Die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung bei Kündigungen – 12 wichtige Tipps samt Muster! / Teil 1

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Die Betriebsratsanhörung bei Kündigungen gewinnt in der arbeitsrechtlichen Praxis immer mehr an Bedeutung. Denn die Anforderungen der Arbeitsgerichte an eine ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung werden immer strenger. Aus unserer arbeitsrechtlichen Erfahrung heraus scheitert eine sehr große Anzahl an Kündigungen bereits an dieser Hürde. Wir zeigen Ihnen anhand 12 wichtigen Tipps und einem Muster das Wichtigste zur Erstellung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung.

1.) Warum ist es so wichtig den Betriebsrat ordnungsgemäß anzuhören?

Besteht im Betrieb ein Betriebsrat und möchte der Arbeitgeber einem Mitarbeiter kündigen, muss der Arbeitgeber verpflichtend vorher den Betriebsrat zur geplanten Kündigung anhören. Und diese Anhörung muss ordnungsgemäß erfolgen. Bei der Erstellung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung lauern eine sehr große Anzahl an Fehlerquellen, in deren Folge die Kündigung als Ganzes unwirksam ist.

Auch aus unserer gerichtlichen Erfahrung heraus prüfen die Arbeitsrichter vorab vor allem die Einhaltung der Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Denn finden sie dort Fehler, ist es ein Leichtes die Kündigung für unwirksam zu erklären anstatt mühsam – ggf. erst durch Zeugenbefragung – die tatsächlichen Kündigungsgründe zu erforschen.

Machen Sie sich daher bei der Erstellung der Betriebsratsanhörung bewusst: Fehler in der Betriebsratsanhörung führen in aller Regel zur Unwirksamkeit der Kündigung! Daher ist es von zentraler Bedeutung, dass Sie sich ausführlich Zeit nehmen für die Erstellung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Lassen Sie sich hierzu – am besten durch uns – auch rechtlich beraten. Die wirtschaftlichen Folgen einer unwirksamen Kündigung sind allemal teurer als die rechtliche Überprüfung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung vorab durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht wie uns!

2.) Welche Sozialdaten des Arbeitnehmers müssen angegeben werden?

Die Angabe der Sozialdaten des Arbeitnehmers ist essenziell für den Betriebsrat, damit dieser sich ein klares Bild des zu kündigenden Arbeitnehmers machen kann. Diese Angaben dienen auch dazu Verwechslungen von Arbeitnehmern zu vermeiden (etwa, wenn es im Betrieb zwei Arbeitnehmer mit dem Nachnamen „Müller“ gibt).

Folgende Sozialdaten sollten daher insbesondere angegeben werden:

  • Vor- und Nachname
  • Alter
  • Betriebszugehörigkeit
  • Derzeitige Position und Abteilung
  • Monatsgehalt bzw. in Tarifverträgen die Entgeltgruppe und -stufe
  • Familienstand
  • Unterhaltsverpflichtungen (Kinder, Ehegatte)
  • Schwerbehinderung/Gleichstellung oder einfache Behinderung
  • Tatsachen, die einen besonderen Kündigungsschutz begründen, soweit der Arbeitgeber von ihnen Kenntnis hat (Schwangerschaft, Elternzeit, Betriebsratsmitglied, JAV-Mitglied etc.)
  • Kündigungsfrist

Wichtig ist, dass diese Angaben korrekt sind. Jeder Fehler oder jedes Unterlassen nur einer Angabe eines der o. g. Sozialdatums kann zur Unwirksamkeit der Kündigung führen. Etwa das Verschweigen von Kindern, denen der zu kündigende Arbeitnehmer zum Unterhalt verpflichtet ist. Oder die fehlende Angabe, dass der Mitarbeiter zwar nicht schwerbehindert (Grad der Behinderung von mindestens 50) oder gleichgestellt (Grad der Behinderung von mindestens 30 + Gleichstellungsbescheid) ist, aber immerhin an einer einfachen Behinderung (z. B. Grad der Behinderung von 20) leidet.

3.) Muss ich dem Betriebsrat die Kündigungsart mitteilen?

Ja, teilen Sie dem Betriebsrat mit um welche Kündigungsart es sich handelt. Insbesondere folgende Kündigungsarten kommen in Betracht:

  • außerordentliche, fristlose Kündigung
  • außerordentliche, fristlose Kündigung und hilfsweise ordentliche, fristgerechte Kündigung
  • ordentliche, fristgerechte Kündigung
  • Verdachtskündigung
  • Kündigung während der Probezeit (Wartezeit)

Wichtig ist auch hier, dass der Arbeitgeber die Kündigungsart ordnungsgemäß benennt. Machen Sie hier keine Fehler! Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist es oftmals sinnvoll eine außerordentliche, fristlose Kündigung mit einer hilfsweisen ordentlichen, fristgerechten Kündigung zu verbinden. Denn kommt das Arbeitsgericht zu der Entscheidung, dass der Kündigungsgrund nicht ausreicht für eine fristlose Kündigung, kann der Arbeitgeber noch die hilfsweise ordentliche Kündigung ins Feld bringen.

4.) Welchen Sachverhalt muss der Arbeitgeber in einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung schildern?

Allen voran hier gilt es sich Zeit zu nehmen bei der Erstellung einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung. Der Arbeitgeber sollte den Sachverhalt, der zur Kündigung führen soll, am besten chronologisch und so ausführlich wie möglich schildern. Versetzen Sie sich in die Position eines Dritten, der nicht beim kündigungsrelevanten Sachverhalt sowie den ggf. stattgefundenen Gesprächen mit Zeugen etc. dabei gewesen ist und vermeiden Sie betriebsinterne Abkürzungen.

Denn zwar ist der primäre Adressat der Betriebsratsanhörung der Betriebsrat selbst, jedoch schreibt der Arbeitgeber eine solche Betriebsratsanhörung immer auch für den Arbeitsrichter und die Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwälte). Erschließt sich für den Arbeitsrichter eine Schilderung nicht oder wurden Sachverhaltspunkte weggelassen, die der Arbeitsrichter aber für wesentlich hält, wird er die Betriebsratsanhörung und damit auch die Kündigung für unwirksam erklären.

Es empfiehlt sich die Sachverhaltsschilderung in einer ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung an den rechtlichen Voraussetzungen/Prüfungspunkten der jeweiligen Kündigungsart vorzunehmen. Dies bedeutet:

Verhaltensbedingte Kündigung

  • konkrete kündigungsrelevante Pflichtverletzung
  • kein milderes Mittel (insbesondere vorherige Abmahnungen)
  • Interessenabwägung

Personenbedingte (krankheitsbedingte) Kündigung

  • negative Gesundheitsprognose für die Zukunft
  • unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung für die Zukunft
  • keine milderen Mittel
    • erfolglos durchgeführtes Betriebliches Eingliederungsmanagement
    • keine leidensgerechtere Umgestaltung des bisherigen Arbeitsplatzes möglich
    • kein anderer freier leidensgerechterer Arbeitsplatz im Betrieb
  • Interessenabwägung

Betriebsbedingte Kündigung

  • dringende betriebliche Gründe, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes geführt haben
  • keine Weiterbeschäftigung auf einem anderen freien Arbeitsplatz im Unternehmen
  • durchgeführte Sozialauswahl zulasten des zu kündigenden Arbeitnehmers
  • Interessenabwägung

5.) Welche Fristen gelten für den Betriebsrat für die Betriebsratsanhörung?

Der Betriebsrat muss sich bei einer ordentlichen, fristgerechten Kündigung innerhalb von 7 Tagen seit Zugang der Betriebsratsanhörung zu der Kündigung äußern (vgl. § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG).

Bei einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung gilt für die Betriebsratsanhörung eine 3-Tages-Frist ab Zugang der Betriebsratsanhörung (vgl. § 102 Abs. 1 Satz Abs. 2 Satz 3 BetrVG).

Äußert sich der Betriebsrat nicht innerhalb der o. g. Fristen, gilt seine Zustimmung als erteilt.

6.) Muss der Arbeitgeber die Anhörungsfrist des Betriebsrates abwarten bevor er die Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer ausspricht?

Aus Arbeitgebersicht empfiehlt es sich grundsätzlich den Ablauf der 7- bzw. 3-Tages-Frist abzuwarten und erst danach eine Kündigung gegenüber dem Arbeitnehmer auszusprechen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Betriebsrat bereits nach weniger als 7 bzw. 3 Tagen eine Rückmeldung abgegeben hat. Denn der Arbeitgeber darf nicht per se davon ausgehen, dass die erstmalige Rückmeldung des Betriebsrates auch tatsächlich die letzte innerhalb der o. g. Fristen gewesen ist. Insbesondere bei sich leicht verändertem Sachverhalt (z. B. ein Zeuge wird nochmal befragt) nach der ersten Rückmeldung des Betriebsrates, läuft der Arbeitgeber Gefahr, dass der Betriebsrat sich nochmal äußern wollte. Wenn der Arbeitgeber aber bereits nach der ersten Rückmeldung des Betriebsrates die Kündigung dem Arbeitnehmer zugestellt hat, nimmt er dem Betriebsrat diese Möglichkeit.

Deshalb empfiehlt es sich in den Antwortbogen auf der Betriebsratsanhörung ein Feld aufzunehmen, das der Betriebsrat ankreuzen kann und zum Ausdruck bringt, dass die erstmalige Rückmeldung des Betriebsrates auch zugleich die letzte ist. Eine solche Formulierung zum Ankreuzen könnte sein:

  • „Diese Stellungnahme des Betriebsrates ist abschließend. Es wird keine weitere Stellungnahme innerhalb der gesetzlichen Fristen erfolgen.“

Wenn der Betriebsrat dieses Kästchen angekreuzt hat, kann der Arbeitgeber auch vor Ablauf der o. g. Fristen kündigen. Dies kann manchmal sinnvoll sein, um etwa die 2-Wochen-Frist bei der außerordentlichen, fristlosen Kündigung gem. § 622 Abs. 2 BGB einzuhalten, oder aber bei Kündigungen kurz vor Ablauf eines Monates, um die Kündigungsfrist nicht in den nächsten Monat hinein zu verschieben.

Fortsetzung Teil 2: die Tipps 7 – 11 zur ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung finden Sie HIER!

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