Die Pflicht zur Ableistung von Überstunden muss vertraglich geregelt sein

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Arbeitgeber können schnell bis zum Hals im Fettnapf stehen, wenn sie die Pflicht zur Leistung von Überstunden nicht im Arbeitsvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Tarifvertrag regeln.

Einen Fall, in dem der Arbeitgeber das alles nicht getan hatte und seinem Arbeitnehmer wegen der erstmaligen Weigerung zu Überstunden aus dringenden persönlichen Gründen Sanktionen auferlegte, hatte das  Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern (5 TaBV 7/14) hatte am 18.12.2014 zu entscheiden.

Bei dem späteren Kläger handelte es sich um ein Betriebsratsmitglied, welches als Sanitäter einer Rettungswache angestellt war. Der Mann war seit 1982 beschäftigt und hat seinen Dienst immer ohne Beanstandungen versehen. Im November 2013 hatte er nach seiner regulären Arbeitszeit einen Behördentermin vereinbart. Dieser war für ihn sehr wichtig, denn es ging um das Umgangsrecht mit seinem minderjährigen Kind. Um 16 Uhr wäre an diesem Tag seine Schicht zu Ende gewesen. Im Arbeitsvertrag war geregelt, dass Weisungen sowohl vom Arbeitgeber selbst kommen konnten aber auch von der Rettungsleitstelle des Landkreises. Gegen 15:15 bekam der Arbeitnehmer einen Auftrag von der Rettungsleitstelle. Er sollte einen Patienten, der sitzend transportiert werden musste, per Krankentransport in ein Krankenhaus bringen. Hätte er den Auftrag angenommen, wäre der für ihn so wichtige Termin geplatzt. Da sich der Patienten nicht in Lebensgefahr befand, verweigerte der Sanitäter die Fahrt. Ein anderes Team übernahm.

Die Landrätin sah darin einen Fall von Arbeitsverweigerung und forderte den Arbeitgeber auf, den Rettungssanitäter nicht mehr einzuteilen. Das bedeutete, dass dem Mann gekündigt werden sollte, was aber ohne Zustimmung des Betriebsrates nicht möglich war. Der Betriebsrat verweigerte natürlich. Der Arbeitgeber wollte nun die Ersetzung der Zustimmung beim Arbeitsgericht erreichen. Er unterlag in zwei Instanzen. Das LAG zerriss die Kündigung in der Luft, denn

1. es gab keine vertraglich geregelte Pflicht zur Ableistung von Überstunden.

2. Der Patient war nicht in Gefahr, somit entstand keine Notsituation für den Arbeitgeber.

3. Der Arbeitnehmer musste einen für ihn sehr wichtigen Termin wahrnehmen und zwar in seiner Freizeit, auf deren störungsfreien Verlauf er Anspruch hat.

4. Wenn der Arbeitgeber weiß, dass es regelmäßig bis nach Schichtende noch Dienste gibt, dann ist das sein Betriebsrisiko und er muss anders planen. Es handelt sich dann um einen betrieblichen Normalfall und nicht um einen Notfall.

5. Eine Druckkündigung aufgrund der Weisung der Landrätin, den Sanitäter nicht mehr einzusetzen, scheitert schon daran, dass die Druckkündigung nur als ordentliche Kündigung denkbar ist und diese beim Betriebsratsmitglied ausgeschlossen ist. Außerdem würde sie schon daran scheitern, dass es keinen Grund  gibt, denn der Mann hätte auch anders eingesetzt werden können.

6. Das Gericht legte auch das 30 Jahre bestehende Arbeitsverhältnis, bei dem es nie Anlass zur Kritik gab, in die Waagschale zu Gunsten des Sanitäters.


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