönlich haftbar gemacht werden. Dies kann zivilrechtliche Schadensersatzansprüche seitens der GmbH oder ihrer Gläubiger nach sich ziehen. In schwerwiegenden Fällen, insbesondere wenn der Tatbestand des Betrugs erfüllt ist, können auch strafrechtliche Konsequenzen drohen.

c. Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags

Wenn die Sacheinlage wesentlich für den Abschluss des Gesellschaftsvertrags war und sich als fehlerhaft herausstellt, kann dies zur Anfechtbarkeit des Gesellschaftsvertrags führen. Dies kann die Rechtsgrundlage der GmbH in Frage stellen und zu einer umfassenden Neubewertung oder Neuverhandlung des Vertrags führen.

d. Handelsregister und Offenlegungspflichten

Fehlerhafte Sacheinlagen können Auswirkungen auf die Eintragungen im Handelsregister haben. Wenn sich herausstellt, dass die Angaben zur Sacheinlage nicht korrekt waren, muss dies korrigiert werden. Dies kann die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Gesellschaft bei Geschäftspartnern und Investoren beeinträchtigen.

e. Steuerliche Konsequenzen

Überbewertete Sacheinlagen können auch steuerliche Konsequenzen haben. Wenn der tatsächliche Wert der Sacheinlage geringer ist als der steuerlich geltend gemachte Wert, kann dies zu Nachforderungen seitens der Finanzbehörden führen. Zudem können sich Fragen der verdeckten Gewinnausschüttung ergeben, wenn die Sacheinlage als verdeckte Vorteilsgewährung an Gesellschafter interpretiert wird.


7. Fazit

Sacheinlagen sind ein vielseitiges Instrument für die Kapitalisierung einer GmbH, das sowohl Chancen als auch Herausforderungen bietet. 

Während sie eine Alternative zur Kapitalaufbringung in bar darstellen und somit die Flexibilität in der Finanzierung erhöhen, erfordern sie eine sorgfältige Bewertung und Dokumentation, um rechtlich zulässig zu sein. 

Materielle Gegenstände wie Immobilien, Maschinen oder Wertpapiere sowie immaterielle Vermögenswerte wie Patente und Lizenzen sind gängige Beispiele für zulässige Sacheinlagen. Unzulässig sind hingegen Dienstleistungen oder nicht bewertbare Vermögensgegenstände. Die korrekte Bewertung und Einbringung von Sacheinlagen ist entscheidend, um spätere rechtliche Komplikationen, wie Nachschusspflichten, zu vermeiden. 

Insgesamt bieten Sacheinlagen eine wertvolle Möglichkeit für Unternehmen, ihr Kapital zu diversifizieren und zu stärken, erfordern jedoch eine genaue Beachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen.

Falsche Einschätzungen und Beurteilungen an dieser Stelle können entsprechende Haftungsszenarien für Gesellschafter auslösen.



Dieser Artikel stellt keine konkrete und individuelle Rechtsberatung dar, sondern gibt lediglich einen groben Erstüberblick über die geschilderte und sehr komplexe rechtliche Materie. Rechtliche Sicherheit für Ihre konkrete Fallkonstellation können Sie nur durch abgestimmte Prüfung und Beratung eines fachkundigen Rechtsanwalts erhalten. 


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