Die Geltung des UN-Kaufrechts, CISG / Fallstricke bei der Einbeziehung von AGB

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Das UN-Kaufrecht (auch CISG abgekürzt) kommt zur Anwendung bei Kaufverträgen über bewegliche Waren, wenn die Vertragsparteien ihre Niederlassung beziehungsweise ihren Sitz in verschiedenen Staaten haben und diese Staaten das UN-Kaufrechts-Übereinkommen ratifiziert haben (oder die Regeln des Europäischen Vertragsrechtsübereinkommens bzw. des Internationalen Privatrechts auf das Recht eines Staates verweisen, der das Übereinkommen ratifiziert hat).

Derzeit haben 94 Staaten das Übereinkommen ratifiziert, darunter z.B. die USA, die Russische Föderation, China, sowie fast alle EU-Mitgliedstaaten. D.h. kauft z.B. ein deutsches Unternehmen bewegliche Sachen von einem chinesischen Unternehmen, kommt das UN-Kaufrecht zur Anwendung.

Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland haben das Übereinkommen jedoch nicht ratifiziert.

Ob die Parteien Kaufleute sind, ist unbeachtlich. Das UN-Kaufrecht ist aber dann nicht anwendbar, wenn die Ware erkennbar für den persönlichen Gebrauch oder den Gebrauch in der Familie und im Haushalt erworben wurde.

Selbstverständlich können die Vertragsparteien die (automatische) Geltung des UN-Kaufrechts ausschließen, jedoch sollte in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Geltung des UN-Kaufrechts eher vorteilhaft oder nachteilig ist.

Für einen Käufer kann die Geltung des UN-Kaufrechts z.B. vorteilhaft sein: Im UN-Kaufrecht besteht eine verschuldensunabhängige Schadensersatzpflicht bei Pflichtverletzungen und Leistungshindernissen. Diese trifft insbesondere den Verkäufer sehr hart, da er faktisch entsprechend einer uneingeschränkten Garantie für die Qualität der Ware einzustehen hat.

Will man die Geltung des UN-Kaufrechts ausschließen, so muss hierbei Einiges beachtet werden:

Die vielfach verwendete Vertragsklausel (z.B. in einem Kaufvertrag zwischen einem deutschen und chinesischen Unternehmen)

„es soll nur deutsches (oder nur chinesisches Recht) gelten“,

führt gerade nicht zu einem Ausschluss des UN-Kaufrechts. Dies deshalb, weil es sich bei dem UN-Kaufrecht um einen Teil des deutschen Rechts (bzw. des chinesischen Rechts) handelt.

Oft finden sich auch in allgemeinen Einkaufs- oder Verkaufs-Geschäftsbedingungen Klauseln (AGB), in denen das UN-Kaufrecht ausdrücklich ausgeschlossen wird. 

In zahlreichen Fällen ist dieser Ausschluss aber unwirksam und das UN-Kaufrecht gilt dennoch:

Es ist vielfach unbekannt, dass sich die Wirksamkeit der vertraglichen Einbeziehung (und daher wirksamen Geltung) solcher allgemeinen Geschäftsbedingungen nach den Grundsätzen des UN-Kaufrechts richtet.

Diese Einbeziehungsvoraussetzungen sind strenger als diejenigen, die z.B. nach dem (deutschen) Bürgerlichen Gesetzbuch gelten. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs, des österreichischen Obersten Gerichtshofs, sowie weiterer ausländischer Gerichte muss der AGB-Verwender nicht nur in seinem Angebot auf die Geltung der AGB hinweisen, sondern dem Empfänger muss auch der AGB-Text (z.B. per Post, Fax oder E-Mail) übersendet werden oder anderweitig zugänglich gemacht werden. Ein Zugänglichmachen kann z.B. darin liegen, dass das Angebot einen Internet-Link enthält, der direkt zu dem AGB-Text führt. In diesem Fall trägt der AGB-Verwender aber die Nachweispflicht, dass der Link auch zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses funktioniert hat und die AGB dort aufgeführt und lesbar waren.

Eine wirksame Einbeziehung von AGB nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches liegt demgegenüber schon dann vor, wenn der Vertragspartner die Möglichkeit einer zumutbaren Kenntnisnahme der AGB hat, etwa dadurch, dass er Erkundigungen über den Inhalt der in Bezug genommenen AGB einholt.

Nachfolgend ein Beispiel, das die Unterschiede deutlich macht:

Ein deutsches Unternehmen kauft Solarmodule von einem chinesischen Unternehmen und verweist in dem Angebotsschreiben auf die Geltung ihrer allgemeinen Einkaufsbedingungen, die auf der Website des deutschen Unternehmens heruntergeladen werden können. Die Einkaufsbedingungen enthalten zahlreiche günstige Klauseln für das deutsche Unternehmen, z.B. eine Gerichtsstandsklausel mit Gerichtsstand in Deutschland, München, und einen ausdrücklichen Ausschluss der Geltung des UN-Kaufrechts.

Dieses deutsche Unternehmen klagt nun in Deutschland vor dem Landgericht München I gegen das chinesische Unternehmen:

Das Landgericht München I muss zunächst nach den Grundsätzen des UN-Kaufrechts die wirksame Einbeziehung der AGB prüfen und wird hierbei feststellen, dass die AGB dem chinesischen Unternehmen nicht zugänglich gemacht wurden. Die allgemeinen Einkaufsbedingungen sind daher nicht wirksam in den Vertrag einbezogen worden; die Gerichtsstandsklausel gilt deshalb nicht, genauso wenig die Abwahl des UN-Kaufrechts. Das Landgericht München I wird daher (auf Antrag des chinesischen Unternehmens) die Klage mangels Zuständigkeit zurückweisen (der gesetzliche Gerichtsstand einer Klage gegen einen Verkäufer ist meist der Sitz des Verkäufers; das deutsche Unternehmen müsste daher in China gegen das chinesische Unternehmen klagen und hierbei müsste das chinesische Gericht UN-Kaufrecht anwenden).

Abwandlung des Falls: Das deutsche Unternehmen kauft die Solarmodule bei einem deutschen Unternehmen.

In diesem Fall wären die AGB wirksam einbezogen worden. Die Klausel, dass UN-Kaufrecht ausgeschlossen wird, ist in diesem Fall unbeachtlich, da das UN-Kaufrecht per se nicht zur Anwendung kommt, da es sich nicht um einen grenzüberschreitenden Kaufvertrag handelt.



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